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Totentanz ums Überleben

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Eigentlich muss man nur einen Satz zitieren und jeder geneigte Genrefan und vielleicht auch einige weitere wissen, wer in der Stadt war: „Wer tanzt, stirbt nicht“. Und für alle, die nicht drauf kommen: Saltatio Mortis gaben sich am 21.11. die Ehre und kamen mit ihrem Support Versengold zusammen ins Backstage und sorgten für einen heißen Abend.

Volles Haus und Bombenstimmung

dsc_8562Ein heißer Abend war an diesem Donnerstag nicht nur eine Metapher. Während es draußen recht frisch war, hatte es im Werk des Backstages kuschelig warme Temperaturen, denn es war gesteckt voll. Noch eine halbe Stunde nach Einlassbeginn zog sich die Schlange mindestens fünfzehn Meter die Straße hinunter. Drinnen dann war gerade mal vor den Merchandise-Ständen und vor der Bar ein wenig Platz. Selbst beim Paganfest war es nicht dermaßen voll. Und dass all diese Leute sich nicht verirrt hatten und genau wussten, warum sie da waren, zeigte sich um Punkt 20 Uhr. Abgesehen davon, dass ich selten Konzerte erlebe, die dermaßen pünktlich starten, kann ich mich kaum erinnern, wann das letzte Mal von der ersten Sekunde, vom ersten Takt der ersten Band an die Stimmung so unter der Decke war. Versengold enterten die Bretter, und es war, als hätte schon ein Anheizer gespielt. Die Menge jubelte, sang und klatschte. Dabei ist Versengold gar keine Mittelalter-Rock Band, die mit Dudelsäcken und E-Gitarren einheizt. Tatsächlich gibt das Quintett ihre Lieder mit akkustischen Instrumenten wie Gitarre, Geige oder einer Drehleier zum Besten. An Schlaginstrumenten gab es lediglich eine Handtrommel, die eigentlich nicht zu hören war, und eine Bassdrum. Trotzdem schafften es die Herren, Stimmung zu verbreiten. Was nicht zuletzt daran lag, dass die vier Sänger der Spielleute ihre Stimmen einzusetzen wussten, und bei Liedern wie dem selbstbetitelten „Versengold“ klar und deutlich sangen. Trotz anfänglicher Zweifel, ob solch eine Band zu Saltatio Mortis passt, die ja mit ihrem Rock-Set antraten, konnte ich am Ende des Auftrittes nur sagen, dass Versengold wirklich Spaß gemacht hat.

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Nun, da die goldigen Spielleute die einzige Vorband war, stand Saltatio sogleich an. Auch dieser eine Change war erstaunlich kurz und ziemlich pünktlich beendet, sodass sich Zweifel aufdrängten, dass das Konzert auch wirklich im Münchner Backstage stattfand. Aber niemand will bei sowas meckern.
Trotz oder vielleicht dank der kurzen Unterbrechung riss die Stimmung nicht ab. Die Mannen um Alea besetzten die Bühne, es wurde in die Saiten gegriffen, der Sack aufgepumpt und das Fell geschlagen, kurz: Es rockte! Und wie es das tat. Der Kontrast zu Versengold könnte, trotz gleichem Genre, kaum stärker sein. Schön drückende Gitarren mischten sich mit den singenden Dudelsäcken zu einem teils richtig heavy klingenden Mittelalterrock. Den Klimax erreichte der Sound beim Lied „Koma“, das die Stimmung erneut zum Hochkochen brachte, nur um danach mit „Sandmann“ zu einer Powerballade abzuflachen und später wieder zu steigen. Langweilig wurde es keine Sekunde lang.
Zudem enttäuschten Saltatio auch nicht in Sachen Kommunikation. Mit Witz und Charme wurden zwischen den Liedern Geschichten erzählt, manche von den Erlebnissen der Band, manchmal wurden aber auch soziale Missstände angeprangert, wie zum Beispiel die Schere zwischen Arm und Reich. So auch in „Wachstum über alles“, das besonders die deutsche Wirtschaftspolitik aufs Korn nimmt und als besondere Spitze die Melodie der Nationalhymne im Refrain führt.
Als sich das Konzert langsam dem Ende zuneigte und völlig unerwartete Zugaben gespielt wurden, kamen noch die wunderschönen Momente, in denen das ganze Publikum mitsingen durfte. In fast jedem Konzert ein Muss und ein Spaß wurde es zum Lied „Eulenspiegel“ richtig laut. Erst die eine Seite, dann die andere, und mit jedem Mal wurde es lauter als zuvor, bis die Menge fast die Band übertraf. Eine schöne Krönung des Abends. Und dann, als Abschlussnote und Abschiedsgruß kam, wie kaum anders zu erwarten, der „Spielmannsschwur“. Und ja, es stimmt, sie sind geboren um Spielleut‘ zu sein, das hätte jeder der Konzertbesucher beschworen. Und wenn man wirklich nicht stirbt, wenn man tanzt, werden einige davon vielleicht ewig leben. Dieses Konzert war ein außergewöhnliches Erlebnis, ich habe selten eine so intensive Stimmung erlebt. Jeder einzelne schien Spaß zu haben. Saltatio Mortis ist eine Band, die man gerne wiedersehen möchte.

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Bilder: Knüppel Photographie

Text: Hammer Artikel

Knüppel Photographie + Hammer Artikel

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