Hoch die Trinkhörner!

Kein Free & Easy ohne einen zünftigen Pagan-Metal-Abend, und so hat sich auch dieses Jahr wieder ein wildes Heer aus fünf Bands zusammengetan, um dem Heidenvolk ordentlich einzuheizen (buchstäblich, die Hitze hat München fest im Griff). Noch erfreulicher finde ich ja, dass das Backstage und MRW Concert Promotion & Booking immer die Perlen unter den eher unbekannteren Bands aus dem Ärmel zaubern und man so jedes Jahr neue großartige Truppen aus diesem Genre entdeckt. Daher freue ich mich also auf Interregnum, Cruadalach, Brezno, Knaat und Abinchova und einen schweißtreibenden Abend mit hoffentlich feierwütigem Publikum.

dsc_7077Interregnum aus Österreich, genauer gesagt aus Graz in der Steiermark, entern als erste die Bühne, fesch in Lederhosen und identische schwarze Westen gewandet und hochmotiviert, uns ihren Viking-Death-Metal mit ordentlich Schmackes um die Ohren zu hauen. Das funktioniert auch hervorragend, Songs wie „Urgewalt“ oder „Steiermark“ knüppeln gut, auf der Bühne herrscht ordentlich Bewegung, davor nickt sich das Publikum schon mal warm. Interregnum erfinden das Rad mit ihrem Sound nicht neu, machen aber gute Stimmung und liefern eine sehr solide Leistung ab. Und das Lieblingsgetränk aller Metaller, „Biar“ (sic!) zu besingen, ist ja auch nicht verkehrt.

 

dsc_7175Bei Cruadalach aus Tschechien, die wie Interregnum das erste Mal in München spielen, wird es voll auf der Bühne: eine Flötistin, zwei Geigerinnen, Bass, zwei Mal Gitarre, Schlagzeug und Springteufel Jan Vrobel am Mikro. Der Sound kann also nur druckvoll werden, was die Tschechen auch ab dem ersten Ton unter Beweis stellen. Die Mischung aus Folk, Metal und Hardcore ist zuerst ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber die Truppe ist grundsympathisch und hochmotiviert, Sänger Jan hüpft und rennt ohne Unterbrechung über die Bühne (und das laut Facebook-Seite nach einer heftigen Lebensmittelvergiftung) und auch mal ins Publikum. Man merkt, wie sehr den MusikerInnen ihre Band und ihre Musik am Herzen liegen. Die teils in Tschechisch, teils in Englisch verfassten Songs (wie z.B. das mitreißende „Shiva World Dance Party“, „Life worshipping Bastards“ oder „Rebel against me“) machen wirklich Laune, und in den ersten Reihen fliegen bereits die Haare. Guter Auftritt!

dsc_7259Etwas epischer und melodischer wird es danach mit den Slowenen Brezno, die zum ersten Mal überhaupt in Deutschland spielen. Musikalischer und optischer Mittelpunkt des Bühnengeschehens ist die bildhübsche Sängerin Sara Jeremič, die eine wirklich zauberhafte Stimme hat und die komplett auf Slowenisch verfassten Songs zusammen mit Gitarrist Luka Žnideršič eindringlich vorträgt. Besonders gefallen mir hier „Solze“, „Krst“ oder „Žanjica“. Doch Sara kann auch amtlich growlen, die Haare rotieren sowieso die meiste Zeit. Die Band wird frenetisch bejubelt – absolut zu Recht -, die ersten Publikumsreihen bangen geschlossen, und die MusikerInnen danken es mit einer Wahnsinnsshow. Die Folk- und epischen Passagen des Bandsounds kommen zwar aus dem Instrument von Keyboarderin Katarina, doch ist alles gut aufeinander abgestimmt. Brezno werde ich mir definitiv merken und hoffentlich auch noch mal live sehen.

dsc_7334Die vierte Band des Abends, Knaat, absolviert ein Heimspiel, dementsprechend voll ist die Backstage Halle dann auch. Vom ersten Ton an haben Sänger Max und die anderen Jungs das Publikum fest im Griff, schon nach wenigen Songs gibt es die erste Wall of Death – zwar noch etwas zögerlich, aber mit Potenzial -, und als Fotograf hat man mehr herumfliegende Haare vor der Kamera als Musiker. Pagan Metal macht einfach Laune, vor allem wenn er so energisch und leidenschaftlich vorgetragen wird wie von den sechs Münchnern. Die großen Namen des Genres sind da schnell vergessen bei Songs wie dem neuen Track „Als ich starb“ (?), dem „Schenkentanz“, bei dem wirklich die ganze Halle mitgrölt und dem großartigen Abschluss, „Die Lichtung“, bei dem das Publikum im Moshpit noch mal alles gibt.
Knaat muss man sich merken als Pagan-Metal-Fan, wenn man sie nicht sowieso schon lange kennt.

dsc_7480Beim Hauptact Abinchova aus der Schweiz leert sich die Halle leider dann merklich, es ist allerdings auch schon spät, kühler wird es auch nicht, und die eine oder andere S-Bahn will auch erwischt werden. Das ist etwas schade für die hochmotivierten Schweizer, deren Auftritt sich genauso lohnt wie die der vier bisherigen Bands. Leider ist hier der Sound nicht optimal, scheint es mir, das Schlagzeug scheppert etwas, und der Gesang von Keyboarderin Patricia ist quasi nicht zu hören. Sänger und Wirbelwind Arnaud macht davon vieles wieder wett, Songs wie „Vom grünen Grund“, „Hundert Raben“ oder „Echo“ knüppeln gut, und Gastgeigerin Eliška von Cruadalach kann ebenfalls schöne Akzente setzen.

Fazit: Ein langer und schweißtreibender Abend, der sich aber rundum gelohnt hat. Mein persönliches Highlight waren die Slowenen Brezno, die Stimmung bei Knaat war gigantisch, und alle Bands haben sehr gute Leistungen abgeliefert. Ich finde es immer schön, wenn man unbekanntere Gruppen auf die Bühne holt, die man sonst nicht oder nur sehr selten zu sehen bekäme – die musikalischen Neuentdeckungen lohnen sich fast immer. Also, ihr Pagan-Metal-Fans da draußen, wenn ihr die Bands dieses Abends noch nicht kennen solltet, hört mal rein!

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

 

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