Dinge, die man nicht vermisst

Arthur and Claire

Der Mittfünfziger Arthur stellt sich einem gleich zu Anfang als Grantler vor. Im Flugzeug vergrault er ein anhängliches Kind, beim Autoverleih hat er nicht sehr lange Geduld mit der überfreundlichen Sachbearbeiterin, im Hotel stellt er die einstudierte Höflichkeit am Empfang bloß. Arthur hat nur ein Ziel: Er ist todkrank und kommt nach Amsterdam, um seinem Leben in einer Klinik ein Ende bereiten zu lassen. Den letzten Abend seines Lebens möchte er einfach nur im Hotel gepflegt essen und einen schönen Rotwein trinken. Leider kommt ihm aus dem Nachbarzimmer Höllenlärm – ausgerechnet Death Metal! – entgegen. Gegen die Wand schlagen hilft nicht, wütend rennt er zur Tür und begehrt Einlass. Es öffnet ihm eine verheulte junge Frau, die gerade dabei ist, ein ganzes Glas Schlaftabletten zu schlucken. Da haben sich also zwei Lebensmüde im romantischen Amsterdam getroffen!
Arthur kann das nicht hinnehmen, er wirft Claires Tabletten ins Klo. Sie werfen sich gegenseitig Gemeinheiten an den Kopf, und Claire stürmt aus dem Hotel. Und obwohl mittlerweile das schöne Essen angerollt kommt, muss Arthur nun Claire hinterher, denn sie will sich in der Apotheke neue Tabletten holen. Nun beginnt ein kleines „Misanthropen-Wiener Schmäh-Road Movie“. Er findet ihren holländischen Akzent scheußlich, sie findet seine Art garstig: „Ach, nicht Deutsch? Österreicher? Noch schlimmer!“. Sie gehen miteinander essen und frotzeln gegenseitig, kommen sich aber trotz irrer kleiner Absurditäten irgendwie näher. Die große Gemeinsamkeit ist: Jeder will den anderen davon abhalten, aus dem Leben zu scheiden. Ganz klammheimlich merkt man, dass sich die beiden eigentlich ganz viel zu erzählen haben, sie haben den selben Humor, hängen an ähnlichen Dingen – wie Irish Folk. Man kommt dabei hinter Claires große Schuld und Geheimnis und erfährt etliches aus Arthurs Leben. Sie sprechen über Arthurs Liste von Dingen, die man nicht vermisst (Staubsaugergeräusche, Emails …) und von einer weitaus kürzeren Liste mit Dingen, die er sehr wohl vermissen wird: Claire. Die Kulisse eines abendlich romantisch beleuchteten Amsterdams und eine Rikschafahrt mit Lichterketten zur Apotheke tragen dazu bei, dass sich die beiden mehr und mehr näherkommen. Eine überaus lustige und entspannende Coffeeshop-Erfahrung für Arthur und eine romantische Whiskey-Bar weiter lässt das Leben gleich für beide wieder lebenswerter erscheinen. Man mag einfach nicht glauben, was das Leben laut Plan für diese beiden bereithält.

Man muss Josef Hader mögen, sonst mag man diesen Film nicht. Er hat hier nicht die Skurrilitäten, Absurditäten und Frivolitäten der Wilden Maus oder vor allem der verfilmten Brenner-Krimis. Wenn man aber Hader mag, erkennt man an seiner Stirn, ohne jegliche Mimik, was sich dahinter verbirgt. Ein paarmal sieht man ihn so herzig lachen und spielen – das, in Kombination mit der Leichtigkeit von Hannah Hoekstra, ist sehenswert.

Arthur & Claire entstand nach dem gleichnamigen Theaterstück von Stefan Vögel, das vom Regisseur Miguel Alexandre und seinem Hauptdarsteller Josef Hader zu einem Drehbuch adaptiert wurde.

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Arthur & Claire
Genre: Komödie, Drama
Regie: Miguel Alexandre
Nationalität: Deutschland, Österreich, Niederlande
Start in Deutschland: 8. März 2018, 1 Std. 39 Min.
Cast: Josef Hader, Hannah Hoekstra, Rainer Bock u.v.m.

 

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