Kein musikalisches Tauwetter

 

thaw-coverPünktlich zum zweiten Weihnachtsfeiertag hat Bayern einen Bilderbuchwinter bekommen (der allerdings gerade schon wieder weggeregnet wird). Was könnte dazu besser passen als klirrend kalter Black Metal aus Polen? Thaw existieren seit 2010 und bestehen aus Mitgliedern von Bands wie Sun for Miles, Searching for Calm und Furia. Nach dem Debütalbum Decay aus demselben Jahr und dem selbstbetitelten Nachfolger aus dem Jahr 2013 ist Earth Ground nun das dritte Full-Length-Album der Band, die darauf wieder ihre bewährte Mischung aus Black Metal, ruhigen Passagen, Sludge, Doom und einfach gutem Krach zelebriert.

„First Day“ leitet Earth Ground ruhig und instrumental ein, um dann mit „Afterkingdom“ ein amtliches Black-Metal-Inferno auf die Zuhörer loszulassen, das sich aber nicht mit der reinen Knüppelschiene begnügt, sondern intelligent aufgebaut ist und interessante Breaks vorzuweisen hat. Dabei gelingt ein nahtloser Übergang zu „Sun“, einem atmosphärischen Midtempo-Track, der jedoch dank der aggressiven Vocals immer noch genügend Kälte ausstrahlt.
„No Light“ lässt sich anfangs ganz schön Zeit, bis es einen dann doch mit aller Macht anspringt. Raserei gepaart mit rhythmischeren Passagen markieren einen ersten Höhepunkt der Platte, bei dem es einen zu Recht fröstelt.
„Second Day“ ist ein fast schon noisiges Experimental-Instrumental-Stück, das ich auf einer Black-Metal-Platte erst mal so nicht erwartet hätte, weshalb ich umso interessierter zuhöre. Feiner Lärm.
„Soil“ zieht dann wieder alle Register, baut sich langsam auf, bis es in melodischem Wahnsinn mündet, unterbrochen von elegischen Passagen. „Winter’s Bone“ setzt das Konzept fort und verbreitet mit seinen Soundlandschaften eine wunderschön winterliche Stimmung.
„Last Day“ beendet Earth Ground furios mit einer Mischung aus fast schon industrial-artigem Beginn, einem wuchtigen Mittelteil und einem mitreißenden Finale, nach dem man entweder erst einmal eine Weile keine Musik mehr hören mag – oder die CD gleich von Neuem beginnt.

Fazit: Das Album durchzieht sowohl die klirrende Kälte des Black Metals, schafft es aber auch, sehr warme, wunderschöne Melodiebögen und Gitarrenteppiche zu integrieren. Die Keifstimme ist absolut genretypisch, aber generell recht zurückhaltend abgemischt, was mir sehr gut gefällt. Das Album ist weitestgehend im Midtempo-Bereich gehalten mit einigen herrlichen Rasereieinsprengseln. Black Metal der innovativeren Sorte, ich bin begeistert.

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Anspieltipp: No Light, Winter’s Bone

Thaw – Earth Ground
Label: Witching Hour Productions
ET: 06.12.2014
Preis: € 16,39 amazon

Tracklist:
1. First Day
2. Afterkingdom
3. Sun
4. No Light
5. Second Day
6. Soil
7. Winter’s Bone
8. Last Day

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