Im Land der Trolle

Norwegian Fairytales, das lässt auf schöne Melodien und alte Geschichten aus Skandinavien schließen. Aber da habe ich mich zu früh gefreut, denn als musikalische Lieferanten sind Trollfest genannt. Da war klar, das geht in eine andere Richtung. Die Osloer haben im Januar ihren achten Longplayer veröffentlicht, so manchem Metalfan dürfte bekannt sein, was dahinter steckt, mir war das noch nicht bewusst. Aber warum mal nicht eine Metal-Scheibe rezensieren, ein bisschen Abwechslung tut oft gut.

TrollfesT_Norwegian_FairytalesEs wimmelt nur so von winzigen Trollen auf der CD, sie sind ausgelassen, treiben Unfug, wollen zum Feiern verleiten und erzählen uns elf Sagen aus dem schönen Norwegen, natürlich auf Norwegisch. Ich sehe die kleinen Wesen vor mir: alle in Metalkluft, bereit zu feiern und mit dem Schalk im Nacken. Sie singen lautstark mit zu Liedern, die zum Beispiel von einem der ihren handelt, der je nachdem wie man ihn zur Weihnachtszeit behandelt, sich entweder liebevoll um die Farmtiere kümmert oder sie schlichtweg dem Erdboden gleich macht („Fjøsnissens Fjaseri“), doch natürlich dürfen auch thematische Abstecher zum Teufel und zu untoten Seemännern nicht fehlen, genausowenig wie die Erklärung, warum man seinen Ziegen keinen Alkohol gibt. Trollfest verstehen es norwegische Volksmusik mit traditionellen Balkan-Klängen zu verbinden und das typische Metalgehabe und -gekeife samt Prügelpassagen einzuflechten. Mit Akkordeon, Hardangerfiedel und sogar Saxophon holzen sie durch ihren Folkwald, immer mit vollem Tempo. So mancher Track hat einen schönen volkstümlich norwegischen Beginn, bevor Sänger Jostein „Trollmannen“ Austvik zeigt, wo der Hammer hängt bzw. wer hier der Durchgeknallte ist („Kjettaren mot strømmen“). Ein folkloristisches und kurzes instrumentales Stück ist „Trine Reinlender“, bevor der Folk/Balkan-Dance zu „Fanden Flyr“ mit weiblichem Gesangspart übernimmt und „De tre Bukkene Berusa“ zur Raserei einlädt. Dieser Stimmungswechsel findet immer wieder statt („Småfolkets store bragder“, „Draugen“), ohne dabei das tanz- und feierwütige Volk zu vergessen.

Das Koboldhaus, sprich Trollfest, kann man nur mit einer gehörigen Portion Humor hinnehmen. Das Festhalten an ihrer Muttersprache ist lobenswert, genauso wie der Wille, ihre Zuhörer zum Tanzen und Feiern zu animieren. So manches Mal hört man auch die Absicht heraus, die skandinavischen Sagen zu unterstreichen, allerdings steht dem der harsche Metalgesang entgegen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich Gefallen an diversen Tracks gefunden habe („Kjettaren mot strømmen“ und „Fanden Flyr“). Die schrille Band aus dem Folkwald wird mit ihren partytauglichen Arrangements auf Norwegian Fairytales denjenigen eine Freude machen, die sich darauf einlassen können (evtl. auch mit viel Alkohol), mir reicht vorerst der Ausflug ins Land der Trolle.

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Trollfest: Norwegian Fairytales
Noiseart Records, 18.01.2019
14,99 € bei Nuclear Blast

Tracklist:
01 Fjøsnissens Fjaseri
02 Kjettaren mot strømmen
03 Espen Bin Askeladden
04 Trine Reinlender
05 Fanden Flyr
06 De tre Bukkene Berusa
07 Småfolkets store bragder
08 Draugen
09 Deildegasten
10 Byttingenes Byttehandel
11 Nøkken og Fossegrimen spiller opp til idnattstimen

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  1. […] Als Support wird die Norweger-Kombo Trollfest den Abend eröffnen. Auch bei ihnen verschmelzen Folk und Metal zu einer Einheit. Der unvergleichbare Sound der Norweger begeistert seit jeher Fans weltweit. Legendär sind zudem die Shows – denn auf der Bühne zeigen sich Trollfest als höllisch gute Entertainer mit höllisch viel Humor und Wortspielen. (Anmerkung der SB-Redaktion: s.a. CD-Rezension) […]

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