Geheimnisse und Unheimliches in einer alten Stadt

 

zafon_marinaDie Geschichte spielt 1979 in Barcelona, dem Geburtsort des Autors. Carlos Ruiz Zafón lässt den Internatsschüler Óscar Drai durch seine Stadt, v.a. durch das Stadtviertel Saria streifen. Auf einem seiner Streifzüge entdeckt er in einem alten Viertel Barcelonas ein sehr altes, verfallenes Haus. Er hört eine Melodie und Gesang aus dem baufälligen Gebäude und begibt sich hinein. In der Folge lernt er Marina und ihren kranken Vater kennen, die dieses Haus bewohnen und die Geschichte einer Freundschaft beginnt. Auf einem ihrer Spaziergänge zeigt Marina ihm den versteckt liegenden Friedhof von Saria. Sie können beobachten, wie eine schwarz gekleidete Dame, deren Gesicht man nicht erkennen kann, eine rote Rose auf ein Grab legt, auf dem im Marmor ein schwarzer Schmetterling mit ausgebreiteten Flügeln abgebildet ist. Wie Marina berichtet, erscheint diese Frau jeden letzten Sonntag im Monat. In ihrer Neugier verfolgen sie sie bis zu einer schmalen Sackgasse. Ein Tor führt sie auf einen Innenhof zu einem verwilderten Garten, in dem ein altes Gewächshaus steht. Hinter einer Glastür mit einem eingravierten schwarzen Schmetterling entdecken sie alte Handpuppen an Fäden. Ein unheimlicher Ort …
Marina bezaubert Óscar immer mehr. Eines Tages fährt sie mit ihrem Vater nach Madrid ins Krankenhaus. Als Óscar sich am Bahnhof von den beiden verabschiedet hat, wird ihm ein Zettel überreicht, mit der Nachricht, dass er sich an der angegebenen Adresse einfinden soll. Der Überbringer der Nachricht zeigt ihm die Absenderin: eine verschleierte Frau, die gerade im Begriff ist, eine altmodische Kutsche zu besteigen – Óscar kann sie nicht mehr einholen.
Er sucht die Adresse auf. Dabei trifft er auf Benjamin Sentis, der ihm die Geschichte von Michail Kolwenik erzählt. In den 40er Jahren häuft er sich durch die Entwicklung von orthopädischen Hilfsmitteln ein Vermögen an. Später trifft er Ewa Irinowa, die er heiratet. An ihrem Hochzeitstag wird Ewa mit einer Säure im Gesicht schwer verletzt. Nach diesem Unglück ziehen sich Michail und Ewa in ihr Haus (mit dem schwarzen Schmetterling am Dach) zurück, das nie vollendet wird. In der Folge geht Kolwenik mit seiner Firma Bankrott und er verliert sein Vermögen. Das Haus brennt ab und es werden zwei Körper verbrannt aufgefunden.
Nach Marinas Rückkehr bemerkt Óscar eine Veränderung an seinen Freunden. Er erzählt ihr das Erlebte und sie beschließen das Glashaus noch einmal aufzusuchen. Dabei entdecken sie die eigenartigen Veränderungen an den Puppen und ein Fotoalbum, das sie mitnehmen. Der Rückweg wird ihnen schwer gemacht. Die Fotografien zeigen missgestaltete Personen u.a. mit einem Arzt. Ein Hinweis in dem Bild führt ihn auf die Spur der Praxis von Dr. Joan Shelley. Der Arzt bestätigt, dass er der Freund und Leibarzt von Kolwenik war und erzählt ihnen seine Geschichte.
Als Óscar nach diesem Besuch ins Internat zurückkehrt, wird er von einem schwarz gekleideten Unbekannten bedroht und verfolgt. Mit Müh und Not kann er sich seiner Haut erwehren – der Fremde nimmt das Fotoalbum mit. Nichts hält ihn mehr in dem Haus. Er hat Angst und geht zu Marina. Sie lädt ihn ein, bei ihnen zu bleiben. Er entdeckt in der Zeit seines Aufenthalts neue Geheimnisse, die seine Freundin umgeben.
Marina und Oscar suchen einen Polizisten, Victor Florian, auf. Dieser hat zur Zeit Kolweniks Ermittlungen über ihn angestellt. Er berichtet auch von zwei Polizisten, die den Fall nach Jahren wieder aufgenommen hatten. Sie wurden zerstückelt vor dem Glashaus aufgefunden. Bei diesem Gespräch kommt auch heraus, dass die Person Kolwenik von vielen Geheimnissen umgeben war.
Óscar begibt sich alleine zu dem alten Friedhof und beobachtet in der Folge Unheimliches. Er landet mithilfe des Kutschers Claret in dem alten Theater, das Kolwenik für seine Frau Ewa erbauen ließ und nun nur noch eine verfallene Baustelle ist. Danach beobachtet Óscar Clarets Besuch im Haus von Dr. Shelley. Im weiteren Verlauf der Geschichte verfolgt er den Kutscher und die Tochter Dr. Shelleys, die in einem Gully verschwinden. Óscar betritt ebenfalls die Kanäle und kann nur mithilfe eines Schusses diesem gruseligen Ort entkommen, allerdings verliert er das Bewusstsein.
Er wacht im Haus von Marina auf. In der Zwischenzeit hat sie einiges über den schwarzen Schmetterling herausgefunden. Daraufhin suchen sie den Kutscher in dem alten Theater auf. Er zeigt ihnen das Gebäude und auch die Dame in Schwarz, verunstaltet durch einen Säureangriff und sie erzählt ihnen ihre Lebensgeschichte.
Nach dem Ende der Erzählung bemerken sie schwarze Eindringlinge am Dach des Hauses. Und jede weitere Beschreibung erspare ich mir und dem Leser dieser Zeilen, da dies am Besten vom Autor selbst erzählt werden sollte. Es soll nur noch soviel gesagt werden: Der schwarze Schmetterling lebt!
Am Ende des Buches wird Marinas Geschichte noch besser beleuchtet und so manches erhellt, was auch immer wieder ein interessanter Aspekt der Erzählung ist.

Carlos Ruiz Zafón versteht es durch seine Art der Erzählung den Leser zu bezaubern und in Aufregung zu versetzen, so dass man nicht anders kann als weiter zuzuhören. Verstärkt wird dies hier durch die Art und Weise des Vorlesens von Andreas Pietschmann, die sehr fein nuanciert und absolut passend ist.
War Zafóns Buch Im Schatten des Windes schon eine gute Lektüre – so hat mich diese interessante, unheimliche Geschichte in seinen Bann gezogen. Besonders beeindruckt bin ich wieder einmal von Zafóns Beschreibung von Barcelona. Man merkt ihm die Liebe zu seiner Stadt an und er versteht es auch die Geschichte der Freundschaft und der Geheimnisse zwischen Óscar und Marina sich darin entwickeln zu lassen. Aber immer auch mit dem Fragezeichen, was da wohl noch kommen mag.
Aber das Besondere dieses Buches macht vor allem die Kunst des Erzählens bezüglich der Geschichte von Michail Kolwenik aus. Das düstere Element, das Mysteriöse und die Überraschungen, die hier immer wieder gegeben sind, verleihen dem Roman seinen Reiz. Die Phantasie, mit der er die Geschichte von und um Kolwenik inszeniert, ist absolut lesenswert.

 

Autor: Carlos Ruiz Zafón

 

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Carlos Ruiz Zafón / Peter Schwaar (Übersetzer): Marina
Hörbuch, gelesen von Andreas Pietschmann
2011, Ungekürzte Lesung, 445 Minuten.
Argon Verlag GmbH (€ 12,95)
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