anna-mocikat-swVor kurzem habe ich Euch MUC von Anna Mocikat vorgestellt. Beim Lesen des Buches und ihrer Homepage ergab sich noch die eine oder andere Frage, dank der Vermittlung des Knaur-Verlags (Danke, Frau Keßler!) beantwortete mir Anna diese während eines Interviews:

Horusauge: Hast du den beschriebenen Weg, den Pia verfolgen muss, um zum futuristischen München zu gelangen, persönlich nachverfolgt?
Anna Mocikat: Nein, ich habe Höhenangst und schaue mir die Berge lieber aus sicherer Entfernung an, nämlich von unten. Aber sobald Pia im Voralpenland angekommen ist, kenne ich mich richtig gut aus. Ich lebe – mit kleinen Unterbrechungen – seit 1997 in München und bin im Chiemgau aufgewachsen. Deswegen bezeichne ich MUC ja auch als „postapokalyptischen Heimatroman“.

H.: Beim Lesen von MUC fühlt man sich oft in den Ablauf hineingezogen, ähnlich einem Computerspiel. Konntest du hierbei auf deine Erfahrungen als Videospiel-Writerin zurückgreifen?
A.M.: Eher auf die Erfahrungen als Drehbuchautorin. Ich denke sehr visuell, sehe im Grunde den fertigen Film vor meinem geistigen Auge und schreibe einfach das nieder, was ich sehe. Aber ich bin passionierte Videogamerin und lasse mich gerne von Videospielen inspirieren. Gamer werden mit Sicherheit so manches Spiel in MUC wiedererkennen, von dem ich mich habe inspirieren lassen.

H.: Den im Buch beschriebenen Marktplatz versetzt du an den Marienplatz (anstatt wie heute am Viktualienmarkt), hier befand er sich schon einmal in der älteren Stadtgeschichte von München. Bist du an der Historie Münchens interessiert, und hast du dieses Detail bewusst eingesetzt?
A.M.: Ich bin zwar an der Münchner Stadtgeschichte interessiert, habe mich aber beim Schreiben von MUC weniger daran orientiert. Ich habe mir ein postapokalyptisches München vorgestellt, in dem die Menschen täglich aufs Neue ums Überleben kämpfen müssen und das von unbändiger Natur umringt ist. Dass in dieser Welt der Marienplatz das Herz der Stadt ist, war für mich irgendwie klar. Aber etliche Gebäude und Orte habe ich auch zweckentfremdet. Der Gasteig zum Beispiel ist kein Hort der Kultur mehr, sondern ein fieses Foltergefängnis.

H.: Der Hades nimmt einen großen Raum innerhalb des Buches ein. Im Untergrund begegnen einem vor sich hin rostende U-Bahnen mit skelettierten Passagieren, ein sehr schön aufgebautes Szenario. Was war der Auslöser für diese Idee?
A.M.: Der MVV (lächelt). Jeder Münchner kennt es, dass auf die U- und S-Bahnen nicht immer Verlass ist – vor allem dann, wenn man es eilig hat. Wenn ich mal wieder in einer überfüllten U-Bahn saß, die gefühlte Ewigkeiten in einer Röhre feststeckte, habe ich mir überlegt, ob wir wohl so lange hier stehen werden, bis wir alle skelettiert sind.

H.: Die Leitung des Hades wird von einer Frau übernommen. War dir dies ein besonderes Anliegen im Gegensatz zu den starken männlichen Anführern anderer Geschichten?
A.M.: Auf jeden Fall. Die stereotypen Frauenfiguren in Literatur, Filmen und Games langweilen mich. Warum müssen Frauen immer als Übermütter oder rehäugige „damsel in distress“ dargestellt werden? Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat untersucht, in wie vielen Filmen Frauen eine tragende Rolle spielen oder sich über was anderes unterhalten als den männlichen Helden. Das Ergebnis war ziemlich niederschmetternd – und peinlich für die kreative Branche. Mir ist es wichtig, interessante Frauenfiguren zu erschaffen, mit denen sich sowohl Frauen als auch Männer identifizieren können.

mocikat-mucH.: Wenn du die gleiche Reise wie Pia antreten würdest, welche drei Dinge würdest du mitnehmen?
A.M.: Oh je. Ich fürchte, ich würde Pias Reise nicht einen Tag überleben, egal mit welchen Hilfsmitteln! Aber es gibt drei „Dinge“, die ich eigentlich immer um mich haben will: meinen Mann und meine zwei Hunde.

H.: Eine Verfilmung des Buchstoffes wäre sicherlich interessant, Erfahrung dafür bringst du auch mit. Könntest du dir das vorstellen?
A.M.: Ich habe zwar den Trailer zu MUC gedreht, aber bei einer Verfilmung des Romans würde ich die Regie doch lieber an jemanden abgeben, der mehr Erfahrung mit actionreichen Stoffen hat als ich. Da MUC aber sehr stark von seinen Bildern und Locations lebt, wäre eine Verfilmung ziemlich aufwendig und teuer. In Deutschland sind die Filmbudgets jedoch ziemlich begrenzt, insofern kann ich mir eigentlich kaum vorstellen, dass eine Verfilmung hierzulande möglich wäre.

H.: Als Add-On zu MUC erscheint am 2. März Robins Reise im Knaur Verlag, wird es etwas Ähnliches auch in Bezug auf Falk geben? (Dieser bekommt seinen Einsatz innerhalb von MUC, seine Spuren verlieren sich aber nach einiger Zeit.)
A.M.: Gut beobachtet! Ich verrate jetzt einfach mal, was außerhalb des Verlages noch niemand weiß: Falk wird sowohl ein eigenes Add-On bekommen, als auch eine tragende Rolle in MUC2 spielen. Wer sich also fragt, was dieser Typ wohl im Schilde führt und wer er wirklich ist, wird voll auf seine Kosten kommen!

H.: Gibt es für dich eine feste Tageszeit, um dich an den Schreibtisch zu setzen und zu schreiben?
A.M.: Ja. Für mich ist die Schriftstellerei ein Fulltime-Job. Vormittags erledige ich meine Büroarbeit, wozu zum Beispiel auch dieses Interview zählt. Der Nachmittag ist dann fürs Schreiben reserviert. Ich habe ein bestimmtes Pensum, das ich täglich erreichen will, und ehe ich das nicht geschafft habe, gibt’s auch keinen Feierabend. Normalerweise gehört das Wochenende dann meinem Mann, Familie und Freunden, doch im Moment arbeite ich unter Hochdruck an MUC2 und schreibe daher auch samstags.

H.: Willst du vielleicht auch mal in die Fußstapfen deines Lieblingsautors Stephen King treten und einen Thriller schreiben? Was für Pläne hast du für die Zukunft?
A.M.: Ich könnte mir durchaus vorstellen, auch mal einen Thriller- oder Horrorstoff zu entwickeln. Aber im Moment gibt es noch aus dem MUC-Universum so vieles zu erzählen, dass ich wohl in nächster Zeit dem Endzeit-Genre treu bleiben werde. Ich habe jedoch ein Notizbuch voller unterschiedlicher Story-Ideen, und wenn die Leser mich wollen, dann werde ich noch viele Romane schreiben. Fest steht allerdings, bei mir wird es immer düster zugehen. Einen Liebesroman oder eine Romantic Comedy wird’s von mir wohl niemals geben – außer es kommen Zombies, Skelette oder die Apokalypse darin vor.

Liebe Anna, vielen Dank für das Interview, ich freue mich schon auf die Fortsetzung von MUC!

MUC beim Verlag Droemer-Knaur
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