Bis zum letzten Schweißtropfen

Es ist Dienstag, das Wochenende noch lange nicht in Sicht, der Sommerurlaub auch noch in weiter Ferne (oder schon vorbei) – man müsste sich den Tag direkt schön trinken, gäbe es da nicht einen Ausweg: Aesthetic Perfection und Controlled Collapse heizen im Backstage Club ein! Bei den zu erwartenden Saunatemperaturen wäre zwar eisgekühlte Unterwäsche zu empfehlen, aber das hält einen echten Elektrohead doch nicht davon ab, eine ordentliche Party zu feiern. Zumal man Aesthetic Perfection sonst wirklich nicht mehr in so kleinem, intimem Rahmen wie dem Club erlebt. Also, nichts wie hin.

DSC_7459Um neun Uhr ist der Club schon ordentlich gefüllt und das erste kühle Getränk gekippt, als die Polen von Controlled Collapse die winzige, zusätzlich schon mit dem Equipment von Aesthetic Perfection zugestellte Bühne betreten, zuerst noch in schwarze Kapuzen gehüllt. Mehr Spielraum als ihren einmal eingenommenen Stellplatz werden die vier Musiker auch nicht haben, aber sie machen das Beste daraus. Das Quartett existiert bereits seit diversen Jahren, hat bisher drei Alben herausgebracht und arbeitet momentan am vierten. Mittelpunkt des Geschehens auf der Bühne sind Sänger Wojciech Król und Gitarrist Kuba Sawicki, die eine energische, leidenschaftliche Show abliefern. Der Sound von Controlled Collapse ist weitestgehend dem Harsh Electro zuzuordnen, besitzt aber durch die für das Genre ungewohnte Instrumentierung sehr viel Eigenständigkeit. Für den nötigen Druck sorgt vor allem Drummerin Paulina Lewek, die leider nur selten zu sehen ist. Überhaupt ist es sehr dunkel, ein bisschen mehr Licht wäre wirklich schön gewesen.
Dem Publikum dürften Controlled Collapse nur zu einem geringen Teil bekannt gewesen sein, doch die Band erntet ordentlichen Applaus und kommt richtig gut an. Songs wie „Change the World“, „Scream and shout“, „Insane Asylum“ oder die brandneue Single „Lust“ gehen direkt in die Beine und machen wirklich Spaß. Nach einer halben Stunde ist dieser recht kurze Auftritt dann schon wieder vorbei, schade.

DSC_7546Als dann kurze Zeit später Daniel Graves mit seinen Live-Mitstreitern Tim van Horn und Elliot Berlin auf die Bühne kommt, ist der Club pickepackevoll, die Temperaturen unerträglich, aber das ist alles vergessen, als die ersten Töne von „A nice Place to visit“ erklingen (wenn auch sehr leise, der Sound wird sich auch erst nach einigen Liedern und einem ausgetauschten Mikrofon verbessern). Vom ersten Moment hat Daniel die tanzwütige Meute fest im Griff, springt selbst unermüdlich von einem Bühnenende zum anderen und zieht dabei beeindruckende Grimassen. Tim van Horn am Schlagzeug ist leider mangels Beleuchtung kaum zu sehen, auch Keyboarder Elliot Berlin wird nur selten angestrahlt.
Spätestens beim dritten Song „Inhuman“ tobt der Club, keiner steht mehr still, ein wirklich schönes Bild. Die neue Single „LAX“ ist zwar gerade erst rausgekommen, aber schon einigen Leuten bekannt, sodass die Stimmungskurve hier nicht abfällt. Bei „Antibody“, dem wohl größten Hit der Band vom 2013er Album ‘Til Death, gibt es kein Halten mehr, und auch „Big bad Wolf“ löst Begeisterungsstürme aus.
„Vapor“ kündigt Daniel dann als Song an, den sie zuvor noch nie in München gespielt haben, eines ihrer ältesten Lieder, das ursprünglich unter dem Bandnamen Necessary Response veröffentlicht wurde und im Oktober 2015 auf dem Album Blood spills not far from the Wound zusammen mit allen anderen Titeln aus der Necessary-Response-Zeit neu herausgebracht wurde. „Never enough“ schließt mit seinem ruhigeren Tempo hervorragend an „Vapor“ an, „The new Black“ heizt danach dann wieder ordentlich ein. Nach „Great Depression“ und „Spit it out“ ist erst mal Schluss, doch das lässt sich das Publikum natürlich nicht gefallen und klatscht die Band wieder auf die Bühne. Das wunderschöne, traurige „Devotion“ bildet dann den Abschluss dieses schweißtreibenden Abends.

Glückliche Gesichter auf der Bühne und im Publikum, 100 Prozent Luftfeuchtigkeit, eine Menschentraube am Merch-Stand – so muss das sein. Bis auf das wirklich üble Licht gibt es an diesem Abend nichts zu beanstanden.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Setlist Aesthetic Perfection:
1. A nice Place to visit
2. Schadenfreude
3. Inhuman
4. LAX
5. Antibody
6. Big bad Wolf
7. Tomorrow
8. Vapor
9. Never enough
10. The new Black
11. Great Depression
12. Spit it out

13. Devotion

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