So viel in diesem Kopf …

Die fiktive SchwarzesBayern-Bühne betritt: Kaja Evert. Die junge Schleswig-Holsteinerin mit der bunten Fantasie stellt am 2. Mai ihren Debütroman Flügel aus Asche vor und teilt damit eine der vielen Geschichten in ihrem Kopf mit der Welt. Auf meine Rezension müsst ihr noch ein wenig warten, doch ich kann jetzt schon versprechen, dass Flügel aus Asche ein absolutes Must-Read für Fantasy-Fans sein wird. Um die Wartezeit etwas zu versüßen, habe ich Kaja Evert um ein kurzes Interview gebeten, und durfte eine ebenso sympathische wie begabte Autorin kennenlernen, die ihr Handwerk perfekt beherrscht.

 

Enchi: Beschreibe Flügel aus Asche in einem Satz.
Kaja: Junger Künstler kämpft für seine Freiheit in einer fliegenden Stadt.

Skizze "Aschevogel" von Kaja Evert

Skizze „Aschevogel“ von Kaja Evert

Enchi: Neben dem Schreiben spielen auch Malen und Zeichnen eine Rolle in deinem Leben. Was malst du? Kann man deine Bilder irgendwo bewundern?

Kaja: Meistens zeichne ich Gesichter. Ich finde Gesichter inspirierend. Einerseits liebe ich es, Bilder von Menschen zu sehen und zu versuchen, die versteckten Geschichten in ihren Gesichtern zu lesen. Andererseits versuche ich auch selbst Geschichten in Gesichtern wiederzugeben. Ob es mir immer gelingt, ist dabei aber die Frage. Die meisten meiner Bilder kann man in meiner Galerie auf Deviantart sehen, und zwar unter diesem Link:

http://xzaren.deviantart.com/gallery/

Enchi: In deinem Debütroman nehmen Bilder und Farben einen wichtigen Platz ein. Bedeutet dir Farbsymbolik im Alltag etwas?
Kaja: Man begegnet ja täglich irgendwelcher Farbsymbolik: Rot ist die Liebe, grün ist die Hoffnung, grüngelb der Neid, weiß die Unschuld und so weiter. Weil diese Symbolik ein Teil unserer Kultur ist, kann man sie schwer ignorieren, vor allem wenn andere etwas damit ausdrücken möchten. Aber ich denke, dass Farben viele verschiedene und gegensätzliche Dinge bedeuten können und das auch tun, bei jedem Menschen etwas Unterschiedliches.

Enchi: Auf deiner Homepage erwähnst du eine Leidenschaft für Computerspiele. Was war dein erstes, und welches war das beste, das du bisher gespielt hast?
Kaja: Mit dieser Frage hätte ich jetzt nicht gerechnet! Mein erstes Spiel war Monkey Island 1. Mein Onkel hat es vor vielen, vielen Jahren mit mir an seinem C64 gespielt. Es ist noch immer ein großartiges Spiel, und damals hat es meine Begeisterung für Computerspiele geweckt. Mein absolutes Lieblingsspiel ist aber Planescape – Torment. Es erzählt die aberwitzige Geschichte eines unsterblichen Mannes, der im Zentrum des Multiversums nach seiner Identität sucht. Es ist schon 2000 erschienen, aber bis heute kenne ich kein Spiel, das so originell, anspruchsvoll und witzig ist. Bei den Adventures sind meine Favoriten Riven und Exile aus der Myst-Reihe meine Favoriten. Unglaublich originell und poetisch.

Enchi: Wir von SchwarzesBayern sind ein Gothic- und Metal Webzine. Hast du Berührungspunkte zur schwarzen Szene?
Kaja: Ehrlich gesagt, im Augenblick kaum. Aber früher hatte ich einen guten Freund mit Kontakten zur Szene. Leider habe ich ihn aus den Augen verloren.

Enchi: Welche Literatur hat dich geprägt, womit bist du aufgewachsen? Wer war der (literarische) Held deiner Kindheit?
Kaja: Mich hat sicher nichts so geprägt wie die antiken Sagen, die mir meine Eltern schon sehr früh zugänglich gemacht haben. Mein Exemplar von Schwabs Die schönsten Sagen des Klassischen Altertums steht noch immer auf einem Ehrenplatz. Mein absolutes Lieblingsbuch war aber schon als Kind Homers Ilias. Mit neun Jahren war ich stolze Besitzerin der Übersetzung von Johann Heinrich Voß, die in sehr altmodischem Deutsch geschrieben ist, aber das hat mich nicht gestört. Ich hatte meine Freude daran. Trotz all der Helden rund um Troja war mein erster literarischer Held aber vermutlich Mehli, der Mehlkäfer aus Erwin Mosers Buch Ein Käfer wie ich. (lacht)

Enchi: Gibt es Inspirationen für Flügel aus Asche oder für einzelne Charaktere?
Kaja: Bestimmt gibt es die ein oder andere indirekte Inspiration. Die Dinge, die in meinem Kopf herumschwirren, tauchen früher oder später wieder auf, ohne dass ich weiß, woher irgendwann einmal die Inspiration dafür gekommen ist. Konkret kann ich gerade nur sagen: Die Figur Schwärmer wurde ein wenig von Platons Sokrates-Darstellung beeinflusst.

Enchi: Kannst du dich mit einem Charakter besonders identifizieren?
Kaja: Mit allen, weil ich sie erfunden und ihre Geschichte sozusagen miterlebt habe. Was nicht bedeutet, dass ich unbedingt alles gutheiße, was sie tun.

Enchi: Wie lange dauerte es von der ersten Idee bis zum fertigen Roman?
Kaja: Das ist ganz unterschiedlich. Im kürzesten Fall hat es neun Monate gedauert. Aber ich habe auch einen Roman in Arbeit, für den ich vor dreizehn Jahren die ersten Ideen hatte. Meistens trage ich die Ideen eine ganze Weile – mehrere Jahre – mit mir herum, ehe ich anfange zu schreiben.

Enchi: Was hat dich dazu bewogen, den Schritt in die Veröffentlichung zu wagen – war es lange geplant oder gab es einen Schlüsselmoment?
Kaja: Schon als Kind wollte ich Schriftstellerin werden. Ich hatte so viel Spaß an den Geschichten in meinem Kopf, dass ich sie mit möglichst vielen anderen Menschen teilen wollte. Aber wie die meisten Autoren habe ich einen langen Weg zurückgelegt und viele Absagen bekommen, ehe es mir gelungen ist, einen Verlag für meine Geschichten zu gewinnen. Ich hätte es ohne die Hilfe meiner Literaturagentur wohl kaum geschafft. Auf jeden Fall musste ich lernen, dass es mit Begeisterung allein nicht getan ist.

Enchi: Könntest du dir vorstellen, ein Buch (vielleicht sogar ein eigenes) zu illustrieren?
Kaja: Nein, lieber nicht! So etwas sollte meiner Meinung nach ein Profi tun. Es müsste schon ein ganz spezielles Buch sein, das ich mir vorstellen könnte zu illustrieren – die Abenteuer der Kringel auf dem Notizblock oder etwas in der Art.

Enchi: Buchverfilmungen sind in letzter Zeit stark im Trend. Was hältst du davon – tolle Möglichkeit, einem Buch ein Gesicht zu geben, oder unnötige Einschränkung der Fantasie des Lesers?
Kaja: Ein Problem an den Buchverfilmungen sehe ich gar nicht in der Einschränkung der Fantasie. Viele Bücher leben stark von ihrer Sprache, und auch wenn Bilder ihre eigene Magie enthalten, geht diese Sprachmagie bei der Verfilmung meistens verloren. Daher sehe ich mir nicht gern Verfilmungen von Büchern an, deren Sprache mich besonders beeindruckt hat. Ansonsten denke ich: Warum sollte man guten Geschichten nicht die Möglichkeit geben, gute Filme zu werden?

Enchi: In „Flügel aus Asche“ findet man viele Anspielungen auf Mythologie und antike Sagen. Besonders sticht das Motiv des Vogels heraus – Phönix, Roch, oder eher Harpyie? Was bedeutet es für dich?
Kaja: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn ich habe den Aschevogel erfunden, ohne dabei an konkrete Sagenwesen zu denken. Aber sicher ist er ein Verwandter des Phönix. Darauf, dass er auch Elemente von Harpyien haben könnte, bin ich noch gar nicht gekommen, aber es ist gut möglich.

Enchi: Welche Sage, Geschichte oder gar Roman sollte deiner Meinung nach jeder gelesen haben?
Kaja: Viele Menschen haben ja leider gar nicht die Möglichkeit zu lesen, daher ist es schon gut, wenn jemand überhaupt liest. Ich finde es sehr hilfreich und interessant, wichtige Bücher aus dem eigenen Kulturkreis zu kennen, weil es dabei hilft, viele Dinge zu verstehen – die eigene Geschichte, Symbolik, woher Ideen und Konzepte stammen und so weiter. Außerdem können sie sehr inspirierend sein. Heiße Tipps für unseren Kulturkreis wären wohl zum Beispiel Homers Odyssee und Ilias, Ovids Metamorphosen und die Bibel. Natürlich gibt es noch viele andere Klassiker, die ich unmöglich alle aufzählen kann. Aber wem das keinen Spaß macht – an Lesestoff herrscht ja nun wirklich kein Mangel, und ich denke, jeder sollte das lesen, was ihm Freude macht.

Enchi: Wie sieht die Zukunft für dich aus? Arbeitest du an neuen Projekten?
Kaja: Ja, auf jeden Fall. Ich beschäftige mich schon seit Jahren mit einer Romanreihe über die Ereignisse in einem fiktiven Stadtstaat, und es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht in Gedanken für eine kurze Zeit dorthin reise. Aber ich habe auch andere Ideen – zum Beispiel wollte ich immer schon über Nekromanten schreiben, für die ich eine Schwäche habe, jedenfalls in Geschichten – hm, gilt das als Berührungspunkt mit der Schwarzen Szene? (zwinkert)

Enchi: Ein paar abschließende Worte – was möchtest du SchwarzesBayern unbedingt sagen?
Kaja: Herzlichen Dank, dass ihr mein Buch hier vorgestellt habt! Das hat mich riesig gefreut!

Wessen Interesse jetzt geweckt wurde, der kann unter http://www.kaja-evert.de/index.php/startseite.html weiter stöbern, insbesondere Kajas Gedichte haben es mir persönlich angetan. Ansonsten heißt es nur noch wenige Tage abwarten, bis mit Flügel aus Asche ein Roman erscheint, der die Bücherregale bereichern wird.

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