Bloody (Easter) holiday

P1020620Konzerte im Strom sind ja immer recht pünktlich, und so ist es beim für 20:30 Uhr angekündigten Beginn kein Wunder, dass bei meinem Eintreffen zwanzig Minuten früher schon gut was los ist, und es füllt sich rasch weiter. Dennoch ist der hintere Teil des Clubs ab der Eingangstür abgetrennt worden, es sind wohl nicht genügend Tickets umgesetzt worden. Eigentlich unverständlich, wenn man bedenkt, wie selten Nekromantix hierzulande mittlerweile auftreten, aber vielleicht ist so mancher zu Ostern noch im „Bloody holiday“, und in der Tat fehlen später einige bekannte Gesichter im Publikum. Der Vorteil der Abtrennung aber ist, dass man so eine richtige Underground-Clubatmosphäre schafft, und das Publikum sich nicht in der Tiefe des Raumes verläuft. DJ Alley Cat King stimmt die Menge wie schon beim Demented Are Go Konzert im Januar (Link) bestens auf den Abend ein.

P1010903_SW7Er bekommt sogar ein bisschen Extraspielzeit, weil die Vorband Out of Luck mit zehnminütiger Verspätung den Abend eröffnet. Nach dem Introsong wird die Menge von Sänger und Bassist Karl „Rascal“ im besten Niederbayerisch begrüßt. Die drei Jungs sind sichtlich erfreut über das zahlreiche Publikum, auch wenn vorne direkt vor der Bühne noch etwas Platz bleibt, aber der wird von einigen Damen ausgenutzt, um ausgelassen Rock ’n’ Roll zu tanzen. Beim Fotografieren stoße ich plötzlich mit jemandem zusammen. Es ist Adam Guerrero, der es sich völlig ohne Berührungsängste nicht nehmen lässt, vor seinem eigenen Einsatz der Vorband zuzusehen und ein paar Handyfotos zu schießen. Out of Luck sind ja auch keine Unbekannten, haben sie doch in den zehn Jahren ihres Bestehens fünf Alben veröffentlicht und sich mit einigen namhaften Bands der Szene die Bühne geteilt. Auch im übrigen Publikum kommt die Mischung aus Psychobilly und Rock ‘n‘ Roll gut an. Engagiert und durch einige Ansagen aufgelockert spielen sie ihr Programm durch. Liebhaber alter Autos erfreuen sich an „49 Plymouth“, und vor allem der wohl bekannteste Song „Johnny Ultracool“ wird abgefeiert. Die Zugaben werden gleich nahtlos angehängt, und noch vor dem Abschlußsong „Get evil“ wird „1988“ allen gewidmet, die jene Zeit erlebt haben, und das sind heute wohl die meisten. Trotzdem sind auch viele Jüngere dabei, was tatsächlich vermehrt zu beobachten ist. Darüberhinaus ziehen Nekromatix heute auch einige Anhänger aus dem Metal-, Gothic- und Punk-Rock-Bereich an.

P1020135_SWEine halbe Stunde später ist es schließlich soweit: Zu gedämpftem Licht und viel Nebel beginnt Adam Guerrero mit einem Schlagzeugintro, dann betreten auch Gitarrist Francisco Mesa und Sänger Kim Nekroman mit seinem berühmten Coffin-Bass die Bühne, dem Herzstück und unverwechselbaren Markenzeichen von Nekromantix. Mit „Struck by a wrecking ball“ und „Night nurse“ wird die Show schwungvoll eröffnet. Zwei Psychos eröffnen direkt den Wrecking Pit, aber die Mehrheit hält sich noch zurück. Bei „Brain error“ vom ersten Album Hellbound wechselt das Bühnenlicht in ein ungewöhnliches graugrün, sodass Kim Nekroman auf mich irgendwie wie die berühmte Frankenstein-Darstellung von Boris Karloff wirkt. Aber das passt natürlich bestens zum Horror-B-Movie-Flair des Textes. „Driller killer“ fügt sich nahtlos an, und „Nice day for a resurrection“ ist ein erstes Highlight, zu dem es einen ordentlichen Wrecking Pit gibt. „Nekrotastic extasy“ hält das Tempo, und mit „Glow in the dark“ wird nun auch das aktuelle Album A Symphony of Wolf Tones & Ghost Notes berücksichtigt, das zudem mit einem beeindruckenden Gitarrenintro aufwartet. Es folgt das etwas ruhigere „Demons are a girl’s best friend“, das sicherlich nicht nur eines meiner Favoriten ist. Zu Beginn von „Gargoyles over Copenhagen“ spielt P1020330Francisco Mesa wieder ein tolles Gitarrenintro, und dann nehmen Nekromantix mächtig Fahrt auf, was im Publikum auch sofort wieder mit einem entsprechenden Wrecking Pit quittiert wird. Nun folgt eine kleine Erholungspause, denn Kim Nekroman widmet den nächsten Song „Subcultural girl“ eben zwei solchen in der ersten Reihe und geht zu diesem Zweck sogar vor ihnen in die Knie. Den Coffin-Bass spielt er dabei wie eine Akustik-Gitarre, ein Moment, den die zwei sicherlich nicht so schnell vergessen werden. Überhaupt stellt Kim Nekroman sein Können am Bass wiederholt zur Schau, da er diese Gitarreneinlage öfter zeigt, die ohne Tragegurt nur wenige leisten können. Auch greift er mehrfach mit der Rückhand in die Basssaiten. Das folgende „Devil smile“ beginnt mit einem schweren und schleppenden Intro, nur um dann richtig abzugehen. Irgendwann zwischendrin fragt er: „What do you wanna hear?“, nur um hinterher festzustellen, dass die Antwort einstimmig hätte ausfallen müssen. Tja, Pech gehabt. Das Leben ist eben doch kein Wunschkonzert. Die Ballade „Nekrofelia“ wird von vielen mitgesungen. Beim schnellen Teil von „Sea of red“ geht das Publikum nicht so recht mit, und so P1020522schaut Kim Nekroman zu Beginn von „Bloody holiday“ etwas gelangweilt, legt sich dann aber doch ordentlich ins Zeug. Romantisch wird es bei „Horny in a hearse“, bevor zu „Alice in Psycholand“ noch einmal die Wreckingkräfte bemüht werden müssen. Hier ist nun kurzzeitig erst mal Schluss. Natürlich verlangt das Publikum lautstark nach Zugabe, und zu „Haunted cathouse“ kehren Nekromantix auf die Bühne zurück. Anschließend verarscht Kim Nekroman noch einmal das Publikum: „Don’t you wanna hear one more song?“ Die Menge schreit „Yeah!“, und er meint dann: „You just said ‚No‘!“ Natürlich gibt es trotzdem noch eine Zugabe, und mit „Who killed the cheerleader“ endet kurz nach elf die eineinhalbstündige Show und damit die gesamte Europatournee. Allerdings nicht für die Merchandise-Mitarbeiter, die nun noch einmal Schwerstarbeit leisten müssen.

Der Abend ist aber noch nicht vorbei, denn es geht nun mit der Most Wanted Party weiter. Der Übergang zur Party gelingt heute mühelos, ganz im Gegensatz zum letzten Mal bei Demented Are Go. Es wird nicht kompliziert umgebaut, und DJ Alley Cat King sorgt sofort für gute Stimmung, sodass auch viele Konzertbesucher tatsächlich weiterfeiern. Auch Adam Guerrero läßt sich noch einmal in der Menge blicken. Im stetigen Wechsel mit den Most-Wanted-DJs entwickelt sich eine schöne Party nach einem schönen Konzert, was will man mehr!

Fazit: Quer durch fast alle Alben von ganz früher (1990) bis heute haben Nekromantix eine Best-Of-Show gespielt, die kaum Wünsche offen gelassen hat. Man hat zwar gemerkt, dass Kim Nekroman älter geworden ist, der Lebenswandel hat seine Spuren hinterlassen, und er wirkte ein bisschen müde. Aber erstens werden wir alle älter, und zweitens darf man am Ende einer Europatour auch ein bisschen müde sein. Vielleicht hat sich das aufs Publikum übertragen, das insgesamt münchentypisch etwas verhalten war und teilweise durchaus etwas mehr Begeisterung hätte verströmen können. Aber es war klar, dass die wegen der absolut euphorischen Publikumsreaktionen bis zur völligen Erschöpfung gespielte Show auf dem letztjährigen Wave Gotik Treffen nicht zu toppen sein würde (Link zur Kurzreview), dafür wurden heute mehr die etwas ruhigeren Momente von Nekromantix betont, die ich persönlich aber ohnehin als stärker empfinde als die ganz schnell gespielten Nummern. Alles in allem ein klasse Abend.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Setlist Out of Luck:
Psycho’s mind
C’mon
Cruisin‘
49 Plymouth
Frustrated
Rainy day
Mexico
Midnight drive
Testament
Killer Coupe
Johnny Ultracool
1988
Get evil

Setlist Nekromantix:
Struck by a wrecking ball
Night nurse
Brain error
Driller killer
Nice day for a resurrection
Nekrotastic extasy
Glow in the dark
Demons are a girl’s best friend
Gargoyles over Copenhagen
Subcultural girl
Devil smile
Nekrofelia
Sea of red
Bloody holiday
Horny in a hearse
Alice in Psycholand

Haunted cathouse
Who killed the cheerleader

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