Schwarz, schwärzer, am schwärzesten

Witchcraft-Black-MetalWitchcraft – das ist der Schwede Magnus Pelander samt wechselnder Bandmitglieder. Ursprünglich im Jahr 2000 als Doom-Band – als Tribut an Pentagrams Bobby Liebling sowie an Roky Erickson – gestartet, hat sich der Sound in den folgenden Jahren immer mehr hin zu 70ies-Retro-Rock gewandelt. Das vierte Album Legend , 2012 bei Nuclear Blast erschienen, war dann auch ein astreines Retro-Album mit begnadeten Melodien, das bei mir damals wochenlang in Dauerrotation lief. Der Nachfolger Nucleus fiel dann etwas verschrobener und schwerer zugänglich aus – und auch wieder etwas lärmiger. Jetzt gibt es Black Metal, und die logische Konsequenz wäre ja dann tatsächlich ein lautes Metalalbum, oder? Naja, fast.
Black Metal ist tiefschwarz, so viel steht fest. Metal ist es aber nicht, sondern ein reines Akustikalbum, bei dem Magnus allein zur Akustikgitarre singt. Er knüpft damit an sein Soloalbum Time aus dem Jahr 2016 an, das allerdings noch ein klein wenig abwechslungsreicher instrumentiert war. Hier präsentiert er sich noch nackter und schutzloser, seine glasklare, klagende Stimme fräst sich ungehindert in die Gehörgänge, und bei den Texten jagt eine Gänsehaut die andere. Schon beim ersten Track „Elegantly expressed depression“ singt Magnus „I swear I saw death standin‘ in my hall, casting her black shadow on my wall, I reek of death from inside my soul“. Der Song ist so herzzerrreißend wie wunderschön, aber auch harter Tobak. „A boy and a girl“ bleibt ein wenig kryptisch, bietet aber eine kurze Erholung, bevor es mit „Sad people“ wieder genau das wird: sad. Magnus singt und spielt extrem langsam, jedes Wort, jede Note ist akzentuiert und fast schon klaustrophobisch. „Stolen years, hard mental tears, stuck at a crossroad of ears, one time I tried to get out, but I could not escape“ – und ja, genauso klingt „Sad people“. Kein Entkommen ist möglich. Ein bisschen schleicht sich dieses Gefühl auch langsam auf die ganze Platte bezogen ein – was aber nur heißt, wie unglaublich intensiv diese maximal reduzierte Musik ist. „You don’t know what lives inside of me“, heißt es in „Grow“, und ja, wer weiß schon wirklich, wie es im anderen aussieht und welche Abgründe sich dort verbergen. Auch „Free country“ wird nicht gelöster, „I’m alone in this prison, hey, no one has a key“, endet jedoch trotzdem ein wenig versöhnlicher: „But sadness has a way to give way to happiness.“ Auf Dunkel folgt auch wieder Licht. Ganz gelingt das mit „Sad dog“ noch nicht, doch hier sind immerhin ein paar Klaviertöne neben der Akustikgitarre zu hören. „Take him away“ rundet das Album ab – vielleicht ein bisschen zu lang und langgezogen, aber auf jeden Fall konsequent.

Black Metal ist, wenn man es genau betrachtet, tatsächlich Black Metal, auch wenn die Songs keinen Moment danach klingen. Doch gerade deshalb ist dieses Album radikal und kompromisslos, reißt einen durch die Direktheit im Vortrag und den Texten tief mit sich hinab. Das ist keine leichte Kost und garantiert auch nichts für jeden Tag, aber definitiv etwas, das man in dieser Form nicht oft zu hören bekommt. Kleine Abzüge gibt es von mir für ein paar Längen, die nicht atmosphärisch wirken, sondern einfach wirklich zu lang sind. Ansonsten sollten aufgeschlossene Hörer*innen aber auf jeden Fall mal ein Ohr riskieren.

Anspieltipp: Sad people

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Witchcraft: Black Metal
Nuclear Blast, ET: 01.05.20
Länge: 33:05 Minuten
Kaufen: € 12,99 Digipack bei Nuclear Blast

Tracklist:
1. Elegantly expressed depression
2. A boy and a girl
3. Sad people
4. Grow
5. Free country
6. Sad dog
7. Take him away

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