Nackter Mann im Schnee

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Georg Endl (Josef Hader) ist sich seiner Sache vollkommen sicher. Er ist und bleibt ein etablierter Musikkritiker für ein renommiertes Feuilleton einer Wiener Zeitung. Doch von einer Sekunde auf die andere ist alles ganz anders: Er wird von seinem Chef gekündigt, weil er zu teuer ist, er muss gehen, damit drei junge billige Redakteure bleiben können. Die müssen zwar alles googeln, während Georg alles im Kopf hat, aber so ist es eben. Völlig desorientiert schafft er es nicht, seiner wesentlich jüngeren Frau (im Film wie auch im wahren Leben: Pia Hierzegger) von der Kündigung zu erzählen. Zumal diese, nun in ihren Vierzigern, plötzlich Kinderwunsch entwickelt hat und streng daran arbeitet, schwanger zu werden. Während ihre größten Probleme der nächste Eisprung und die beste Stellung beim Sex sind, weiß Georg nicht, wie er würdevoll den Tag rumbekommen soll. Tagtäglich geht er aus dem Haus, mit Rachegedanken an seinen Vorgesetzten im Kopf.

Er treibt sich im Prater herum und lernt dabei Erich kennen, der ihn einst auf der Schule drangsaliert hat. Hier und heute aber freunden sie sich an und verstehen sich großartig. Da Erich auch arbeitslos wird, pachtet er mit Hilfe von Georg das marode Fahrgeschäft „Wilde Maus“. Das wird – abgesehen von einigen Rachefeldzügen Georgs Chef gegenüber – seine Hauptbeschäftigung. Georg fährt also „Wilde Maus“, zerschlitzt das Cabriodach seines Chefs und besprüht sein Haus, während seine Frau Pia, die Therapeutin, mit Patienten Gespräche führt und dennoch an nichts anderes denkt als an ein Kind. Sie driften aneinander vorbei, es kommt zu heftigen Dialogen. Pia unterstellt ihm gar, den Samenerguss zu unterdrücken, er wirft ihr vor, gar nicht richtig feucht zu werden. „Da können sich die Spermien ja nicht richtig bewegen!“ Das ist heftig! Heftig auch, dass die Gewaltfantasien und –akte Georgs seinem ehemaligen Vorgesetzten gegenüber immer schlimmer werden. Erich, der alte/neue Freund unterstützt ihn hierbei. Und so manövriert er sich immer tiefer in ein Dickicht aus Hass. „Du Oaschloch!“, „Du deutsche Sau!“ schreit er im Auto aus tiefster, gequälter Seele in sein Lenkrad rein.
Und allmählich bekommt man richtig Angst um Georg Endl.

Wundervolle Dialoge in österreichischem Dialekt, lakonische Kommentare eines Mannes, der sich sehr lang sehr sicher war, schlagfertige, trockene Sätze einer Frau („Halt einfach dei Babbm!“ Auf Hochdeutsch, nicht so schön klingend: „Halt’s Maul!“), groteske Situationen und Handlungsstränge, die wundersam zusammengeführt werden, mit einem Ende, das annähernd offen ist, mit einem Wort: ein typischer Hader. Einfach leiwand!

Wilde Maus
Genre: Tragikomödie
Drehbuch/Regie: Josef Hader
Nationalität: Österreich, Deutschland
Start in Deutschland: 9. März 2017, 1 Std. 43 Minuten
Cast: Josef Hader, Pia Hierzegger, Jörg Hartmann, Georg Friedrich, Nora von Waldstätten u.v.m.

 

(1915)