Die Hütte wird brennen

Am 22. Februar haben sich Wucan im Backstage Club angekündigt, den sie in den letzten Jahren schon öfter zum Kochen gebracht haben. Zuletzt waren sie zum Free & Easy 2022 im Backstage, schön, dass sie jetzt bereits wieder in München vorbeischauen. Nach begeisterten Erfahrungsberichten will ich mich heute Abend selbst von den Live-Qualitäten der Band überzeugen. In den letzten zwei Wochen vor dem Auftritt von Wucan wurde dann auch noch eine Vorband aus München gefunden, Lee Harvey & the Oswalds, Heavy Jazz Rock trifft nun auf Kräuterrock. Wir, torshammare und ich, sind gespannt auf den Abend.

DSC_8619Florian Bätz (Gitarre), Christoph Mühlbauer (Schlagzeug), Manuel Leupold (Gesang), Markus Lamek (Keyboards) und Richard Sporrer (Bass) als Lee Harvey & the Oswalds eröffnen den Abend um 20 Uhr schnörkellos mit ihrer Musik. Das Publikum braucht zwei Songs Anlaufzeit, mit „Potato girl“ wippen die ersten Köpfe. Der Sänger konzentriert sich voll auf die Musik und wirkt während des gesamten Auftritts versunken bzw. gibt den entrückten Künstler mit theatralischen Einlagen. Bei „Epileptic dance“ mischt Psychedelic mit, Leupold schwingt seinen Oberkörper mit zur Musik. Im weiteren Verlauf des Gigs wird deutlich, dass die Bandmitglieder ein sehr gut eingespieltes Team sind, eine wirklich coole, unaufgeregte Truppe. Der gute alte 1970er-Sound wird weiter mit „Robin Hood“ verfolgt, einige schnelle Gitarrenriffs, das Keyboard hat auch hier viel Spielraum für Variationen. Es wird immer wieder mit langen Instrumentalintros eingeleitet (zum Beispiel „Connected“), und das taktgebend und durchdringende Schlagzeug punktet genauso wie der Bassist. „Project 52“ von ihrem ersten Album bildet den Abschluss des Auftritts, das Club-Lichtspiel und die Band geben noch einmal alles für den Heavy Jazz Rock.
Lee Harvey & the Oswalds’ Motto ist „Sie machen einfach Musik“, und das machen sie 45 Minuten lang gut! Eine eigenwillige Mischung voller Spielfreude und Professionalität, die am heutigen Abend gut ankommt. Je weiter der Auftritt voranschreitet, desto beschwingter wird das Publikum. Das Feuerchen glimmt auf jeden Fall bereits im Saal.
https://www.facebook.com/LeeHarveyandtheOswalds
https://leeharveyoswalds.bandcamp.com/music

Setlist:
Hungry
Potato girl
Epileptic dance
Boundaries
Robin Hood
Connected
Project 52

DSC_8656Es glimmt auch erstmal weiter … Der Club hat sich mittlerweile kuschlig gefüllt, und während des Umbaus liegt schon erwartungsvolle Freude in der Luft. Um 21.20 Uhr spielen sich die Musiker*innen mit ihren Instrumenten nacheinander auf die Bühne, das emporschießende Feuer des Abends beginnt mit Frontfrau Francis Tobolsky – mit Jägermeisterfläschchen im Stiefelschaft –, die den ganzen Auftritt über zwischen Gesang und Querflöte wechselt, dazwischen auch Gitarre spielt und das Theremin bedient, hier ist wirklich eine perfekte Multiinstrumentalistin am Werk! Was für eine Powerfrau! Vom Intro an ist die Spielfreude aller Musiker*innen da, das Freudenfeuer lodert immer höher. Gitarrist Tim George zeigt während des Abends immer wieder ein zufriedenes Lächeln, was kann es Schöneres in einem Musikerleben geben?
„Habt ihr Bock?“, wird das Publikum bei der Begrüßung gefragt – aber selbstverständlich! Es scheint, als würde jede Bewegung von Francis das Publikum anstacheln zum Tanzen oder Headbangen, die Menge geht und singt begeistert mit. Als Liebeslied wird „Don’t break the oath“ angekündigt, hier muss man aber mit der rockigen Wucan-Umsetzung rechnen. Tim kniet sich dazu richtig rein in seinen Part, der frenetische Jubel vor der Bühne beweist, dass jeder das letzte Studioalbum der Band, Herectic tongues, kennt, das im Mai 2022 herauskam und überall euphorische Kritiken eingeheimst hat (und Chartplatzierungen!). Weiter geht es mit „Far and beyond“, die Gitarrenriffs und der Basslauf dazu sind auch hier erwähnenswert, ganz abgesehen von dem 1970er-Jahre Outfit von Basser Alex. Francis Tobolsky beweist immer wieder ihre gesanglichen Qualitäten, von zart zu hart ohne Fehl und Tadel. Und sie beherrscht das Theremin mit einer sehenswerten Kraft bzw. Leichtigkeit (beim Streicheln der nicht-vorhandenen Saiten) wie bei „Far and beyond (until we meet again)“. „Fette Deutsche“ ist ein großartiger Rocksong, in dem Schlagzeuger Phil in den Mittelpunkt gerückt wird. Tim erhält ein Gitarrensolo in „Night to fall“, das wird natürlich ebenso abgefeiert. „Liebe und Zorn“ ist ein Cover von der Klaus Renft Combo, Wucan zollt damit dem Ostrock Tribut, einem großen Einfluss der Band. „Physical boundaries“ soll der letzte Titel des Abends werden. Francis gibt nochmal alles und bespielt dazu das Keyboard. Der Song bildet einen furiosen psychedelischen Abschluss, das Publikum will aber natürlich mehr. Die Band wird zurückgeklatscht, und es folgen zwei Zugaben, obwohl eine Saite von Tobolskys Gitarre gerissen ist. Völlig egal, und in der allgemeinen Euphorie spielt das auch keine Rolle.
Der Heavy Flute Rock von Wucan kam (wieder einmal) großartig beim Publikum an. Der Backstage Club stand in Flammen durch die grandiose und unterhaltsame Darbietung für Auge und Ohr. Soviel geballter Siebzigerrock mit abwechslungsreichen Kompositionen und interessanten Texten, gesanglicher Leidenschaft und musikalischer Extraklasse, einfach eine großartige und emotionale Performance. Der Auftritt wurde durchgehend vom Publikum abgefeiert, es herrschte sehr gute Stimmung und Tanzfreude, eine gelungene Ablenkung vom Alltag, was will man mehr. Alle Erwartungen wurden erfüllt, wenn auch der „Wandersmann“ gefehlt hat. Danach wird die Band am Merchstand umlagert, die Leute reißen ihr T-Shirts und Platten aus den Händen. Ein rundum verdienter Erfolg, und Chapeau Wucan, bis zum nächsten Mal!
P.S.: Wer einen Live-Eindruck für zu Hause möchte, sollte beim erst kürzlich veröffentlichten Album Live at Deutschlandfunk zuschlagen.

Torshammare: Ich schließe mich dem Jubel uneingeschränkt an. Das war jetzt mein viertes Wucan-Konzert seit 2016, und es war wieder so ein Genuss. Kräuterflötenrock vom Feinsten, eine schweißtreibende, glücklich machende Performance – was will man mehr. Bis zum nächsten Mal!

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Setlist:
Intro
Kill the king
Father Storm
Ebb and flute
Don’t break the oath
Far and beyond
Far and beyond (until we meet again)
Fette Deutsche
Night to fall
Zwischen Liebe und Zorn (Klaus Renft Combo Cover)
Physical boundaries
Zugabe:
Ageing ten years in two seconds
Looking in the past

https://www.facebook.com/wucanmusic
https://www.instagram.com/wucantheband/
http://wucan-music.de/

Bilder: torshammare

(1904)