10. Prague Gothic Treffen 2015

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Mehr oder weniger spontan haben wir Ende August eine Woche Städteurlaub in Prag geplant. Nachdem der Bus gebucht und das Zimmer reserviert ist, folgt die Internetrecherche: Was ist zu dem Zeitpunkt subkulturell eigentlich los in Prag?

Und siehe da, vom 28.08. bis 30.08.2015 findet das 10. Prague Gothic Treffen statt, und das auch noch bei unserem Hotel ums Eck! Das ist dann wohl Schicksal, in das wir uns aber bereitwillig und voller Vorfreude fügen. Das Festival ist weniger bandorientiert, sondern soll mittels vieler Partys ein Treffpunkt für die Gothen aus nah und fern sein – ein etwas anderes, aber deshalb nicht schlechteres Konzept.

Am Freitagabend findet die erste Party auf einem Boot statt, img_6233das die Moldau entlangschippert. Das klingt zwar äußerst originell und romantisch, allerdings wollen wir am Samstag in aller Herrgothsfrühe auf den größten Flohmarkt Tschechiens, deswegen sind wir leider nicht dabei. Samstagnachmittag geht es mit einem Gothic-Picknick im Park weiter, leider wieder ohne uns, da wir bei den hochsommerlichen Temperaturen um 30°C lieber im kühlen Narodni Muzeum eine interessante Ausstellung zum Thema Tod anschauen.

 

img_6289Abends geht aber nun auch endlich für uns das Festival los im Fatal Club in Žižkov, dem Bezirk 3 in Prag gleich östlich der Altstadt und dem Bahnhof, hier befindet sich die sogenannte Guitar Stage. Der Fatal Club ist im Erdgeschoss eine typische Prager Bierkneipe, im liebevoll dekorierten verwinkelten Gewölbekeller findeimg_6287t die eigentliche Party statt. Es gibt auch eine Bühne, auf der gerade DJ Drama aus Spanien auflegt. Er macht seine Sache richtig gut und seinem Namen alle Ehre, denn er singt und tanzt leidenschaftlich sein ganzes Batcave- und Deathrock-Set mit, obwohl es mit 21:00 Uhr noch recht früh ist und dementsprechend noch nicht allzu viele Gothen erschienen sind.

 

Nach img_6294seinem Set ziehen wir ca. 250 m weiter in die zweite Location des Abends, den Storm Club, der zwei weitere Tanzflächen beherbergt, die Electro Stage , auf der gerade DJ Erk Aicrag von Hocico aus Mexiko auflegt, und die Rare Stage, wo der Einheimische DJ Soire die Musik mischt. Insgesamt ist im Storm Club deutlich mehr los, was sicherlich auch an den international bekannten DJs liegt, denn nach Erk Aicrag wird später noch Eskil Simonsson von Covenant aus Schweden auflegen. Der harte Elektrosound passt super zum technoiden Ambiente des Clubs, lässt uns aber die Zeit eher auf der Rare Stage verbringen. Es gibt außerdem ein paar kleine Verkaufsstände und sogar die Möglichkeit, sich tätowieren zu lassen.

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Wir laufen wieder zurück zum Fatal Club und lassen den Abend mit Gothic Rock bei DJ De’Ath aus Großbritannien ausklingen. Insgesamt ist beim PGT deutlich weniger los als beim großen Bruder WGT in Leipzig, aber das Festival ist hier eben privat organisiert, klein und gemütlich. Der Vorteil dabei liegt auf der Hand, man hat genügend Platz auf den Tanzflächen, und trotz der sommerlichen Hitze in Prag ist die Luft in den Clubs angenehm und nicht stickig, wozu das Rauchverbot sicherlich auch beigetragen hat.

Am Sonntag findet die Deathrock Afterparty im Klub 007 Strahov im Prager img_6422Bezirk 6 statt, eine Location mit Geschichte auf der anderen Seite der Stadt, westlich der Altstadt und der Moldau. Mitten im Uni-Campus existiert der Laden seit 1969, und alles was Rang und Namen hat, hat quer durch alle Subkulturen dort schon gespielt. Heute geben sich Totenwald aus Berlin und Horror Vacui aus Bologna die Ehre. Totenwald eröffnen den Abend und machen live richtig Spaß mit der abgedrehten Atmosphäre, die vor allem der Gitarrist im Damenfummel und die schräge Sängerin verbreiten. Bei Horror Vacui bricht dann sogar der Pogo los, sie spielen aber auch Deathrock vom Feinsten, und ich frage mich ehrlich, warum sie immer noch relativ unbekannt sind. Für mich derzeit eine der geilsten Bands unserer Zeit.

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Fazit:
Natürlich kann man das kleine und privat organisierte Prague Gothic Treffen nicht mit dem großen Leipziger Wave Gotik Treffen vergleichen. Wer also ein WGT erwartet, der wird unweigerlich enttäuscht sein. Ich schätze die Besucherzahl (auch wenn das natürlich durch die verschiedenen Locations sehr schwer ist) insgesamt auf ca. 400 bis 500, die allermeisten aus Tschechien. Auch die opulenten Outfits, die man aus Leipzig kennt, wird man in Prag eher sehr selten auffinden. Nur für das PGT anzureisen, ist daher sicherlich eher enttäuschend.
Aber wenn man wie wir den Besuch mit einer Städtereise verbindet, ist das insgesamt eine tolle Sache, und wir sind wirklich froh, dabei gewesen zu sein. Prag ist eine wunderschöne Stadt, und es ist immer interessant, in anderen Ländern in die Subkultur einzutauchen.

Beitrag von Mrs.Hyde – vielen Dank dafür!

 

 

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