Die Zauberflöte der Popmusik
Kate Bush war zarte 19 Jahre alt, als damals „Wuthering Heights“ erschien. Der Song beamte mich weg. Ich, die ich damals als Teenager, also nur wenig jünger als Kate Bush, gerade Emily Brontës Roman „Stürmische Höhen“ gelesen hatte und alles über Kates Protagonisten wusste! Über Heathcliff und Catherine und warum Kate Bush bei ihrem Video und bei den Fernsehauftritten diese Bewegungen mit den Armen machte, als würde sie tatsächlich darum bitten, zum Fenster reingelassen zu werden!
Die gotische Gespenster-Ballade, deren Besonderheit es auch war, dass eine junge Frau ihn allein komponiert hatte, in einer männerdominierten Musikwelt, erklomm damals die Spitze der britischen Charts. Die ganze Welt schien irgendwie Kate–Bush-verrückt geworden zu sein. Ein witziger Hintergrund zu „Wuthering Heights“ ist, dass Kate das Buch nicht einmal gelesen hatte. Sie war von einer alten Fernsehserie inspiriert und war sehr beeindruckt von Catherine, draußen, vor dem Fenster.
Kate war das Nesthäkchen in ihrer Familie. Sie lernte durch ihre Eltern und Brüder deren Musik kennen. Die Stones, Beatles, Pink Floyd, Fleetwood Mac, das liebte sie. Elton Johns Klavier und das Verrückte an David Bowie. Sie nimmt schon als 14-jähriges Mädchen eine Kassette mit Unmengen von Liedern auf, diese fällt David Gilmour, einem Bekannten der Familie, in die Hände. So kam es, wie es kommen musste. Kate Bush nahm Musik auf, ihre eigene und sie war 1978, mit 20 Jahren, ein Star. Ihre einzigartige Stimme und ihre akrobatische Art zu singen und zu tanzen, haben sie berühmt gemacht. Mit dem zweiten Album machte sie Kompromisse, die ihr aber nicht gefielen. Doch eine spektakuläre Tournee in Europa mit Tanz, Musik, Cabaret, eigentlich mehr Schauspiel als Konzert, machte ihr Spaß. Hier konnte sie sich selbst ausdrücken. Das Publikum liebte es! Wenn es gewusst hätte, dass die damals gerade einmal 21-jährige Kate Bush 35 Jahre lang keine Konzerte mehr geben würde … Es folgten aber noch Alben, die manchmal frenetisch gefeiert wurden und manchmal als zu speziell galten. Eines hatten sie alle gemeinsam: Die Songs waren außergewöhnlich, und Kate Bush hat sie mit neuen Techniken aufgenommen und sie in Videos modern und ausdrucksstark performt. Es waren bahnbrechende Videos, die entweder Geschichten erzählten oder aufrütteln wollten. Später einmal fand sie keinen großen Anklang beim Publikum, wurde von der Presse verfolgt, mit immer den gleichen Fragen. Darauf hatte sie dann irgendwann keine Lust mehr! Sie hatte sich finanziell abgesichert, die Rechte an ihrer Musik behalten, sie konnte sich ihr eigenes Studio aufbauen und machen, was sie wollte. Und was kam? Hounds of Love, ihr erfolgreichstes Album. Ein Stück, das jede*r kennt, ist da drauf: „Running up that hill“. Was mit diesem Song passiert ist, wundert Kate Bush heute immer noch. Es war im Jahr 2022, als er im Soundtrack zu Stranger Things eingeflossen ist. Wenn man das Lied bewusst hört, weiß man, warum. Da ist dieses Mädchen im Film, das mit Hilfe dieses Songs aus dem Walkman aus der Dunkelheit und der Gefangenschaft eines Dämons zurückkehren kann. Millionen von jungen Fans performen diesen Song auf TikTok, junge Musiker*innen nehmen heute – nicht nur diesen Song auf – wie man auch in der Dokumentation sieht.
Es kommen Jahre für Kate Bush, in denen sie sich mehr ihrer Familie widmet, doch sie lässt immer wieder mit großartigen Alben von sich hören. 2014, 35 Jahre nach ihrer letzten Konzerttournee, gab sie in London 22 aufeinanderfolgende Konzertabende. Ratet, wer kein Ticket bekommen hat? Ich. Die Konzerte waren allesamt innerhalb von 15 Minuten ausverkauft. Schön ist in der Dokumentation, wie gezeigt wird, wie junge Musiker*innen Kates Musik interpretieren, wie Kate Bush andere Künstler*innen inspiriert hat, wie die damals einmalige Art und Weise, Musik nicht nur mit Stimme und Musikinstrumenten darzustellen, weiter geht, und zwar nicht nur mit Miley Cyrus und Taylor Swift auf Wrecking Balls und Trapezen, sondern ähnlich außergewöhnlich – mit beispielsweise Björk – wie Kate Bush.

Kate Bush: Intensiv und andersartig
Regie: Sonia Gonzalez
Land: Großbritannien
53 Min.
Arte F, 2025
TV-Ausstrahlung am Samstag, 18. Oktober 2025
Verfügbar in der ARTE Mediathek bis 24.04.2026
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