Ein Abend im Zeichen der Atmosphäre

 

Ich musste lange auf dieses Konzert warten, die Vorfreude war groß: Anathema und Alcest an einem Abend. Das war fast wie Herbst und Winter zusammen (ich liebe diese beiden Jahreszeiten). Anathema verfolge ich schon seit ihrem Album Serenades, das 1993 erschien. Zu dieser Zeit waren Anathema noch mehr in dem Death / Doom Metal verwurzelt, was sich im Laufe der Jahre stark gewandelt hat. Alben wie Eternity, Alternative 4 und Judgement markierten die mittlere Phase von Anathema. Ihren momentanen Sound würde ich dem Dark Alternative Melancholic Rock zuordnen: sehr progressiv, teilweise frickelig mit viel Pathos und Melancholie.
Die zweite Band des Abends, Alcest, stellt für mich die Speerspitze des Shoegaze / Cascadian Black Metals dar. Ihr gespielter Black Metal ist mit allerlei Epos, Elegie und Post-Black-Metal-Nuancen gespickt. Das Album Souvenirs D´un Autre Monde aus dem Jahr 2007 ist neben Agallochs The Mantle eines der von mir am meisten gehörten Alben. Die Art des Songaufbaus ist phänomenal. Aber nun genug über die Akteure des Abend gefachsimpelt, hier kommt die Konzertreview:

22829755_10212406679636370_2355678446851329017_oLaut Facebook sollte der Einlaß zum Konzert im Backstage um 19 Uhr beginnen. Allerdings hörte ich im Eingangsbereich schon Alcest spielen, aber zum Glück spielten sie erst seit ca. 10 Minuten. Das Konzert war sehr gut besucht, und jede Musikrichtung war im Publikum vertreten. Da waren die nerdigen Progressive Rocker und die zu Tode betrübten Darkwaver. Frontman Neige stand auf einer für ein Shoegaze-Event dieser Klasse sehr passend beleuchteten Bühne. Es hatte etwas Psychedelisches und Hypnotisierendes an sich. Musikalisch über jeden Zweifel erhaben feuerten sie einen Hit nach dem anderen ab. Songs wie „Oiseaux de Proie“ von Kodema oder „Là Où Naissent Les Couleurs Nouvelles“ von Les Voyages de láme sind absolute Meilensteine des Post Black Metal. Da die Songs recht lang sind, konnte ich mich in den Sound fallen lassen. Gegen Ende des Sets kam dann auch der Song, auf den ich gewartet hatte. Allein „Percées De Lumiére“ rechtfertigt den Besuch eines Alcest Konzertes. Meine Erwartungen wurden übertroffen. Perfekt hörbare Instrumente, die Black-Metal-Screams waren genau auf den Punkt, und die Atmosphäre im Publikum war super. Im Anschluss konnte ich in der Pause ein wenig die Eindrücke genießen.

22810224_855858281257497_927662189_o(1)Zurück im Werk füllte sich der Pit wieder ansehnlich, und alle warteten auf die Götter Anathema. Ein sphärisches Science-Fiction-Intro der Marke Mad Max gemischt mit Blade Runner erklang, und alle waren kaum noch zu halten vor der Bühne. Lange ließ die Band zum Glück nicht auf sich warten, und so betrat Danny Cavanagh die Bühne und sah im ersten Moment aus wie Alexander Veljanov aufgrund der ähnlichen Frisur. Aber nun ja, hier soll es jetzt nicht um Haare gehen! Elegant gekleidet stellte er sich dem Publikum, und der Applaus wurde auf einmal ohrenbetäubend. Nach kurzer Zeit kamen die anderen Bandmitglieder ebenfalls auf die Bühne und nahmen die Gitarren zur Hand. Gleich die Eröffnung mit „San Francisco“ (von ihrem aktuellen Album The Optimist) zog mich in seinen Bann. Der typische Sound der Liverpooler.. Melodien, die vor Trauer nur so strotzen und zugleich erhaben und majestätisch sind. Die Reaktionen waren von Anfang an sehr gut. Auch hier waren die Lichteffekte auf der Bühne sehr stimmig. Hervorzuheben wäre da noch eine Leinwand auf der Bühne, an der ein Video projiziert wurde. Alles harmonierte perfekt, und man merkte Anathema die Routine ihrer mehr als 20-jährigen Bandgeschichte an. Die darauffolgenden Songs „Can´t let go“ und „The Opimist“ waren schon ein wenig progressiver. Das restliche Setting war von ihren letzten drei Alben, super gespielt und perfekt dargeboten, jedoch für mich eigentlich die Phase der Band, die ich am wenigsten mag. Als „Die Hard Fan“ wünscht man sich natürlich Klassiker wie „Sunset of the age“ oder „Sleep in Sanity“. Alles in allem aber ein tolles Konzert. Ihren nächsten Auftritt in München habe ich mir vorgemerkt.

Den Abend ließ ich noch mit einer Zigarette und mit dem Gefühl, ein geiles Konzert gesehen zu haben, ausklingen.
Ein Dankeschön geht an das Backstage! Ihr ermöglicht es uns dunkelgesinnten Musikliebhabern, solche Acts live zu sehen!

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