Melancholische Fröhlichkeit

 

beauty-ghost-prayersUrsprünglich fingen die 2006 vom Liechtensteiner Michael Sele (Gesang und Gitarre) gegründeten Schweizer als düster-elektronische Goth-Rock-Band an, die mit dem Song „Suicidal Landscape“ vom ersten Album Diary of a Lost gleich einen veritablen Clubhit landen konnten. So nach und nach durchbrachen sie dann die Genrebeschränkungen und integrierten auch andere Musikstile in ihre melancholische, vor allem von der einprägsamen Stimme Michael Seles getragenen Melange. Mittlerweile sind sie bei einer recht einzigartigen Mischung aus Gothrock, Wave-Anleihen und ganz viel Folk und Americana angekommen, die ich ganz bezaubernd und wirklich spannend finde (nachzuhören etwa auf dem 2013er-Album The Myrrh Session mit akustischen Neuinterpretationen alter Songs). Dementsprechend gefreut habe ich mich auf das neue Album.

Auch wenn sie auf dem Amphi 2013 bei gleißendem Sonnenschein noch einen astreinen Düsterauftritt hingelegt haben – The Beauty of Gemina anno 2014 sind auf Platte mehr als das. Der Einstieg mit „One Million Stars“ ist noch sehr rockig und gitarrenorientiert, mit einem absoluten Killerrefrain und natürlich der unverwechselbaren Stimme von Michael Sele, die einen wie eine warme Decke einhüllt und wärmt.
Doch schon die nächsten Songs zeigen mehr Facetten der Band, Melancholie hält Einzug („All those Days“), leise akustische Töne („Dancer on a frozen Lake“) oder sogar ganz deutliche Country-/Americana-Einflüsse („Down by the Horses“, „Time for a Heartache“). Kann das denn funktionieren? Und wie!
The Beauty of Gemina haben auch keine Angst vor Ausflügen ins Indie-Folk-Genre („When we know“) mit viel Gefühl, leiser Akustik und Songs, die sich einem buchstäblich ins Herz fressen („Dragon“).
Total ruhig bleibt es natürlich nicht, teilweise wird es schon recht energisch und eher klassisch gothrockig („Run run run“, „I wish you could die“), wobei diese Lieder für meinen Geschmack fast ein wenig beliebig und unspannend wirken, auch wenn sie dem ursprünglichen Beauty-of-Gemina-Stil noch am ehesten entsprechen.
Unbestrittenes Highlight der Platte ist die schon vorab veröffentlichte Single „Mariannah“, ein fröhlich-melancholischer Song mit höchst einprägsamem Folk-Rhythmus, der aber trotzdem nicht zu fremdartig gerät. Ein absoluter Ohrwurm.

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„Darkness“ rundet diese gelungene Platte dann mit klavierbegleiteter Düsternis ab, die bisher vielleicht etwas zweifelnden Hörer können aufatmen, allzu weit haben sich The Beauty of Gemina dann doch nicht von ihren Wurzeln entfernt.

Fazit: Ich mochte The Beauty of Gemina schon immer sehr gern, aber gerade die Erweiterung ihrer Musik um einige auf den ersten Blick ungewöhnliche Musikstile machen sie für mich erst richtig spannend. Wer wie ich ein großer Fan von Bands wie 16 Horsepower oder Woven Hand ist, sich aber genauso im Darkwave, Gothrock und Konsorten zu Hause fühlt, sollte hier unbedingt reinhören. Nicht jedes Lied ist total gelungen, manches wirkt ein wenig wie Füllmaterial, aber insgesamt ist Ghost Prayers ein überzeugendes und stellenweise wunderschönes Album geworden (auch das Coverartwork ist bemerkenswert).

Anspieltipp: „Mariannah“ und „Down by the Horses“

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

The Beauty of Gemina: Ghost Prayers
ET: 21. Februar 2014
Preis: 15,75 € Poponaut, 15,99 € amazon
Label: NoCut (SPV)

Tracklist:
1. One Million Stars
2. All those Days
3. Hundred Lies
4. Dancer on a frozen Lake
5. Run run run
6. Down by the Horses
7. When we know
8. Dragon
9. I wish you could die
10. Time for a Heartache
11. Mariannah
12. Darkness

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