Keine Angst vor Dämonen

SJÖBLOM Bandcamp

Auch wenn die Corona-Maßnahmen in Schweden lockerer gehandhabt wurden als bei uns, so hat Johan Sjöblom Eliot offensichtlich auch einige Zeit Zuhause verbracht, die das Mitglied der Stockholmer Post-Punk-Band The Exploding Boy mit Songwriting intensiv nutzte, mit Unterstützung von Robert Eklind, der u. a. Keyboarder bei Malaise und in der Vergangenheit auch schon als Fotograf für The Exploding Boy tätig war. Herausgekommen ist ein neues Solo-Album als SJÖBLOM. Das zweite Album nach 6 (Link zur Review) mit dem Titel Demons ist nun bei Reptile Music erschienen.
Im übrigen hat Jon Bordon das Album in den Stockholmer Joniverse Studios produziert, der sich u. a. auch für Agent Side Grinder und Nicole Sabouné verantwortlich zeichnet, eine richtig schwedische Angelegenheit also, und ich wage es nun, mich den Dämonen zu stellen.

„Number ten“ zu Beginn fungiert als Intro, was fast etwas schade ist, denn die Klaviermelodie ist sehr einprägsam. Zusätzlich wird sie mit elektronischen Sounds etwas verfremdet. Es wirkt ein bisschen, als hätte hier eine Songidee weiter ausgebaut werden können. Aber mit „Telephone“ geht es nun richtig los, das Schlagzeug weist den Weg, und das ist unverkennbar SJÖBLOM, der diesen beschreitet. Die warme Stimmfarbe fasziniert mich seit jeher und klingt hier ein wenig dunkler, was gut zu dem Song mit Tanzflächenpotential passt. Ist das noch Post Punk oder ist das schon Indie Pop? Ich habe keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn „Tape“ beansprucht meine volle Aufmerksamkeit, indem es mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Diese charmante Melancholie bringt die traurige Saite in mir zum Schwingen, und ich liebe es, auch die Lyrics. Ein Stück weit finde ich mich selbst darin wieder. Musikalisch ist es vom New Wave der Achtziger beeinflusst. Die zweite Vorabsingle „Brand new life“ legt beschwingt los, bis der Gesang einsetzt. Das Tempo variiert zwischen Strophe und Refrain, bleibt aber stets poppig-tanzbar. Johan hat einfach ein Gefühl für schöne Melodien. Ein cooler Basslauf eröffnet „A game“ und bleibt auch den Song über prägnant. Er wirkt ein bisschen Siebziger, doch nicht nur das hebt den Song von den anderen ab, denn insgesamt ist er deutlich sperriger und weniger eingängig. Hier wird einfach mehr experimentiert.
„Home“ dagegen besticht mit einem ganz zarten und feinfühligen Gitarrenspiel, dem sich das elektronische Beiwerk sanft anpasst. Johan erscheint hier sehr nachdenklich. Anschließend kommt für seine Verhältnisse „The storm“ mit dem betonten Schlagzeug fast schon etwas rumpelnd daher, was mir aber sehr gut gefällt, eben weil es mehr Punk-beeinflußt ist. Den Song könnte ich mir auch sehr gut im Live-Repertoire von The Exploding Boy vorstellen. Doch wem das zu hart ist, mit dem anschließenden „Demons“ wird man direkt wieder besänftigt. Dem Titel zum Trotz verbirgt sich dahinter eine wunderschöne melancholische Pop-Ballade, die zudem mit einer zusätzlichen weiblichen Stimme und Duett-Gesang aufwartet. Eine ganze Spur dunkler geht es mit „A thousand words“ weiter, das von atmosphärischem New Wave geprägt ist. Auch der leichte Nachhall im Gesang transportiert perfekt diese spezielle Stimmung der achtziger Jahre. Ich mag ja so direkte und schlichte Songtitel wie beim Schlusslied „Sad song 3“, und fröhlich ist es definitiv nicht, wenn auch nicht direkt aus der Grabkammer. Es wirkt auf mich eher auf diese Art sentimental, wie wenn man an einem trüben Herbsttag aus dem Fenster schaut und das fallende Laub im Nieselregen betrachtet.

Fazit: Diese Dämonen braucht niemand zu fürchten. Auch auf Demons, seinem zweiten Album mit SJÖBLOM, verwischt Johan spielerisch die Grenzen zwischen Post Punk, New Wave und Indie Pop auf seine eigene und unverwechselbare Art, die sich solo durchaus von den insgesamt etwas rockigeren erscheinenden The Exploding Boy unterscheidet. Auch wenn seine Musik sicherlich nicht so stark elektronisch geprägt ist, so fühle ich mich doch neben den Achtziger-Bezügen im Sound auch an Electronic erinnert, dem Bandprojekt vom The Smiths-Gitarristen Johnny Marr und dem New Order-Sänger (und Gitarrist/Keyboarder von Joy Division) Bernard Sumner aus den neunziger Jahren.

Anspieltipps: Tape, Demons, A thousand words. Egal, ich würde auf keinen Song verzichten wollen.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

SJÖBLOM: Demons
Reptile Music, Vö. 24.09.2021
MP3 9,00 €, LP 22,00 € erhältlich über Bandcamp
CD 15,00 € erältlich über Reptile Music

https://facebook.com/sjoblomofficial/
https://sjoblom.bandcamp.com/
https://facebook.com/theexplodingboysweden/
https://www.facebook.com/reptile.music/

Tracklist:
01 Number ten
02 Telephone
03 Tape
04 Brand new life
05 A game
06 Home
07 The storm
08 Demons
09 A thousand words
10 Sad song 3

(2610)