Ein Abend unter Wölfen

Was hilft besser gegen den Montagsblues als zwei abgefahrene Bands mit spannender Herangehensweise an das Genre „Black Metal“? Richtig: Gar nichts. Deswegen fanden sich an einem lauen Montagabend im Feierwerk (Hansa 39) auch nach einem proppenvollen Konzertwochenende einige schwarzgewandete Menschen ein, die sich Wolvennest und Wolves in the Throne Room nicht entgehen lassen wollten – genug, um für ordentlich Stimmung zu sorgen, aber nicht so viele, dass man wie die Sardinen vor der Bühne gestanden hätte, was bei den Temperaturen sehr, sehr angenehm ist.

_DSC2789Das überbordende Räucherwerk auf der Bühne kündigt an, dass es langsam losgeht: Wolvennest aus Belgien lassen das Intro nicht ausklingen, sondern legen überpünktlich los. Der Sechser wartet mit den drei (!) Gitarristen M. Kirby, M. De Backer und C. von Burtle auf, die sofort einen Teppich aus stark verzerrten, repetitiven Riffs ausrollen, der von J. Marx am Bass den nötigen Druck bekommt, während Drummer Braminator alles zusammenhält. Das Ganze wird jedoch so drückend und so unangenehm laut, dass wir uns ganz nach hinten flüchten müssen – „bis 11 aufdrehen“ ist eben nicht immer die beste Idee. Die Belgier arbeiten sich durch ihr Debütalbum Void, das sich am besten als „Neofolk goes Acid Rock“ beschreiben lässt. Untermalt wird das Ganze von hypnotischen Videos, die mal irre Flüge über eine schwarz-weiße Küstenlandschaft zeigen, mal eine Art schamanisches Ritual, aber immer verwackelt, immer mit irren Effekten unterlegt. Das Tüpfelchen auf dem i setzt Frontfrau Shazzula, die sich zunächst ordentlich anstrengen muss, um die Gitarren zu übertönen (was sich im Laufe des Konzerts allerdings bessert). Neben ihrer Stimme steuert die Dame auch noch die Synthies bei und glänzt am Theremin; insbesondere Letzteres sorgt für wirklich abgefahrene Akzente. Trotz der extrem in den Ohren drückenden Soundwand versetzen Wolvennest das Feierwerk schon bald in Trance; das Publikum nickt sich durch die Midtempo-Stücke, die ohne Pausen fließend aneinandergereiht werden. Dabei erinnern die Belgier streckenweise an den Hauptact des heutigen Abends, verwenden Black-Metal-Riffs und ein bisschen Blastbeat ebenso wie Elemente aus dem Occult Rock der Siebzigerjahre. Die Mischung geht voll auf: eine Stunde Konzert vergeht wie im Flug, und hinterher mag der ein oder andere aufgewacht sein und sich gefragt haben, was man da eigentlich gerade gesehen hat. Absolute Hörempfehlung für Void und die perfekte Einstimmung auf die Wölfe im Thronsaal!

_DSC2931Nach einer kleinen Umbaupause und einer weiteren zeremoniellen Ausräucherung betreten Wolves in the Throne Room die Bühne. Die Amerikaner um die beiden Brüder Aaron und Nathan Weaver (Gitarre und Vox) haben ihr neues Album Thrice Woven im Gepäck, eröffnen aber mit „Thuja Magus Imperium“ von der Celestial Lineage. Hier ist der Sound von Anfang an klarer, leiser und insgesamt angenehmer, sodass die Wölfe ihre Soundlandschaften einwandfrei bis in die letzte Reihe transportieren können. Live unterstützt werden die Brüder dabei von Trevor Deschryver an den Drums, Gitarrist Kody Keyworth und Keyboarderin Brittany McConnell. Nach dem Zehnminüter zum Einstieg geht es mit „Born from the serpent’s eye“, dem Eröffnungstrack des neuen Albums, weiter – auch hier gibt es keine richtigen Pausen; wenn Wolves in the Throne Room die Instrumente gerade einmal nicht bedienen, läuft Ambient-Hintergrundmusik: verzerrte Synthie-Wassertropfen sorgen für stimmungsvolle Übergänge zwischen den Songs. Ähnlich wie bei Wolvennest werden hier immer wieder Black-Metal-Riffs und rasender Blastbeat mit Synthie-Sounds und Gesängen vermischt, allerdings sind letztere bei Wolves in the Throne Room nicht (mehr) allzu dominant, sondern unterstützen die Raserei eher. Die schnellen Nackenbrecher werden zudem immer wieder unterbrochen von langsamen, atmosphärischen Passagen (und bei manchen Songs sogar mit gesprochenen). Klare Frauenstimmen setzen ein Gegengewicht zu den rauen Vocals, die die ganze Bandbreite von tiefen Growls bis hin zu hohem Gekreische abdecken. Wir bleiben die nächste halbe Stunde mit „Angrboda“ und „Fires roar in the palace of the moon“ erst einmal bei Thrice Woven, mit dem die Band nach ihrem eher mit gemischten Gefühlen aufgenommenen Ambient-Experiment Celestite wieder zu ihren musikalischen Wurzeln zurückgekehrt ist, und lassen uns Bilder von schier unendlichen Wäldern, noch nass vom Regen, das Unterholz halb vom Nebel verschluckt, in den Kopf setzen, während eifrig die Haare geschüttelt werden. Nackenschmerzen muss man bei den vielen Breaks jedoch nicht befürchten – was das betrifft, ist die Musik wirklich gut ausbalanciert. Mit „Prayer of transfomration“ geht es dann wieder zurück zur Celestial Lineage, ehe das epische „I will lay down my bones among the rocks and roots“, das entsprechend abgefeiert wird, vom sensationellen Album Two Hunters den Konzertabend beschließt.

Abgesehen vom streckenweise unterirdischen Sound bei Wolvennest ein absolut gelungenes Konzert zweier Bands, von denen man sich die erste unbedingt merken sollte und die andere nicht genug hören kann!

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(mit Tendenz zu fünf Moshern)

Setlist Wolves in the Throne Room:
Thuja Magus Imperium
Born from the serpent’s eye
Angrboda
Fires roar in the palace of the moon
Prayers of transformation
I will lay down my bones among the rocks an roots

 

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