Danke, Schatzis! Fröhliche Weihnachten!

P1280977Eigentlich hätte Schluss sein sollen mit der jährlichen Weihnachtstour, und die Band hatte angekündigt, nur mehr einzelne Shows und Festivals spielen zu wollen. Schließlich haben die Mitglieder von den 1978 gegründeten Peter And The Test Tube Babies mittlerweile doch ein paar Jährchen auf dem Buckel und wesentlich mehr Tour-Kilometer hinter sich. Um so erfreulicher, dass sie sich doch noch einmal für die Life of Peter Tour zusammenfinden. Wir können also auf verrückte Kostüme gespannt sein, denn Steilvorlagen bietet der Monty Python Kultfilm Life of Brian ja zur Genüge.
Das Vorprogramm bestreiten die V8 Wankers, die Anfang der 2000er im Freundeskreis voll angesagt waren, die ich dann aber irgendwie aus den Augen verloren habe. Insofern lasse ich mich da heute einfach überraschen. Überraschend ist für mich auf jeden Fall schon mal, dass die Show im Werk stattfindet, war sie doch bislang stets in der Halle, und zumindest in meiner Wahrnehmung nie ausverkauft.

P1280614Gegen 19:20 Uhr komme ich im Backstage an, aber noch sind die Besucherzahlen recht übersichtlich. Das ändert sich jedoch nach und nach, und so ist das Werk doch optisch gefüllt, als die V8 Wankers quasi pünktlich um fünf nach acht die Bühne betreten. Das Bandgefüge wurde seit der Gründung 2000 gehörig durcheinandergewirbelt. Aktuell gehören zum Sänger und Gründungsmitglied Lutz Vegas die beiden Gitarristen Donny Spaceboy und Marci dazu sowie Bassist Ivel Pain, der mit Weihnachtsmannmütze auftritt, und Schlagzeuger Fred Fast. Lutz Vegas kündigt „High energy Rock ’n‘ Roll“ an, und in der Tat eröffnet die Band fulminant mit „Choices made in anger“. Dem schließt sich „Sun’s up, tops down“ direkt an. Die Band legt sich ins Zeug,  sie wechseln die Positionen, agieren miteinander und haben sichtlich Spaß. Nun muss Lutz kurz einen Schluck Jack Daniels tanken, da passt sein cooles Reno Divorce Shirt bestens dazu. Mit „Black belt (in Rock’n’Roll)“ folgt die nächste Nummer, und auch „What me worry?“ hält das Tempo hoch, da Fred sich am Schlagzeug ordentlich ins Zeug legt. Das Publikum hält sich insgesamt zwar noch etwas zurück, spendet aber wohlwollenden und verdienten Applaus. Nun wendet sich Lutz ans Publikum: „Wir waren lange nicht mehr hier, kennt uns noch jemand?“ Einige johlen, und er zählt die erhobenen Arme durch: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs … München!“ Das Publikum kommt insgesamt ein paar Schritte näher, und die Band reagiert erfreut. Nach der Gründung 2000 freuen sie sich endlich über das zehnte Album, meint Lutz, aber zunächst „kommt ein Stück aus der frühen Phase“, und das ist „Bomb the bastards“.
P1280582Anschließend bedankt er sich hier sein zu dürfen, währenddessen zieht Donny Spaceboy die zu warme Lederjacke aus. Lutz performt „Lights out!“ vom Podest aus, präsentiert erst seinen tätowierten Bauch und zieht dann sein Shirt ganz aus, um sich ironisch auf seinen Bierbauch zu klopfen. Im Publikum wird dazu gejohlt. Fast 25 Jahre und einige gebrochene Herzen, dem wird „This one is for you, Baby“ gewidmet. Vorher fragt Lutz noch: „Habt ihr Mittelfinger?“ Ja, klar! „Zwei Mittelfinger?“ Auch das! Dank seiner hoch erhobenen Arme können wir unter den Achseln „Fuck you“ lesen. Wenn das mal kein Zufall ist. „Der nächste Song ist vom ersten Album. Seid ihr asozial und tätowiert?“ Lutz fordert während „Wankers without a cause“ zum Mitsingen auf, und mittlerweile ist es eng geworden vor der Bühne. Nun folgt „ein Duett mit einem Jungen aus Australien. Kennt jemand noch Angry Anderson?“, wofür es jubelnde Zwischenrufe gibt. „The Fist of rock“ ist der Song dazu, bei dem die Band immer mehr aufdreht. Donny spielt teils sogar auf den Knien, und die Leute tanzen ausgelassen im Publikum. „Ein Song vom neuen Album Wankers forever: Nur eine Haltung im Leben, niemals aufgeben, immer Wixxxer bleiben! ‚Wankers forever‘!“ Die Band singt mit, und so wird es bei dieser kleinen Hymne tatsächlich auch ein wenig romantisch. Der Funke springt auch ins Publikum über und entsprechend fällt der Applaus aus. Jetzt fragt Lutz: „Wollt ihr noch einen hören, bevor Peter And The Test Tube Babies kommen? Eine Band, die uns sehr beeinflußt hat!“ Damit folgt „Nice boys don’t play Rock ’n‘ Roll“, ein schwungvolles Cover von Rose Tattoo. Während des Songs wird ein Wechsel zwischen „nice girls“ und „nice boys“ inszeniert, eine coole und gelungene Aktion. Zum Finale lässt Donny seine Gitarre als Showeinlage gefährlich kreisen. „Dankeschön!“ ruft Lutz in den Beifall hinein. „Und jetzt kommt Peter And The Test Tube Babies!“

P1290287Etwas müssen wir uns gedulden, aber die Umbaupause bleibt überschaubar, während der sich das Werk noch einmal deutlich füllt. Da wäre die Halle tatsächlich zu klein gewesen. Schließlich betreten Peter And The Test Tube Babies die Bühne, allesamt als Römer verkleidet. Damit bleibt uns Peter Bywaters in Lendenschurz erspart, was ich insgeheim schon befürchtet hatte. Stattdessen trägt er einen kleinen Iro zu seinem goldenen Lorbeerkranz und ruft: „It’s good to be back!“, bevor die Show traditionell mit „Keep Britain untidy“ startet. Gitarrist DerekDel StrangfishGreening auf der rechten Seite trägt dank Römerhelm einen schönen roten Iro, Bassist Nick Abnett hat die linke Seite eingenommen und auch Sam Fuller sitzt in einer Toga am Schlagzeug. Weiter geht es mit „Run like hell“, bevor auch schon der Überhit „The Jinx“ angekündigt wird. Die Menge reagiert euphorisch, wirkt aber zugleich überrascht und glattgebügelt von der Wucht, mit der die Test Tube Babies den ersten Block im Werk rocken. Die Band hat Bock, und das überträgt sich nun auch ins Publikum. Ein Besucher entert sogar den Pressegraben und hält einen Stiefel an der Angel hoch, ganz wie im Film Life of Brian. Nach dem frenetischen Jubel bedankt sich Peter mit „Danke, Schatzis!“, und zu „Never made it“ startet der Pogo. Anschließend macht er einen Witz „about being married“ und meint dann: „This song is called ‚My unlucky day'“. Im Hintergrund flimmern Filmszenen auf der Leinwand, und ausgerechnet jetzt läuft die Schlacht im Teutoburger Wald, der mit ihrem Feldherren Varus um die 20.000 Römer zum Opfer fielen. Nach dem Beifall erkärt Peter: „Thank you! It’s not long before Christmas. So I ask you one question: Where is my fuckin‘ Geschenk?“ Die Menge johlt, und ein Shirt wird auf die Bühne geworfen. Er hebt es auf und stellt fest: „A Test Tube Babies shirt! That’s not what I need! And I tell you that’s not gonna fit!“ Alle müssen lachen, doch schließlich bekommt Peter eine Flasche Münchener The Duke Gin aus dem Publikum überreicht. Ein Strahlen geht über sein Gesicht: „Yes! Thanks! That’s what I need!“ Nach der kleinen Pause haben alle wieder Energie, und so geht es zu „Peacehaven wild kids“ wieder rund. Peter kommentiert das mit: „Thank you, Schatzis! Thank you!“ und fügt hinzu: „Ladies and Gentleman, this is Derek Greening!“ und stellt damit das andere Gründungsmitglied vor, der entsprechend bejubelt wird. „Every second counts“ ist der nächste Hit, zu dem erst eifrig mitgeklatscht und dann eine Wall of Death im Publikum inszeniert wird. Nun heißt es: „It’s someones 30th birthday today, Max! So this is your birthday song, Max!“ Zusammen feiern wir „Easter bank holiday ’83“, bevor Peter unvermittelt ruft: „In your fuckin‘ face!“
P1290184Damit startet die Band „In yer face“, doch nach der ersten Pogo-Runde stoppen sie für einen Break und verwirren damit grinsend das Publikum bevor es wieder weitergeht. „And now we’re going from ‚In yer face‘ to ‚Up yer bum‘!“, und natürlich geht es noch einmal rund. Nun heißt es: „Please give it up to Nick Abnett, the best looking bass player! Prost!“ Es gibt ordentlich Beifall, währenddessen Peter kein Handtuch findet und kurzerhand das T-Shirt von vorhin zum Abwischen nutzt. Nun setzt die Band zu „Spirit of Keith Moon“ an. Bei der Textzeile „I wanna throw things out of the window“ sieht mensch auf der Leinwand Donald Trump aus einem Fenster fallen. Das ist mit viel Ironie perfekt abgestimmt. „Thank you! I’m not gonna tell you the name of the next song! It’s ‚None of your fucking business‘!“ Dabei hat er ein dickes Grinsen im Gesicht, und die vorderen Reihen singen inbrünstig mit. Der Mittelfinger wird ins Publikum gestreckt, das seinerseits mit erhobenen Mittelfingern antwortet. Das deutet direkt Richtung „Facebook loser“, bevor es zu „Oral Annie“ richtig wild im Pogo zugeht. Alt und jung, Männer wie Frauen, alle in Spaß und Schweiß vereint. Dann wird wieder eine kurze Trinkpause benötigt, bevor es heißt: „This is a song about my girlfriend!“, und damit folgt „Shake my world“. Für den Jubel bedankt sich Peter hinterher mit „Dankeschön, Schatzis!“ Er schwitzt heftig, und beim Nachwischen fällt seine Lorbeer-Krone. Gesundheitlich ist er offensichtlich nicht ganz auf der Höhe, und auch seine Stimme ist angegriffen. Aber egal. „One to jump around! That one’s called ‚Moped lads‘!“ ruft er. Im Pogo fliegt die Kuh, einer, der scheinbar direkt aus der Arbeit gekommen ist, springt sogar mit seinem guten Anzug rein. Die Begeisterung schlägt um sich, und da kommt „Banned from the pubs“ gerade richtig. Die Leute reißen die Arme hoch, Peter grinst manisch, und es geht direkt ins Intro von „Blown out again“ über, bei dem vorn bis hinten mitgeklatscht wird. Es endet wieder in einem Pogo-Kessel, in dem auch ein Crowdsurfer durch das Bild zieht. Peter schnappt sich den Gin, winkt und verabschiedet sich schon einmal: „Dankeschön! Goodbye! Gute Nacht, Schatzis! Fröhliche Weihnachten!“ Die Band spielt den Song zu Ende und wird schließlich mit Jubel und Applaus verabschiedet.

P1290205Das Saallicht geht gar nicht erst an, während die Menge Zugabe fordert. Sam kehrt als erstes auf die Bühne zurück und heizt die Leute am Schlagzeug an. Derek erscheint mit Cowboyhut und hat die Rüstung nun abgelegt. Nach Nick erscheint auch Peter und stimmt die Hymne „Elvis is dead“ an, die natürlich von allen mitgesungen wird, was Peters Stimme ein wenig schont. „You want one more?“ Aber hallo! Schwere Riffs erklingen nun im Backstage, denn es folgt das AC/DC Cover „Live wire“. Wieder singen viele mit, und das ist auch gut so. Peter steigert sich derart rein, dass sich seine Stimme überschlägt. Und trotzdem nimmt er keine Rücksicht und setzt noch einen drauf. „Have you time for one more?“ ruft er in den Jubel hinein. „This song is about my favourite drug: ‚September‘!“ Wieder singen alle mit: „I can’t wait until September!“ Peter zeigt sich hinterher überwältigt mit dem Rest, den seine Stimme hergibt: „Vielen Dank! Vielen Dank, Schatzis! Fröhliche Weihnachten! Danke!“ Er prostet der Menge noch einmal zu, verbeugt sich und verschwindet in den wohlverdienten Feierabend. Die Band spielt den Song derweil zu Ende und verabschiedet sich ordentlich bejubelt ebenfalls. Um 22:35 Uhr wird das Saallicht eingeschaltet und der Abend endet. Mit einem letzten Souvenir vom Merchandise klingt der Abend schließlich aus.

Fazit: Es ist schön, die V8 Wankers nach langer Zeit wiederzusehen. Trotz der personellen Veränderungen bei den Bandmitgliedern kommt bei mir so ein richtiges Retro-Feeling auf. Der High-Octane-Schweinerock machte wieder einmal Spaß. Und dennoch ist die Zeit nicht stehengeblieben, und ich habe mich verändert. Diese genretypische latente Macho-Attitüde wirkt auf mich etwas aus der Zeit gefallen. Dennoch war das ein solider Auftritt, der die alte und neue Fangemeinde auf jeden Fall zufriedengestellt hat.
Bei Peter And The Test Tube Babies ist im Prinzip schon vorher klar, was wir bekommen: Eine gewohnt energiegeladene Punkrock-Show, die keine Wünsche offenlässt. Die Kostüme sind wie immer abgedreht, und die Band ist richtig gut drauf. Auf Alter und Gesundheit wird keine Rücksicht genommen. Das ist vielleicht nicht schlau, da ja noch weitere Shows anstehen (ein Tag Pause und mit Gin gurgeln muss scheinbar reichen), aber das Publikum ist dankbar und feierte die Band verdientermaßen ab. Vor allem zum Ende hin ist Peters Stimme deutlich angegriffen, so dass eine Freundin wörtlich feststellt: „Wow, noch zwei Konzerte, und er kann ‚Ace of spades‘ singen.“ Das macht den Abend aber eben auch besonders. Ich hatte mich trotz Erkältung aufgemacht und kann nun nach der Show frei durchatmen. Es hat sich mehr als gelohnt, ein toller und liebgewonnener Jahresabschluss. Peters Schlussworte kann ich nur zurückgeben: Danke, Schatzis!

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Setlist Peter And The Test Tube Babies:
Keep Britain untidy
Run like hell
The Jinx
Never made it
My unlucky day
Peacehaven wild kids
Every second counts
Easter bank holiday ’83
In yer face
Up yer bum
Spirit of Keith Moon
None of your fucking business
Facebook loser
Oral Annie
Shake my world
Moped lads
Banned from the pubs
Blown out again

Elvis is dead
Live wire (AC/DC Cover)
September

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