Ein Hauch von Winter und Desolation

CoverDer nahende Hochsommer hat keinerlei Einfluss auf meine musikalischen Hörgewohnheiten, und so möchte ich euch dieses Mal ein weiteres obskures Projekt aus Ottawa (Kanada) vorstellen. Es handelt sich um Unreqvited. Im Jahre 2016 veröffentlichten sie mit dem Album Disquiet eines meiner absoluten Highlights des Atmospheric Post Black Metal. Zum Glück habe nicht nur ich gemerkt, was die Band für ein Potenzial hat, und so nahm Avantgarde Music aus Italien sie unter Vertrag. Alleine schon dieses Label vermag es mich seit geraumen Zeit in Freude zu versetzen. Jüngst ist ihr aktuelles Album Stars wept to the sea erschienen. Ich denke, ihr werdet schnell merken, welchen Hörgenuss es mir bereitet hat.

Das wunderschöne Cover versinnbildlicht die Marschrichtung der CD sehr treffend. Wer an Bands wie Alcest, Amesoeurs und Downfall of Gaia denkt, liegt goldrichtig und kann sich jetzt zurücklehnen und die Musik auf sich wirken lassen. Die nun folgenden 53 Minuten konnten nicht schöner beginnen als mit dem epochalen, bombastischen und hypnotischen „Sora“. Zu Beginn denkt der Hörer, er hätte Neoklassik im Player, auch unterstrichen durch die bezaubernden weiblichen Choräle. Zum Ende hin vermengen sich Post-Black-Metal-Riffs mit neblig sphärischen Synthies, und man wähnt sich fast schon im All. „Anhedonia“ bietet genau das, was ich an der Band so liebe: Eine Gitarrenwand, wie sie nur kanadische Bands spielen können, unterlegt mit einem wahnsinnigen Drumteppich. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, das Unreqvited wenig Vocals verwenden. Der Fluss, der durch die pure Musik entsteht, ist wie eine Reise. „Stardust“ ist mein Anspieltipp für euch und mein persönlicher Favorit des Albums. Von der ersten Sekunde an ist man gespannt, wohin die Reise führt, und so saugt man jeden Ton förmlich mit dem Ohr auf. Ganz atmosphärisch durch Shoegaze-Riffs eingeleitet, geht es recht schnell in einen mächtigen Midtempo-Nackenbrecher über, mitsamt Depressive-Black-Metal-Screams. Man möchte es immer und immer wieder hören! „Kurai“ ist für mich eines der schwächeren Stücke in einer sonst hochwertigen Veröffentlichung. Handwerklich über jeden Zweifel erhaben, aber es fehlt mir der überraschende Moment. Das folgende „Empyrean“ dient als kleiner Break und als Überleitung zu „White lotus“. Wer sich schon immer gefragt hat, wie Trauer zu klingen hat, der höre in „White lotus“ rein. Eine nicht gerade lebensbejahende Melodie, die durch ihren repetitiven Einsatz das Gefühl aufkommen lässt, man wäre auf einem Begräbnis. „Namida“ ist das zweite Zwischenstück des Rundlings. Genau wie „Empyrean“ klassisch gehalten und irgendwie ein wenig nach „Neoklassik meets Dark Ambient“ klingend. Das abschließende „Soulscape“ fällt meiner Meinung nach ein wenig aus dem Rahmen. Hier wird ganz schamlos mit Ambient-Space-Black-Metal-Melodielines und Synths gespielt. Man fühlt sich an alte Science-Fiction-Klassiker erinnert, und mir persönlich schießt immer ein Bild des Endes von Raum und Zeit durch den Kopf. Wenn ihr das Ende abwartet, werdet ihr verstehen, warum!

Meine Vorliebe für kanadische Metalbands habe ich ja eingangs bereits erwähnt. Unreqvited schaffen es tatsächlich, modern zu klingen und doch ihrer rohen, schönen, mächtigen und erhabenen Heimat gerecht zu werden. Wen die CD nicht von Beginn an packt, wird spätestens nach „Stardust“ einen neuen Schrein aufstellen und dieses Album anbeten. Der erste Longplayer war schon mehr als gut, aber Stars wept to the sea ist eine nochmalige Steigerung. Egal, ob man Post Black Metal, Depressive Black Metal, Post Rock oder einfach nur lange, schöne, hypnotisieren Tracks mag, das Album ist Pflicht. Absolut uneingeschränkte Kaufempfehlung.

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CD. Unreqvited – Stars wept to the sea
Avantgarde Music, Vö. 16.04.2018
8,99 €
Album https://www.amazon.de/Stars-Wept-Sea-Unreqvited/dp/B07B9SGKHJ/ref=sr_

Band https://www.unreqvited.com/music

Facebook https://www.facebook.com/unreqvited

Tracklist:
1 Sora
2 Anhedonia
3 Stardust
4 Kurai
5 Empyrean
6 White lotus
7 Namida
8 Soulscape

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