Beileid für alle

Wednesday 13 - Condolences - ArtworkIch habe die erste Band von Wednesday 13 geliebt, Frankenstein Drag Queens from Planet 13, die einfach herrlich kaputt und sexy waren. Die folgenden Murderdolls, ein Projekt zusammen mit Joey Jordison von Slipknot, trafen dann irgendwie nicht so richtig meinen Geschmack, und in der Folge habe ich das musikalische Schaffen von Wednesday aus den Augen verloren. Nun bin ich über das aktuelle Album Condolences gestolpert und wollte es einfach noch mal wissen, wie man so schön sagt.

Der erste Track „Last rites“ fungiert als Intro für Condolences und wartet mit verstörenden Sounds und Stimmfetzen auf, die eine standesgemäße Horror-Atmosphäre erzeugen. Anschließend zeigt „What the night brings“, dass hier nicht bei der Produktion gespart wurde. Wuchtige Saiteninstrumente, akzentuiertes Schlagzeug, und Wednesdays prägnante raue Stimme ist auf den Punkt abgemischt. Am auffälligsten ist für mich jedoch die Gitarre, die einem die Gesangsmelodie mit schrill hohen Tönen regelrecht ins Hirn fräst. Ich kann nicht genau sagen warum, aber irgendwie erinnert mich der Song an „Enter Sandmann“ von Metallica. Vielleicht liegt es auch nur an der gleichen Thematik. Soundtechnisch geht es bei „Cadaverous“ ähnlich weiter, und hier langt der Meister des Horrors bei den Lyrics richtig hin: „It’s Friday night at the cemetery, and it’s you that I lust. Open up your casket baby, so hideous, cadaverous.“ Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. „Blood sick“ dagegen kommt in einer etwas ruhigeren und eher rockorientierten Gangart daher, auch Wednesdays Stimme nimmt sich zugunsten des Songs etwas zurück (auch wenn sie immer noch typisch rau ist), was dafür aber die schöne Melodie des Songs betont und besser zur Geltung bringt. Mit einem fetten Riffing zu Beginn bildet „Good riddance“ zunächst einen schönen Kontrast, doch dann wird die Stimme wiederum ruhiger eingesetzt, und obwohl das Riffing zwischendurch noch einmal auflebt, sind das songbestimmende Element für mich die Keyboardparts, die hier deutlicher zum Vorschein treten und einen neuen Aspekt reinbringen. Klasscher Heavy Metal bildet das musikalische Rückgrat von „You breathe, I kill“, auch wenn Wednesday seine Stimme naturgemäß anders einbringt. Ich sehe schon förmlich die Haare fliegen und wie die Menge während der Show mit Pommesgabeln bewaffnet die Titeltextzeile „You breathe, I kill“ aus sich herausschreit. Das 80er-Jahre Gitarrensolo rundet den Song perfekt ab. „Welcome to the jungle, we got fun and games“ kommt mir sofort vom Rhythmus und von der Melodie her in den Sinn, als der Gesang bei „Omen Amen“ zum ersten Mal einsetzt. Ich möchte hier aber keine Absicht unterstellen, einfach bei Guns ’n‘ Roses abgekupfert zu haben, denn der Song insgesamt klingt durchaus eigenständig. Die Gitarren galoppieren voran, mit den Drums als Peitsche im Rücken und strapazieren wiederum die Nackenmuskeln des Hörers.

Nach den zwei Smashern präsentiert Wednesday mit „Cruel to you“ seine zugegebenermaßen etwas kaputte Version einer Art Liebeslied, die die Angebetete, wen überrascht es, natürlich nicht überlebt. Das eineinhalb Minuten kurze „Eulogy XIII“ überrascht mit einer vor allem elektronischen Art Filmmusik. Das ist grundsätzlich nicht schlecht gemacht, empfinde ich aber irgendwie als fehlplatziert auf dem Album. Dafür thrasht „Prey for me“ ordentlich los und offenbart dann beim Refrain leichte Power-Metal-Anleihen. Wednesday verwendet hier ein Wortspiel zwischen ‚prey for me‘ (Beute für mich) und ‚pray for me‘ (betet für mich). Vielleicht hat er das wirklich nötig, denn schließlich bewegt er sich auf der „Lonesome road to Hell“. Wie schon vorher „Blood sick“ ist der Song etwas gemäßigter und rockorientierter, dafür kommt das ausgefeilte Songwriting besser zur Geltung. Auch wenn der Metalanteil Spaß macht, empfinde ich diese Rockmomente im Vergleich als am stärksten auf Condolences. Nun folgt der titelgebende Track, hier wird deutlich Richtung Doom geschielt, denn ein schwerer schleppender Rhythmus dominiert diesen Song, was hervorragend zur thematisierten Beerdigung passt. Als Intro ist eine Spieluhr aus Kindertagen zu hören, aus der heraus die Soundwand hervorbricht. Im Kontrast dazu bietet der Song gleichzeitig auch die ruhigsten Momente des Albums, wenn Wednesday den Text nur flüstert. In der Kombination einfach stark gemacht. Mit „Death infinity“ wird es zum Abschluss von Condolences noch einmal ruhig, denn sanfte Gitarrenklänge begleiten zunächst Wednesdays tatsächlich sanfte Stimme, auch wenn man sich das zunächst kaum vorstellen kann. Auch wenn die Instrumente dann ebenso wie der Gesang doch noch einmal laut werden, handelt es sich hier um eine Art Ballade, die teilweise leichte Doom-Einflüsse aufweist. Ein schöner Abschluss für das Album.

Fazit: Vielleicht schlägt mein Gothic-Herz hier durch, aber mir persönlich gefallen die ruhigeren Momente von Condolences am besten. Aber keine Sorge, es gibt hier trotzdem genügend fetten Sound, zu dem man sein Haupthaar schütteln kann, nicht umsonst ist das Album bei Nuclear Blast erschienen. Wahrscheinlich ist es die wohldosierte Mischung verschiedener Stimmungen und Stilrichtungen, die das Album ausmachen, und die von Wednesdays unverwechselbarer rauer Stimme zusammengehalten werden.
Grund genug für mich, mir auch den Backkatalog noch einmal anzuhören.

Anspieltips: Blood sick, You breathe, I kill, Lonesome road to Hell, Condolences

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Wednesday 13: Condolences
Nuclear Blast, 02.06.2017
MP3 Download 9,93 €, CD 15,99 €, 2LP 22,99 € erhältlich über Nuclear Blast

Homepage:
officialwednesday13.com
facebook.com/officialwednesday13
nuclearblast.de/wednesday13

Tracklist:
01 Last rites
02 What the night brings
03 Cadaverous
04 Blood sick
05 Good riddance
06 You breathe, I kill
07 Omen Amen
08 Cruel to you
09 Eulogy XIII
10 Prey for me
11 Lonesome road to Hell
12 Condolences
13 Death infinity

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