Go with the Flow oder Die Nacht der Vollbärte

 

Under the black Moon ist ein neues Minifestival, das sich Stoner, Doom, 70ies-(Retro)-Rock und anderen psychedelisch-rockigen Spielarten des Metal widmet. Weitere Abende dieser Art sollen folgen, und man darf gespannt sein, was sich die Veranstalter da zur Bandauswahl einfallen lassen. Der heutige Abend klingt jedenfalls mehr als viel versprechend, und mit Pentagram als Headliner hat man eine absolute Legende verpflichtet. 

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Umso erstaunter bin ich, als ich mich an der gefühlt zwei Kilometer langen Einlassschlange für Powerwolf (die nebenan im Werk spielen) in die Halle vorgekämpft habe und außer mir genau zehn weitere Besucher vor Ort sind. Es ist zwar noch früh am Abend, aber wenn das so bleibt, wäre das schon arg enttäuschend.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die erste Band, Black Voodoo Train aus München, mit einer halben Stunde Verspätung auf die Bühne geschickt wird, bis dahin haben sich dann doch etwa 40-50 Zuschauer eingefunden, und der Abend kann beginnen.
Black Voodoo Train ist eine sehr junge Band, die sich auf instrumentale Psychedelic-Sounds spezialisiert hat und diese mit großer Leichtigkeit und Entspanntheit herunterzockt. Ansagen sind spärlich, Liedtitel gibt es keine, hier zählt die Musik, hier zählt der Flow. Das Publikum traut sich noch nicht so recht an die Bühne heran, nickt jedoch wohlwollend mit dem Kopf. Mir gefällt’s richtig gut, und ich werde die Band definitiv im Auge behalten.

carousel4Alles andere als entspannt geht es mit den Amerikanern von Carousel weiter, die zum ersten Mal in Europa spielen und vom ersten Ton an klarmachen, warum sie hier sind. „We play Rock’n’Roll!“ Ab geht die Post, dem Publikum wird astreiner Heavy-/Hard-Rock’n’Roll in bester AC/DC– oder Motörhead-Manier um die Ohren geblasen, mit eindeutiger 70er-Schlagseite. Schnell und dreckig sind die Lieder vom ersten Album Jeweler’s Daughter, das seit August auf dem Markt ist. Auffällig ist die Positionierung von Sänger/Gitarrist Dave Wheeler auf der linken Seite der Bühne (vom Publikum aus gesehen), durch die die Aufmerksamkeit auf die gesamte Band und die perfekten Rockposen gelenkt wird. Das Publikum ist leider auch hier noch verhalten, obwohl mittlerweile etwas zahlreicher vertreten. Schade, auch wenn Carousel nicht meine Art Musik spielen, legen sie einen guten Auftritt hin und würden etwas mehr Beifall verdienen.

cultbmr1Nun wird es düsterer und schwerer, cult of the Black Moon Risin’ aus München bereiten ihren Auftritt mit vielen Kerzen und diversen Schädeln als Bühnendekoration vor. Die Band firmierte bis vor kurzem noch unter dem Namen Botox Combo und spielte im Sommer das erste Mal als Black Moon Risin’ auf dem Free&Easy. Stilistisch scheint sich nicht viel geändert zu haben, was ich herausfinden konnte, die Band hat sich dem düsteren Heavy-Rock à la Black Sabbath, aber auch etwas rotzigeren Bands wie den Hellacopters oder Gluecifer verschrieben. Die Musik geht folglich auch absolut in Ordnung, mal schwer, mal direkt nach vorn, einzig die Stimme des Sängers kann mich nicht so ganz mitreißen. Vielleicht ist er auch nur zu sehr in den Hintergrund gemischt? Die Zuschauer stört es offensichtlich aber nicht, in den ersten Reihen entsteht richtig viel Bewegung zu Songs wie „Witches Eye“, „Motherless Child“ oder „Sign“, die Band ist bekannt und beliebt und schafft es den ganzen Auftritt über, die Begeisterung im Publikum noch zu steigern.
Am 12.10. spielen cult of the Black Moon Risin’ übrigens im Strøm, wer noch einen Nachschlag möchte.

heat2Als dritte deutsche Band des Abends kommen als Nächstes Heat aus Berlin auf die Bühne, die mir vom ersten Ton an richtig gut gefallen. Astreiner Retro-70er-Rock, wie er zur Zeit zwar angesagt, aber deswegen ja nicht schlecht sein muss. Heat brauchen sich auf keinen Fall hinter großen Namen wie Orchid, Witchcraft oder Graveyard verstecken, selbst ein längeres technisches Problem wird souverän mit einer ausgedehnten Jam-Session überbrückt, die keine Langeweile aufkommen lässt. Das Songmaterial speist sich (vermutlich, auch hier gab’s wenig Ansagen) aus dem digital erhältlichen Album der Berliner, Old Sparky, das auf der Bandcamp-Seite der Band erworben werden kann. (http://heatberlin.bandcamp.com/)
Offensichtlich treffen Heat nicht nur meinen Geschmack, sondern auch den der – inzwischen doch proppenvollen – Halle, überall fliegen die Haare zu diesem herrlichen Siebzigerrock, oder es wird zumindest energisch mitgewippt. Aus den Jungs könnte noch was Größeres werden!

pentagram2Nach der letzten Umbaupause des Abends ist es dann schließlich soweit: Pentagram, die Legende, das Urgestein des Doom, auf einer Münchner Bühne. Seit 1971 gibt es die Band, hat viele Turbulenzen und Besetzungswechsel überstanden und ist immer wieder zurückgekommen. Sänger und einzig verbliebenes Urmitglied Bobby Liebling sieht man die lange Rock-Karriere an, doch er wirkt frisch und jederzeit zu einem Scherz aufgelegt. Als die Band die Bühne betritt, bricht um mich herum die Hölle los, vor allem (wie so oft bei Konzerten von Szene-Legenden) flippt vor allem die Jugend vollkommen aus vor Glück, die Helden live erleben zu dürfen. Die ersten Reihen brodeln und eruptieren, was Bobby Liebling mit breitem Grinsen zur Kenntnis nimmt. Einen Klassiker nach dem anderen jagen er und seine deutlich jüngeren Mitstreiter in die Menge, von „Sign of the Wolf“ über „Madman“ zu „Petrified“ sowie viele andere. Dabei posiert und grimassiert Bobby, dass es eine wahre Freude ist. Nicht nur die männlichen Zuschauer sind übrigens von der Show mitgerissen, eine Dame im Publikum lässt es sich nicht nehmen, zur allgemeinen Begeisterung ihren BH-losen Oberkörper zu entblößen. Nicht nur Bobby war da sehr erfreut.
Zur Zugabe musste ich dann leider gehen, es war schon sehr spät geworden. Doch auch der letzte Teil des Auftritts war sicherlich so professionell, wahnsinnig, unterhaltsam und einzigartig wie der Rest. Pentagram sind eine Macht, Bobby Liebling immer noch fantastisch bei Stimme, und die Musik geht sofort in Beine und Nacken. Was will man mehr.

Setlist Pentagram:
Treat me right
Forever my Queen
Ask no more
Sign of the Wolf
Review your Choices
Madman
Screams
Dying World
Petrified
Relentless
8
All your Sins
Be forewarned
Ghoul
20 Bucks

Fazit des Abends: Ich hoffe sehr, dass es noch weitere Festivals dieser Art geben wird, mit einer guten Mischung aus noch unbekannteren Bands und größeren Namen. Trotz der starken Metal-Konkurrenz im Werk war diese Veranstaltung schließlich auch mehr als nur gut gefüllt, was definitiv als Erfolg für den Abend gewertet werden darf. Black Voodoo Train und Heat werde ich im Auge behalten, Pentagram waren großartig, und Carousel und cult of the Black Moon Risin’ haben sehr solide Auftritte abgeliefert.

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