Was tun, wenn man sich im Spiegel selbst nicht mehr erkennt?
Zuerst passiert mir ein kleines Malheur an der Kinokasse: Ich bitte um zwei Karten für „Honigmond“. Der Mann an der Kasse und die Leute um mich herum schauen verwundert oder schmunzeln. Ich erhalte eine klitzekleine Ahnung davon, wie es ist, wenn im Kopf falsche Sachen passieren.
Mit Kleinigkeiten fängt es an: Bei der Beerdigung seiner Frau verzettelt sich Amandus (Dieter Hallervorden) bei seiner Rede, hält sich lang mit uninteressanten Details auf, und am Ende verabschiedet er sich von seiner Mutter anstatt von seiner Frau. Kurze Zeit später geht der Witwer aufs Polizeirevier und meldet seine Frau als vermisst, mit einem Jugendfoto von ihr. Von der Polizei findet er nicht mehr nach Hause. Sohn Niko (Til Schweiger) und Enkelin Tilda (Emma Schweiger, Til Schweigers Tochter) fahren zu ihm, und der Besuch artet dermaßen aus, dass klar wird, Amandus kann nicht mehr alleine wohnen und auf sich aufpassen.
Diese rasante und lustige Ausreißerfahrt ist gleichzeitig auch der Kampf um Zeit. Was vorher noch lustig war, wird plötzlich ernst und traurig. Was das tapfere, kleine Mädchen, das sich so rührend um seinen Opa kümmert, in Venedig erleben muss, bricht einem schier das Herz.Am Ende sieht man noch einen kleinen Ausblick auf die Zeit der Familie nach Venedig, der einen irgendwie versöhnlich stimmt. Denn eines darf man glauben: Viele Situationen wirken lustig, sind es aber nicht. Der Alzheimer-Kranke hat nämlich auch Momente, in denen er sich der ganzen Wissenslücken und Verwirrungen gänzlich bewusst ist, er findet es schrecklich, nicht zu wissen, wie man sich die Zähne putzt, oder dass ein Kühlschrank kein Klo ist.Til Schweigers Tochter Emma spielt so herzig wie schon in Kokowääh und Keinohrhase / Zweiohrküken. Aber auch alle anderen Rollen sind bis in die allerkleinste Nebenrolle hinein perfekt besetzt mit der Crème de la Crème der deutschen Schauspielszene: Jeanette Hain, Katharina Thalbach, Tilo Prückner, Jan Josef Liefers, Claudia Michelsen, Fahri Yardim (Tils „Tatort“-Kollege), Anneke Kim Sarnau und sogar Samuel Koch, der junge Mann, der bei „Wetten, dass“ diesen tragischen Unfall hatte. Diese Darsteller verhelfen zu perfektem Filmvergnügen, es macht Spaß, „Das ist doch der … Die hat doch damals … Ist das nicht …?“ zu denken oder zum Nachbarn zu flüstern.In all seinen Filmen setzt Til Schweiger Musik als Stilmittel ein. Wird es besonders lustig, tragisch oder pathetisch, kommt ein gut ausgewählter Song zum Einsatz. Für den, der es mag: schön; für den, der es nicht mag: Pech gehabt. Aber wer Schweiger nicht mag, darf in keinen seiner Filme gehen, denn man weiß, was einen erwartet: der Mann mit den zwei verschiedenen Gesichtsausdrücken, jeweils zumindest eine Tochter, gut platzierte Musik und eine perfekt erzählte Geschichte.
Genre: Komödie, Drama
Regie: Til Schweiger
Cast: Dieter Hallervorden, Emma Schweiger, Til Schweiger, Jeanette Hain u.v.a.
139 Minuten
Läuft seit 25.12.2014
(3997)
Hast du Tobias Moretti wirklich in den Film gesehen??
Danke für deine Antwort
Maureen (aus Frankreich)
Liebe Maureen, auf allen Internetseiten, die ich zur Recherche herangezogen habe, stand Tobias Moretti mit im Cast. Erkannt habe ich ihn nicht. Aber ich denke, du hast recht. Mehrmals hieß es, Dr. Holst sei von Tobias Moretti gespielt: aber das war definitiv Mehmet Kurtulus. Also vielleicht einfach ein Fehler, von dem alle abgeschrieben haben. Auf der Homepage von Tobias Moretti wird der Film nicht erwähnt. Ich nehme den Namen heraus und danke dir für deinen wertvollen Hinweis!
Liebe Grüße, Phoebe
Liebe Phoebe, vielen Dank für deine Antwort. Ich bin eine große Fan von Moretti. Trotzdem werde ich den Film versuchen zu sehen.. (auf DVD!)
Liebe Grüße, Monique