I like your Devil’s Blood patch

Der Tag nach der WGT-Rückreise ist ein denkbar ungünstiger Konzerttermin, denn eigentlich will man sich mal ausruhen, Wunden lecken und vielleicht noch Wäsche waschen. Andererseits kann man nun den Post-Festival-Blues abmildern und die beim WGT verpasste Gelegenheit nachholen, King Dude auf der Bühne zu erleben. Dieser spielte dort am Sonntag im NAUMANNs im Felsenkeller ein Set im Rahmen einer Neofolk-Veranstaltung. Leider sollen die Rahmenbedingungen chaotisch gewesen sein, da man auch unabhängig vom WGT dafür Tickets erwerben konnte. Die Ordner wussten wohl teils nicht Bescheid und waren überfordert, sodass das kleine NAUMANNs letzten Endes überfüllt gewesen sein muss.
Auf dem WGT selbst wurde King Dude alias T.J. Cowgill überraschenderweise am Montag von der befreundeten Band Drab Majesty im Alten Landratsamt auf die Bühne geholt, um einem Song seine Stimme zu verleihen. Ein toller Moment, der vom Publikum auch gebührend honoriert wurde. Er wirkte zwar etwas zurückhaltend und schüchtern, aber es war ja eigentlich nicht seine Bühne. Das wird heute im Club sicher anders sein. Mit im Gepäck hat King Dude sein neues Album Sex, dessen Review man im Webzine nachlesen kann (Link).

DSC_8735Als wir pünktlich um halb neun im Club eintreffen, sind schon einige Besucher vor uns da, und es werden schnell mehr. Weniger pünktlich dagegen ist King Dude, der statt um neun erst mit dreißigminütiger Verspätung gegen halb zehn als letztes nach seinen Mitmusikern ohne große Gesten die Bühne betritt. Dafür ist die Flasche Jim Beam bereits halb leer, die er dabei hat. Wie auch auf Sex bildet „Holy Christos“ den Eröffnungssong. Dieser wird mit mächtiger Atmosphäre und viel Druck hinter dem Schlagzeug gespielt. Statt nach Gothic Rock wie auf dem Album klingt es heute irgendwie mehr nach Doom. Auch „I wanna die at 69“ wird deutlich härter gespielt und erinnert mich so gar nicht mehr an Nick Cave, wie das auf Sex der Fall ist. Auch ist die Stimme nicht voll da, wie sie sein sollte, sie ist etwas in den Hintergrund gemischt, was heute Abend Absicht zu sein scheint. Nach „Death won’t take me“ braucht Cowgill erst einmal einen Schluck aus der Pulle und entschuldigt sich beim Publikum: „Sorry, my voice is a little over.“ Ein Fan in der ersten Reihe will nach der Flasche greifen, doch der Dude ruft: „No!“ und schiebt die Flasche außer Reichweite, was für Heiterkeit sorgt. Nach „Deal with the Devil“ verschwindet der Gitarrist und Keyboarder kurz im Backstage, um Handtücher zu holen. Die kurze Pause wird mit einen ersten verbalen Schlagabtausch mit dem Publikum überbrückt. Das folgende „Our love will carry on“ sorgt für einen ruhigen Moment, bei dem der NickCave-Einfluss nun doch noch zum Tragen kommt. Nach „Fear is all you know“ wird „Jesus in the courtyard“ sehr energisch vorgetragen und nimmt das Publikum endgültig mit, viele reißen beim Refrain die Arme in die Höhe und singen lautstark mit. Das erfreut den Dude, und so stellt er fest: „You got the Blues here in Germany!“

DSC_8752-1Nun folgt eine kleine Raterunde, welcher Song als Nächstes kommt. Nach einigen falschen Antworten gibt es noch den zusätzlichen Hinweis: „It starts with an S!“ Blöd nur, dass es diverse Songs mit S im Repertoire der Band gibt … „Silver cruxifix“ geht nahtlos in das bretternde Schlagzeug von „Sex dungeon USA“ über, aber leider knallt es nicht so rein wie auf Sex. Zum einen fehlt irgendwie die Power, zum anderen fehlt der Kontrast zu den ruhigeren Songs, die heute allesamt recht rockig gespielt werden. „I’m out of breath, I’m old!“ fällt die Diagnose von Cowgill nach „Swedish boys“ aus. Aber Jim Beam hilft. Der mittlerweile reichlich besoffene Typ in der ersten Reihe stellt weinerlich fest, dass seine Flasche leer und der Jim Beam außer Reichweite ist, also schickt der Dude ihn an die Bar: „Go get a beer, come on! And don’t forget to tip, motherfucker!“ Nun stellt Cowgill erst einmal seine Band vor. August Johnson sitzt am Schlagzeug, Tosten Larson spielt Gitarre und Keyboard, und die überaus coole und glattrasierte Lee Newman zupft den Bass. Bei „Desolate hour“ benutzt Tosten ein Geweih als Schlagsticks für den Rhythmus, bevor Cowgill mit „This is the last song“ die verstörende Ballade „Who taught you how to love“ ankündigt. Aber vorher lobt er noch ehrlich gerührt das Publikum: „This is one of my favourite cities in Germany. You guys are so fuckin‘ nice, I love to be here!“ Dann noch ein schlichtes „Thank you, Munich!“, und die Band verschwindet im Backstage, aber nur kurz.

Fazit: Trotz Krankheit liefert King Dude einen guten und gefeierten Auftritt. Die Band scheint sich ehrlich über die Publikumsreaktionen zu freuen, und man kann oft lachen, auch wenn Cowgill stimmbedingt weniger mit den Leuten redet und nicht so schlagfertig ist wie sonst. „There’s more of you here than in Karlsruhe and you are nicer!“, werden wir zwischendrin noch mal gelobt, der Club ist wirklich richtig schön voll (zum Glück nicht mit den sonst üblichen Saunatemperaturen). Leider kommt die Stimme wie eingangs erwähnt im Sound nicht so recht durch, teilweise ist der Dude nur schwer zu verstehen, und ruhigere Momente fehlen quasi völlig. Hier (Link) könnt ihr noch mal nachlesen, wie ein KingDude-Konzert sein kann, wenn alle fit sind, aber auch so war es ein schöner und unterhaltsamer Abend.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Setlist:
Holy Christos
I wanna die at 69
Death won’t take me
Deal with the Devil
Our love will carry on
Fear is all you know
Jesus in the courtyard
Silver crucifix
Sex dungeon USA
Swedish boys
Desolate hour
Who taught you how to love

Black butterfly
The heavy curtain
Miss September

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