Punk Diamond
Ursprünglich sollte das hier vorliegende Debüt The Lost Tapes – Copenhagen 1979 der Brats beim kleinen dänischen Indie-Label Irmgardz erscheinen, doch kurz vor der Pressung bekamen die Brats ein lukratives Angebot der renommierten CBS, das sie nicht ablehnen konnten. Der Haken dabei – CBS verlangte Exklusivität, und so konnten die Aufnahmen nicht verwendet werden. Ihr damaliges Album 1980 Brats (auch von High Roller Records neu aufgelegt) wurde also für CBS neu eingespielt.
So kultig der Punk-Klassiker auch ist, hier kristallisiert sich bereits die Urform der späteren legendären Mercyful Fate. Denn neben Drummer Lars Monroe, Sänger und Bassist Jens Arnsted, bekannter unter den Namen Yenz Leonhardt oder Yenz Cheyenne, sind deren Gitarristen Hank Shermann und Michael Denner dabei. Als gegen Ende der Band Kim Bendix Petersen hinzustößt, der heute berühmte King Diamond, werden Mercyful Fate geboren. Yenz gründet übrigens noch Yenz Geisha und später zusammen mit Hal Patino, dem Bassisten von King Diamond, die Band Y. So schließt sich der Kreis wieder.
Die Aufnahmen von The Lost Tapes wurden von Patrick W. Engel von den Original-Bändern im Studio Temple Of Disharmony restauriert und gemastert. Dabei wurde nichts nachträglich beschönigt, was man am räudig-rohen Punk-Gesang erkennen kann, zum Beispiel bei „Prostitute“. Außerdem werden die Songs fachgerecht in zwei Minuten runtergerotzt. Dennoch blitzen ab und zu kleine Metal-Fragmente auf, die schon in Richtung Mercyful Fate deuten, etwa bei „Can’t sleep“. Insgesamt orientiert man sich am englischen Sound, kein Wunder, explodierte der Punk doch quasi nebenan auf der anderen Seite der Nordsee. Der Opener „On dope“ hat etwas von den Sex Pistols und „Zombie people“ erinnert mich an Peter And The Test Tube Babies. In „I do what I wanna do“ kann ich die Buzzcocks ausmachen, und das über sechsminütige „So alone“ weist mit seinem Reggae-Einfluss deutlich in Richtung The Clash.
Fazit: Toll, dass dieses wichtige sowohl dänische als auch Punk-historische Stück Musikgeschichte endlich das Licht der Welt erblickt hat. Begebt euch auf eine Zeitreise und dreht die Boxen auf!
Brats: The Lost Tapes – Copenhagen 1979
High Roller Records / Soulfood, Vö. 16.04.2021
LP 18,99 € erhältlich über High Roller Records
Homepage: Brats auf Discogs
https://www.hrrecords.de
https://www.facebook.com/hrrecords
Tracklist:
01 On dope
02 No school
03 Sense my boy
04 Zombie people
05 Individual
06 Ladies
07 D.I.MT.
08 Prostitute
09 Can’t sleep
10 Disco sissy
11 Punk fashion
12 Dreams
13 Mr. Normal
14 I do what I wanna do
15 So alone
16 Technology baby
(2202)