Keine Ärzte

The-doctorsHier sind nicht Die Ärzte aus Berlin mit einem Nebenprojekt am Start, sondern The Doctors aus Bordeaux, hinter denen sich das Brüderduo Patrick und Dominique Mouras verbirgt. Dominique spielt Gitarre und programmiert die Drums, während Patrick den Gesang und den Bass übernimmt. Zusätzlich bedienen beide noch Keyboards. Ihr Debüt Unterwelt stammt bereits aus 2016, also haben sie sich mit ihrem Zweitling Modern Zeit gelassen, der bei Icy Cold Records erschienen ist.

Der dunkle und treibende Sound des Titelstücks „Modern“ nimmt mich sofort mit auf eine Reise ins …, nach …, egal wohin, ich bin dabei. Die Lyrics werden eher rezitiert als gesungen, und vor allem das nächste Stück „Zone“ erinnert mich an Anne Clark, und wegen der französischen Sprache auch an die frühen Velvet Condome. Die kalten Synthesizer-Spuren, die über dem Rhythmusgerüst liegen, lassen mich unvermittelt frösteln. Auch „Liquidateurs“ besitzt diesen breiten Soundteppich, aber das Bassspiel wird hier prägnanter und die Stimme wirkt ein wenig hohl, als würden hier Sprachsamples eingesetzt. Doch wahrscheinlich wurden sie nur etwas verfremdet. In „Chaos“ wechseln die Lyrics ins Englische, und trotz des flotten und fast schon stampfenden Rhythmus besitzt der Song eine deutlich psychedelische Note. In dieser Kombination ist das ungewöhnlich, aber es fügt sich gut zusammen. Das folgende „Arme Suprême“ besitzt hingegegen einen flirrenden Sound, der entsprechend der Thematik alarmierend wirkt und entsprechend für Dramatik sorgt. Der Text besteht nur aus Sprachsamples, die beinahe nahtlos in „Allegro“ überleiten. Das wird nun wiederum von einem Sprachsample eröffnet, bevor mich das Stück völlig mitreißt. Treibender Dark Punk mit Hang zum Death Rock bringt mich fast dazu, meine Gliedmaßen unkontrolliert zucken zu lassen. Der Kopf wippt automatisch, und die Beine folgen dem Rhythmus. Totenwald kommen mir da in den Sinn, nur ohne Saxophon. Schade, dass der Spaß so unvermittelt endet, zumal hier sogar deutsch zum Einsatz kommt.

Fazit: Die Ärzte – pardon – The Doctors präsentieren auf ihrem zweiten Album Modern einen Mix aus Wave und Post Punk, dessen Grundlage auf einem eigentümlichen düsteren und dichten Soundteppich beruht. Von diesem ausgehend wagen sie auch Experimente wie den Einsatz von Sprachsamples oder musikalische etwa Richtung Death Rock. Eine coole Scheibe ohne Lücken, die mit Sicherheit auch auf dem Dancefloor gut ankommt. Für die Zukunft würde ich mir lediglich wünschen, dass die beiden noch mehr zu einem eigenständigen Sound finden.

Anspieltipps: Modern, Allegro

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

The Doctors: Modern
Icy Cold Records, Vö. 12.05.2022
MP3 7,00 €, CD 13,00 €, LP 20,00 € erhältlich über Bandcamp

Homepage: https://www.facebook.com/TheDoctors2/
https://www.facebook.com/icycoldrecords/
https://icycoldrecords.bandcamp.com/music

Tracklist:
01 Modern
02 Zone
03 Liquidateurs
04 Chaos
05 Arme Suprême
06 Allegro

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