Such a Shame? – Definitiv nicht!

 

Synthiepop vom Feinsten ist am 01.02. im Backstage Club geboten, Solar Fake kommen endlich auf eine Headlinertour, nachdem viele Fans sie im April 2013 beim Dark Munich Festival wegen überfüllter Location nicht sehen konnten. Viel muss man zu dem Zwei-Mann-Projekt um Sven Friedrich nicht sagen, der nach erfolgreichen Jahren mit den Dreadful Shadows und Zeraphine hier jetzt seine elektronische Ader auslebt. Drei Alben gibt es mittlerweile, die voller Ohrwürmer stecken, und das aktuelle Reasons to kill soll auf dieser Tour vorgestellt werden. 

Der Backstage Club füllt sich auch zunehmend, sodass es sehr kuschelig wird (auf der Galerie läuft zudem eine infernalische Heizung) und eine grandiose Stimmung verspricht. Viele Fans sind in Band-Longsleeves und –Shirts gekleidet und freuen sich sichtlich auf einen Abend mit einer der zur Zeit besten Synthiepop-Bands.
Zuerst gibt es aber noch eine Vorgruppe, nein, ein Vorgruppen-Ein-Mann-Projekt namens Janosch Moldau. Mir persönlich war der Musiker leider völlig unbekannt, sodass ich mich erst einmal ein wenig einlesen musste: Das Synthie-Projekt gibt es bereits seit 2004, 2005 erschien das erste Album Redeemer, das schon ein Achtungserfolg war. Seither sind zwei weitere reguläre Alben sowie eine Remix-CD erschienen, und Janosch Moldau tourte mit namhaften Bands wie De/Vision, Project Pitchfork oder 18 Summers.

janosch-mDas klingt doch alles schon mal ganz vielversprechend, und so bin ich gespannt auf die Dinge, die da kommen. Zusammen mit seinem Korg-Synthesizer, einer von Zeit zu Zeit eingesetzten Gitarre und interessanten Videoanimationen auf einer Leinwand unter dem Synthesizer bemüht sich Janosch Moldau um eine raumfüllende Bühnenpräsenz, was aber für eine Person naturgemäß etwas schwierig ist. Insgesamt wirkt er auch eher introvertiert, trotz gelegentlicher Ausflüge an den Bühnenrand und Aufforderungen ans Publikum, mitzuklatschen, was allerdings nur sehr zögerlich erwidert wird. Nach den ersten recht eingängigen und flotten Synthiepop-Songs wird die Musik leider auch immer ruhiger und in sich gekehrter, die Gespräche im Raum sind hier fast lauter als das Bühnengeschehen. Die Lieder haben alle durchaus ihren Reiz, sind aber als Material für eine Vorgruppe, die das Publikum für eine energiegeladene Band wie Solar Fake anheizen soll, meiner Meinung nach wenig geeignet. In einem anderen Rahmen, mit anderer Atmosphäre kann man die Musik von Janosch Moldau sicher gut auf sich wirken lassen, hier an diesem Abend geht sie leider an mir, meinen Begleitern und dem Großteil des Publikums weitestgehend vorbei.

solar-fakeNach kurzer Umbaupause entern dann Solar Fake unter jubelndem Beifall die Bühne. Sven Friedrich wie gewohnt am Mikro und Frank … stopp, wer ist das eigentlich da am Keyboard? Gab es einen Besetzungswechsel bei Solar Fake? Nein, Keyboarder Frank ist seit einiger Zeit gesundheitlich angeschlagen und wird seit Dezember bei Live-Auftritten von André Feller vertreten, einem alten Dreadful-Shadows-Weggefährten. Er ist sehr viel extrovertierter als Frank, was ich am Anfang ein wenig gewöhnungsbedürftig finde, doch er und Sven sind ein eingespieltes Team, das merkt man, und das ist ja das Wichtigste.
Die Band beginnt mit dem energischen Ohrwurm „I hate you more than my Life“, dem Eröffnungstrack des aktuellen Albums Reasons to kill, und hat das Publikum damit sofort auf ihrer Seite. Es folgt als zweiter Track, analog zur CD, „Face me“, ebenfalls perfekt geeignet, um die Halle mit seinem energischen und druckvollen Refrain aufzupeitschen.
Mit „No Apologies“ vom zweiten Album Frontiers wird es richtig tanzbar, und die ersten Reihen vor der Bühne sind kräftig in Bewegung.
Eine erste Verschnaufpause gibt es mit „Here I stand“ vom Debütalbum Broken Grid, einem wunderschönen Midtemposong, bei dem Sven seine stimmlichen Qualitäten voll ausleben kann.
Aktueller und wieder hochgradig tanzbar wird es dann mit „Change the View“ vom neuen Album, das mit treibendem Rhythmus und schönem Refrain punkten kann.

Mit dieser bunten Mischung aus allen drei Alben geht es weiter, „Radical“ (eins meiner liebsten vom Debütalbum), „More than this“, „Reset to default“ oder „Parasites“ feuern die Stimmung im Club immer weiter an, das Publikum jubelt euphorisch, und Sven bedankt sich immer wieder gerührt für die Begeisterung und die tolle Stimmung.
Als mit „Where are you“ eines ihrer schönsten Lieder erklingt, habe sicher nicht nur ich einen leichten Kloß im Hals. Diese Melodie zusammen mit dieser Stimme, diese traurig-schöne Atmosphäre, die der Song ausstrahlt – da darf man kurz innehalten und einfach nur genießen.

Mitreißend geht es weiter, bis schließlich meine persönliche Überraschung des Abends kommt – das Linkin-Park-Cover „One Step closer“. Im Original hat es mich so mittelprächtig mitgerissen, in der Version von Solar Fake schon eher zum Mitwippen gebracht, aber jetzt live auf der Bühne knallt das Lied dermaßen gut, dass ich einen Moment wirklich sprachlos bin. Die elektronisch-brachiale Bearbeitung sowie Svens energiegeladene Performance machen den Song zu einem wirklichen Highlight. Hut ab, da war ich wirklich beeindruckt.
Nach dem extrem ruhigen „The Pages“, der Single-Auskopplung aus der aktuellen Platte, verabschiedet sich die Band kurz, um sich aber ohne viele Umstände gleich darauf zur Zugabe zurückklatschen zu lassen.
In zwei kleinen Blöcken werden die Fans noch mit Highlights wie „Under the Skies“, „Hiding Memories“ und natürlich dem unverzichtbaren „Such a Shame“ gefüttert, bis um kurz nach halb elf dann endgültig Schluss ist und alle zufrieden nach Hause (oder zur Aftershowparty bei Pop! im Nox) gehen.

Fazit: Solar Fake waren grandios gut, Sven singt live mindestens so gut wie auf Platte, der Ersatzkeyboarder hat viel zur Stimmung auf der Bühne und im Publikum beigetragen – nichtsdestrotrotz freue ich mich aufs Amphi, wo hoffentlich Frank wieder mit an Bord ist.
Janosch Moldau haben auf jeden Fall einen guten Auftritt abgeliefert, der in seiner extrem ruhigen Form allerdings vielleicht besser zu einer anderen Hauptband gepasst hätte.
Einziges wirkliches Manko an dem Abend: der Sound. Auf der Galerie im Club war er erträglich, auf der Treppe hat es gedärmerschütternd gedröhnt, und vor der Bühne war es auch nicht viel besser. Das wäre definitiv besser gegangen!

Abgesehen davon aber ein toller Abend und ein Erfolg für Solar Fake als Headliner.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Setlist Solar Fake:
I hate you more than my Life
Face me
No Apologies
Here I stand
Change the View
Radical
More than this
Reset to default
Parasites
Where are you
Pain goes by
My Spaces
One Step closer
The Pages

Under the Skies
Such a Shame
Hiding Memories
Your Hell is here

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