„Hallo ihr Ficker,

ich wollte heut‘ mal andecoverrs anfangen als sonst.“ So beginnt die 7″-EP Rattenblick, und diese Einleitung konnte ich mir daher nicht verkneifen. An den Leipzigern FCKR scheiden sich die Geister. Ist das noch Punk, bzw. darf eine Punk-Band so massiv elektronische Sounds einsetzen? Genrekonventionen interessieren sie zum Glück nicht, und so wirbeln FCKR seit 2014 ordentlich Staub auf in der manchmal etwas eintönigen Deutschpunk-Szene. Nach dem Schweine-Demo von 2015 und dem Debütalbum Dummlandschweine von 2016 haben sie nun mit Rattenblick nachgelegt.

Der Rhythmus von „Alle“ erinnert sehr an DAF, auch wenn er nicht vom Korg MS-20Synthesizer stammt, sondern auf dem Bassspiel beruht. Auch schimmert „Alle gegen alle“ irgendwie durch. Gitarre, Schlagzeug und Keyboard ergänzen den Song, der punkgerecht mit „Fickt das System!“ endet. „Ei“ Ei Ei, da muss ich beim Refrain sofort an The Adicts denken, auch wenn die übrige musikalische Ausrichtung ganz FCKR ist. Der Song ist stark rhythmusorientiert, wozu auch der Gesang beiträgt. Aber keine Sorge, der gegen Spießer gerichtete Song bietet keinen Hip Hop, sondern NDW-Punk, bei dem das Gitarrenspiel auffällt, vor allem beim Solo. Das folgende „LE![D]Kultur“ lässt sich am besten als Minimal Punk beschreiben. Der Bass agiert herrlich monoton, auch der Gesang folgt fast vollständig einer Linie. Das Keyboard liefert schräge Sounds, und die Gitarre ordnet sich insgesamt dem Song unter. Der Bass bei „Abfalleimer“ könnte für sich genommen auch für Post Punk stehen, aber die Post fällt heute aus. Dafür fällt die Gitarre wieder besonders auf. Der Rhythmus geht auch wieder direkt in die Beine, dass man einfach tanzen muss. „Ratte“ kombiniert Punk-orientierten Gesang mit NDW-Flair, auch die weibliche Gaststimme ist toll integriert und ein echtes Highlight. Aber auch die Instrumente zeigen noch einmal, was sie drauf haben. Leider ist „Albträume“ aus Platzgründen nicht auf dem Vinyl enthalten, denn es ist ein verdammt guter Bonus-Track, der gegen Nazis gerichtet ist. Der Refrain geht sofort ins Ohr, und die Musik ist für FCKR ungewohnt düster, was sie aber gekonnt umsetzen. Am Ende warnt dank eines originellen Samples der Führer vor Gewalt und Rassismus: „Das endet in einer Katastrophe! Ich weiß, wovon ich rede!“

Fazit: Ähnlich wie die erst kürzlich im Webzine vorgestellten Panika (Link) vermischen FCKR Punk, Minimal und New Wave zu einer neuen NDW, wobei hier der Punk mehr betont ist. Das könnte einerseits NDW-Untergrund von 1980 sein, aber gleichzeitig klingt die Produktion nach der heutigen Zeit. Wichtiges Alleinstellungsmerkmal von FCKR sind die passend ausgesuchten Samples, die die Songs bereichern. Die Texte agieren zwischen humorvoll und intelligent, und die Musik ist stets angenehm tanzbar und partytauglich, ohne aber ins Poppige abzudriften. Macht mächtig Laune.

Anspieltips: Songs 01 bis 06

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

FCKR: Rattenblick
Label: self released, 03.11.2017
7″-LP 6,50€, erhältlich über Kopperation Records
MP3 Download ab 0,00 € – pay what you want – erhältlich über Bandcamp. Bitte die Band angemessen unterstützen.
Homepage: facebook.com/fckr89/
fckr.bandcamp.com/

Tracklist:
01 Alle
02 Ei
03 LE![D]Kultur
04 Abfalleimer
05 Ratte
06 Albträume (non-vinyl-track)

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