Bücher wohin das Auge blickt

Prag ist immer eine Reise wert. Selbst nach zahlreichen Besuchen der goldenen Stadt gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Diesmal führte der Weg zum Kloster Strahov, und das aus einem ganz besonderen Grund. Doch dazu später mehr.

Die Königliche Kanonie der Prämonstratenser von Strahov ist eine Abtei des Prämonstratenser-Ordens (größter römisch-katholischer Orden von Chorherren) im Prager Stadtteil Hradčany.

Neben Klosterkirche und St.-Rochus-Kirche war für mich ein Teil des Klosters besonders interessant. Als Bücherwurm fühlte ich mich in der Bibliothek von Strahov wie in einem Traum. Insgesamt enthält die Sammlung der Bücherei circa 200.000 Bücher, Handschriften, Alt- und Erstdrucke. Die zwei Säle können für 400 Kronen mit einer Führung besichtigt werden, so kommt man den großen Werken ganz nah. Der theologische Saal entstand in den Jahren 1671 bis 1679 nach dem Entwurf des Architekten Giovanni Domenico Orsi, von dem auch die Stuckverzierungen an der Decke stammen. Die Bücher hier sind mit geschnitzten Holzkartuschen verziert, sodass man sie der jeweiligen Literaturart schneller zuordnen konnte. Damit ist dies das erste Bibliothekarshilfsmittel. Seit 1790 lagern in diesem Saal nur noch die theologischen Werke.
Im Raum befindet sich eine Statue von Johannes dem Täufer, der in den Händen ein Beutelbuch trägt. Ferner wird hier noch ein weiteres interessantes Exponat ausgestellt: das Kompilationsrad. Dieses Pult diente dem Zusammensetzen von Texten. Die Bücher, die in den Regalen des Rades stehen, werden durch einen Sondermechanismus gestützt, sodass sie nicht herausfallen können. Die Globen in der Mitte des Raumes verleihen der ganzen Atmosphäre noch eine besondere Note a la Galileo. Absolutes Gänsehautfeeling, wenn nicht die ganzen anderen Touristen wären.

Der philosophische Saal ist wahrlich sehr beeindruckend. Er ist 32 Meter lang, 10 Meter breit und 14 Meter hoch und bis unter das imposante Deckengemälde von Anton Maulbertsch mit Büchern bestückt. Mit geweiteten Augen starrt der Besucher in die Höhe und versucht auch noch im kleinsten Winkel die Details des „Weges der Menschheit zur Weisheit“ zu erhaschen. Der Blick wandert weiter zu den Regalen mit den vorwiegend wissenschaftlichen Büchern über Mathematik, Astronomie, Jura oder Medizin. Die Wendeltreppen, die zur Galerie führen, und die Regale selbst sind aus Nussbaum gefertigt. Eine hervorragende Qualität, die sich über die fast 300 Jahre sehr gut gehalten hat.

In dem Gang, der die Säle miteinander verbindet, findet man verschiedene kuriose Exponate und Sammlungen. Hierzu gehört zum Beispiel ein Modell eines alten Kriegsschiffes, Kanonenkugeln und Militärbekleidung. Die ausgetrockneten Meeresbewohner in der Vitrine rechts neben dem Kriegsschiff sind ziemlich schaurig. Die große Muschelsammlung bringt den Besucher nur zum Staunen.

Auch wenn die Ausstellung recht klein ist, es lohnt sich dort vorbeizuschauen. Gerade als Leseratte und Liebhaber alter Bücher und Werke kommt man hier auf seine Kosten und fühlt sich dadurch gleich in die Vergangenheit zurückversetzt.
Für 80 Kronen kann der Besucher die Bibliothek auch ohne Führung besichtigen, dann aber auch ohne direkten Zutritt zu den Sälen.

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