Der Teufel, der mich rief

Urfaust_TeufelsgeistURFAUST wurde 2003 von dem Niederländer IX, gegründet, der neben dem Gesang auch Bass und Gitarre einspielt, und war anfangs stark von Black Metal beeinflusst. Zweites Bandmitglied ist Schlagzeuger VRDRBR. Der experimentelle Sound entwickelt sich im Laufe der Zeit immer mehr in Richtung Anbient. Vor einigen Jahren haben sie mich mit ihrer Show auf dem Dark Easter Metal Meeting völlig geflasht, die im Wesentlichen aus Nebel, Weihrauch und Dunkelheit bestand, und die mich in einen Trance-ähnlichen Zustand versetzt hatte. Natürlich hatte ich im Anschluss auch deren Alben gehört, doch die Intensität des Live-Erlebnisses konnten diese bei mir leider nicht wecken. Mit dem nun bei Ván Records erschienenen neuen Album Teufelsgeist möchte ich einen neuen Anlauf wagen. Die limitierte Box, der ein eigens gebrannter Gin beilag, ist natürlich längst vergriffen, so dass ich Euch nichts darüber berichten kann, ob er lecker ist. Aber die Musik bleibt.

Gleich zu Beginn verbreitet „Offerschaal der Astrologische Mengvormen“ sakrale Stimmung dank des Orgelspiels. Kurz habe ich witzigerweise Pet Shop Boys „It’s a sin“ im Ohr, das ja auch mit einer Orgel beginnt. Das repetive Schlagzeug verleitet dazu, rhythmisch mit dem Kopf zu nicken. Doch bevor man in Trance verfällt, setzt der Gesang ein, der höhere Sphären erreicht und mich teilweise an Lisa Gerrard von Dead Can Dance erinnert. Dass über zehn Minuten dabei vergehen, bekomme ich überhaupt nicht mit. „Bloedsacrament voor de Geestenzieners“ setzt die Reise grundsätzlich ähnlich fort, doch der Sound und auch der Gesang ist dabei deutlich düsterer und kommt mir wie ein Requiem vor. Wieder vergehen acht Minuten, bevor in „Van Alcoholische Verbittering naar Religieuze Cult“ sich Drone-Klänge breitmachen, die im Kontrast zu den spährischen Keyboardflächen stehen. Unheilvolles Donnergrollen mischt sich gegen Ende in diesen Dark Ambient.
„De Filosofie van een Gedesillusioneerde“ besitzt eine gespenstische Atmosphäre, und auch mein Kopfnicken schon fast zwangsgesteuert wieder ein. Irgendetwas erinnert mich an „A forest“ von The Cure, auch wenn ich es nicht richtig fassen kann. Statt Gesang gibt es nur kurze Stimmfetzen, die ähnlich brüchig sind wie die Stimme teilweise von Anna-Varney Cantodea von Sopor Aeternus. Der Drone-Sound in „Het Godverlaten Leprosarium“ erinnert mich an Didgeridoo-Klänge, wobei noch einiges an verfremdenden Beiwerk hinzukommt. Wie durch dichten Nebel hinweg scheint von weit her eine Glocke zu schlagen, doch endet diese nicht bei zwölf. In dieser unirdischen Dimension gelten andere Gesetze.

Fazit: Natürlich bleibt die Live-Erfahrung nach wie vor unschlagbar, aber auch so haben es URFAUST geschafft, den Teufelsgeist zu rufen, um mich abholen. Orgel, Drone, Dark Ambient, das ergibt eine mystische Mischung, der ich mich nicht entziehen kann. Die Stimme wird dabei wie ein Instrument lautmalerisch eingesetzt. Texte sind somit nicht erkennbar, selbst wenn welche vorhanden sind.
Von klassischem Black Metal sind URFAUST durch Welten getrennt, und haben dennoch eine feste Anhängerschaft, die auch mit Teufelsgeist nicht enttäuscht werden wird. Und auch die Gothic-Szene sollte URFAUST endlich für sich entdecken.

Anspieltipps: Licht aus und lauschen. Am besten mit einem (teufels-) geistigen Getränk.

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URFAUST: Teufelsgeist
Ván Records, Vö. 27.11.2020
MP3 3,00 € erhältlich über Bandcamp
CD 13,50 € erhätlich über Ván Records
LP 25,99 € erhältlich über Napalm Records

Homepage: https://de-de.facebook.com/urfaustofficial/
https://urfaust.bandcamp.com/
https://www.van-records.com/
https://www.facebook.com/vanrecs

Tracklist:
01 Offerschaal der Astrologische Mengvormen
02 Bloedsacrament voor de Geestenzieners
03 Van Alcoholische Verbittering naar Religieuze Cult
04 De Filosofie van een Gedesillusioneerde
05 Het Godverlaten Leprosarium

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