Der Auftakt zur Schwarzen Ostermesse

Zum nunmehr sechsten Mal wird in München zu Ostern eine Schwarze Messe der lauten Art gefeiert: das Dark Easter Metal Meeting. Für Black- und Death-Metal-Fans ist das Indoor-Festival im Münchner Backstage längst ein Pflichttermin wie die Ostermesse für die Christen. Dieses Jahr findet das Dark Easter Metal Meeting erstmals an zwei Tagen statt. Unverändert hingegen bleibt die gelungene Auswahl der Bands, wie immer eine gute Mischung aus bekannten und neuen, lokalen und internationalen Formationen, abgeschmeckt mit Headlinern wie Memoriam, Marduk oder Mayhem. Was will der Fan mehr? Besseres Wetter? Kürzere Schlangen am Einlass und vor den Essensständen? Raucherpausen zwischen den Konzerten? Papperlapapp! Am Osterwochenende zeigt sich, dass man auf all das verzichten kann, wenn die Musik nur laut genug ist!

DSC_6115Eröffnet wird der finstere Reigen am Karsamstag von Avslut aus Stockholm. Der Vierer besteht seit letztem Jahr und liefert vielversprechenden Oldschool-Black-Metal im mittleren Tempobereich ab, den man auf der ersten EP Vanskapt gut 21 Minuten lang genießen kann. Soundprobleme, die die ersten Konzertminuten etwas trüben, sind schnell behoben, und obwohl die Herren in Corpsepaint nicht gerade viel Bewegung auf die zugegeben recht kleine Bühne bringen, ist die Stimmung im rappelvollen Club top. Das Publikum geht trotz der beengten Platzverhältnisse gut mit, und Sänger Christian Jönsson Baad sorgt dafür, dass selbst in der hintersten Reihe keine Faust ungereckt bleibt. Ein gelungener Einstieg!

DSC_6167In den fünf Minuten Pause schafft man es gerade so vom Club in die Halle gegenüber, wo Imperium Dekadenz aus dem Schwarzwald sich anschicken, da weiterzumachen, wo Avslut aufgehört haben. Wie beliebt das Duo Horaz (Vox) und Vespasian (Drums), das live von den Saitenzupfern von Vargsheim unterstützt wird, ist, zeigt sich daran, dass nach den ersten zehn Minuten in der wesentlich größeren Halle kaum mehr Platz als im Club ist. Geboten wird melodisch-stimmungsvoller Black Metal, perfekt inszeniert und von den Fans dementsprechend abgefeiert. Aber ach! So gern ich Imperium Dekadenz auch höre, live will der Funke bei mir auch diesmal nicht überspringen. Damit gehöre ich offensichtlich einer Minderheit an, denn die Halle wird immer voller, die Köpfe immer energischer geschüttelt, die Fäuste immer höher gereckt. Insgesamt liefern die fünf Herren eine souveräne Bühnenshow ab, bei der jeder Handgriff sitzt und die bei den Fans bestimmt keine Wünsche offengelassen hat.

DSC_6235Mit Gilgamesh betritt dann die erste Münchner Band die Bühne im Club, die auch schon Band der Woche bei uns waren. Schminke, Fransengewänder und jede Menge Energie befeuern die Stimmung, die ohnehin hervorragend ist, noch weiter. Sänger Emanuel Daniele, den einige sicherlich von diversen Live-Auftritten mit Combustion kennen, dominiert das Geschehen mit einer hervorragenden Mischung aus Theatralik und Energie, die sich sofort auf das Publikum überträgt. Gilgamesh haben im September 2011 zusammengefunden und befassen sich inhaltlich mit dem antiken Mesopotamien. Das Ergebnis ist der erste Silberling The Awakening aus dem Jahr 2014, der musikalisch manchmal an Nile, manchmal an Behemoth erinnert, allerdings beiden noch nicht wirklich gerecht wird. Technisch sind Gilgamesh jedenfalls sehr versiert, auch wenn der Sound manchmal etwas unsortiert wirkt. Man darf also gespannt auf das sein, was da noch kommt.

Die vierte Band an diesem Tag sind Deserted Fear, die um kurz vor sieben die Bühne in der Halle entern. Die drei Herren aus Thüringen spielen wenig innovativen, aber astreinen und launigen Death Metal und haben offenbar sehr viel Spaß daran. Allzu genau kann das leider keine von uns sagen, denn für uns war es allerhöchste Zeit fürs Abendessen. Was da aus der Halle zum Parkplatz herausdröhnte, klang auf jeden Fall so, als hätten wir etwas verpasst, und wir versprechen, am nächste Deserted-Fear-Konzert auf jeden Fall teilzunehmen! Zur Überbrückung bis dahin kann man sich auch noch mal das Band-der-Woche-Interview zu Gemüte führen.

DSC_6332Gut gestärkt geht es zur polnischen Abrissbirne Outre, die mich schon letztes Jahr schwer begeistert hat (siehe auch unser Band-der-Woche-Interview vom letzten Jahr!). Die vier spielfreudigen Polen, die seit 2012 zusammen Musik machen und vor zwei Jahren ihr Debütalbum Tranquility auf den Markt gebracht haben, haben allerdings mit einem eher suboptimalen Sound im Club zu kämpfen, der zwar im Laufe des Konzerts ein bisschen besser wird, aber nicht ganz an den Auftritt von 2016 heranreicht. Dennoch macht der schnelle, kompromiss- und schnörkellose Black Metal aus Krakau den zahlreich erschienenen Fans sichtbar Spaß, und vermutlich waren Outre für den ein oder anderen Nackenmuskelkater am Sonntag mitverantwortlich. Ich freue mich schon auf das Wiedersehen mit den Polen am 8. Juli auf dem Sick Midsummer Festival in Österreich!

DSC_6387Band Nummer sechs an diesem Tag macht genau da weiter, wo Outre aufgehört haben: Ravencult aus Griechenland entern die Bühne in der Halle und föhnen uns mit ihrer extrem rhythmischen Mischung aus Black und Thrash ordentlich die Haare. Die Halle verwandelt sich schon beim ersten Lied in einen großen Moshpit, der die ausgewogene Musikmischung aus den drei bisher veröffentlichten Alben (zuletzt erschienen ist Force of Profanation 2016) eine knappe Stunde lang ordentlich abfeiert. Die vier Hellenen waren als Ersatz für die leider verhinderten Gehenna ins Billing gerutscht und werden sich bei ihrem ersten, sehr gelungenen Deutschland-Auftritt den ein oder anderen neuen Fan erspielt haben (Ja! Anmerkung torshammare) – etwa den Besucher eine Reihe weiter vorne, der anerkennend nickend zu seinem Kameraden sagt: „Die machen aber ganz schön Stress!“ Ravencult sollte man sich dringend merken! (Mehr Infos gibt es hier.)

DSC_6478Zurück im Club wird es anschließend richtig, richtig trve. Die Norweger von Sarkom machen auch optisch überdeutlich, was gespielt wird: Black Fucking Metal! Nagelarmbänder, umgedrehte Kreuze um den Hals, Corpsepaint, Kunstblut, das volle Programm, inklusive keinerlei Interaktion mit dem Publikum, was an dieser Stelle allerdings wenig stört, sondern eher erwartet wird. Die Musik des Quartetts steht der Optik in nichts nach; geboten wird eiskalter, beinharter, roher und bitterböser Black Metal wie aus dem Lehrbuch, ganz ohne postrockige Ausflüge oder sonstige Verkünstelungen. Nach Outre und Ravencult scheinen einige Besucher eine Pause zu brauchen, denn im Club ist es nicht ganz so voll wie bei den vorangegangenen Konzerten. Der Stimmung tut das keinen Abbruch: Die seit 2002 aktiven Nordmänner waren der Samstags-Pflichttermin schlechthin für die Schwarzmetall-Fans, und dementsprechend viele Haare wirbeln in den nächsten 50 Minuten durch die Luft. Gegeben werden neben einigen älteren Stücken auch viele vom aktuellen, sehr hörenswerten Album Anti-Cosmic Art. Liebhaber der ganz alten Black-Metal-Schule sollten bei Sarkom definitiv ein Ohr riskieren und gern auch einen Blick in unseren Band-der-Woche-Artikel werfen.

DSC_6580Der Headliner des heutigen Samstags dürfte auch vielen Fans früherer Großtaten die Freudentränen in die Augen treiben, denn Karl Willetts hat sich nach dem Aus von Bolt Thrower eine neue Spielwiese gesucht, die erfreulicherweise auch musikalische Ähnlichkeit mit der Vorgängerband hat: Memoriam, die Tage zuvor ihr Debütalbum For The Fallen via Nuclear Blast auf den Markt gebracht haben, geben sich auf dem Dark Easter Metal Meeting die Ehre. Neben Willetts und seinem Bolt-Thrower-Kollegen Andrew Whale an den Drums haben auch zwei Benediction-Mitglieder ein neues musikalisches Zuhause bei Memoriam gefunden: Bassist Frank Healey und Gitarrist Scott Fairfax komplettieren das Line-up. Karl Willetts freut sich sichtlich, wieder auf der Bühne zu stehen und begrüßt die erste Reihe mit Handschlag, ehe Memoriam daran gehen, so ziemlich jeden Song, den sie bisher herausgebracht haben, mit viel Spaß an der Sache abzufeiern. Die Freudentränen dürften allerdings nach den ersten paar Minuten der Zornesröte gewichen sein, denn anfangs ist der Sound arg matschig, sodass der druckvolle Oldschool Death Metal britischer Güteklasse seine Wirkung zunächst nicht voll entfalten kann. Live fehlt außerdem ein zweiter Gitarrist, der für zusätzlichen Druck, vor allem bei den Riffs, sorgen könnte. Mit der Zeit wird der Sound etwas besser, und den vielen geschüttelten Köpfen vor der Bühne nach zu urteilen, hat sich ohnehin niemand den Spaß verderben lassen. Um die Spielzeit vollzukriegen und den Fans, die jede Müdigkeit längst vergessen haben, ein besonderes Geschenk zu machen, runden Memoriam ihren Auftritt noch mit ein paar Bolt-Thrower-Gassenhauern ab. Ein würdiger Headliner für den ersten Festivaltag!

Als Fazit des ersten Festivaltages lässt sich sagen: Geil war’s! Das Wetter hätte noch etwas besser sein können, Halle und Club waren leider auch ständig sehr voll, aber man konnte den Bands noch angemessen huldigen. Wenn man nach den mighty Memoriam auch gleich brav nach Hause gegangen ist, war man einigermaßen fit für den Sonntag, dessen Programm es ja schließlich noch viel mehr in sich hat. (Hier geht’s zum Bericht!)

Text: nekrist & torshammare / Bilder: torshammare

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  1. […] geplättet von einem grandiosen Festivalsamstag haben wir es irgendwie schon um 14 Uhr aufs Gelände geschafft, um uns einem Ostersonntag zu […]

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