Let’s play some fucking Thrash Metal!

Death Angel, Annihilator und Testament auf einer Tour? Da springt einem fast das Metallerherz vor Freude aus der Brust. Sagen muss man zu diesen drei Genregrößen sicher nichts mehr, da werden Jahrzehnte feinster Thrash-Metal-Geschichte auf der Bühne stehen. Schändlicherweise waren mir Death Angel und Annihilator live immer durch die Lappen gegangen, weshalb dieser Donnerstag ein absoluter Pflichttermin ist, auch wenn sich in diesem November die guten Konzerte stapeln und man sich vierteilen und am besten Urlaub einreichen müsste. Hilft nix, Schlaf wird eh überbewertet, andere Freizeitbeschäftigungen als Konzerte auch, und die Nackenmuskeln wollen schließlich auch mal wieder trainiert werden. Auf ins Backstage Werk!
DSC_3664Ich könnte es mir jetzt leicht machen und einfach schreiben: Es war soooo geil! Ein einziger Abriss von der ersten bis zur letzten Sekunde! Nur und ausschließlich unglaublich geniale Musiker auf der Bühne! Mein Nacken tut weh! Ich bin glücklich! Alle, die dabei waren, wüssten Bescheid. Aber für all diejenigen armen Seelen, die diesen legendären Abend verpasst haben, gibt es natürlich doch mehr Infos.
Los geht’s pünktlich um sieben mit den kalifornischen Urgesteinen von Death Angel, die ursprünglich als philippinisch-amerikanischer Familienverband gestartet waren. Mit Rob Cavestany, Ted Aguilar und Mark Osegueda wird diese Fahne immer noch hochgehalten, Will Carroll am Schlagzeug und Damien Sisson am Bass ergänzen die Truppe perfekt. Mark hat seine langen Dreadlocks durch eine leicht angegraute Mähne ausgetauscht, das ist aber auch das einzige Zeichen, dass es die Band mit Unterbrechungen schon seit 1982 gibt. Auf der Bühne entfachen die fünf von der ersten Minute an ein absolutes Thrash-Feuerwerk, um halb acht kocht das nahezu ausverkaufte Backstage Werk und bringt einen amtlichen Circle Pit zustande. Hut ab, das habe ich so auch noch nicht erlebt! Mark peitscht die Menge konstant an – „I wanna FEEL you fucking move!“ – und schwärmt davon, wie toll es ist, in München zu spielen. Der Jubel bei so fantastischen Songs wie „Claws in so deep“, „Thrown to the wolves“, „Mistress of pain“ oder „The moth“ ist daher auch so laut, als stünde hier schon der Headliner auf der Bühne. Absolut verdient, meiner Meinung nach! Auch wenn der Sound ein klitzekleines bisschen besser sein könnte, aber das Licht ist schon toll, da wollen wir mal nicht zu sehr meckern. Der Anheizerslot ist jedenfalls eigentlich nicht gerechtfertigt für diese Band – wobei sie ihren Job natürlich exzellent macht -, aber hier schlägt wahrscheinlich „aktuelles Album am Start bei Annihilator und damit einen Tick wichtiger“ die Logik. Egal, großartig war’s. Skål und bis bald wieder!

DSC_3789Annihilator um Mastermind Jeff Waters waren eigentlich gerade erst in der Stadt, im Sommer bei einem Meet & Greet und zur Vorstellung des neuen Albums For the demented, aber trotzdem sind viele Anwesende vor allem wegen ihnen da. Jeff und seine Band bieten von der ersten Sekunde an eine absolute Highspeed-Show mit natürlich vielen Gitarrensoli, der Meister will seine Fingerfertigkeit ja zeigen. Doch auch Fabio Alessandrini an den Drums, Aaron Homma an der Gitarre und Rich Hinks am Bass stehen dem Bandchef in nichts nach in Sachen Geschwindigkeit und Agilität. Sie sind „sandwiched between these two great American bands“, witzelt der Kanadier Jeff Waters, „und damit der Käse!“ Mit Käse werden viele Gerichte ja erst gut, findet das Publikum, und feiert den Vierer gnadenlos ab. Songs gibt es aus diversen Alben zu hören, nur zwei („One to kill“ und „Twisted lobotomy“) stammen vom aktuellen Album, das zum Zeitpunkt der Tour erst seit wenigen Wochen erhältlich ist. Langjährige Fans freuen sich über „Phantasmagoria“, und natürlich darf „our least known song“ nicht fehlen, das Lied, das hoffentlich alle hassen! Nein, Pech gehabt, bei „Alison hell“ geht die Halle leider steil, und auch mit Jeff am Gesang – was er sonst nicht gern tut, und das hat auch Gründe – ist es ein Erlebnis, diesen Übersong live zu hören. Wenn auch ohne die ganz hohen Passagen, aber das ist verschmerzbar.
Spielerische Perfektion, ein springlebendiger Bandchef, gute Songauswahl – das kann man lassen!

DSC_4041Danach beginnt das Warten auf die Bay-Area-Helden, die ebenfalls seit Mitte der Achtziger aktiv sind, mighty Testament. Kann die Stimmung in der Halle noch gesteigert werden? Und ob! Als Alex Skolnick, Eric Peterson, Chuck Billy, Gene Hoglan und Steve DiGiorgio auf die Bühne kommen, bricht infernalischer Jubel aus, und eigentlich müsste die Band gar nichts mehr machen außer ein bisschen in die Menge grinsen und sich mitfreuen. Aber nichts da, mit „Brotherhood of the snake“ vom gleichnamigen aktuellen Album schraubt man uns gleich mal amtlich die Rübe ab und gönnt uns auch in den nächsten fast zwei Stunden nur Verschnaufpausen bei den diversen Soli der Bandmitglieder. Die Setlist ist ein gewaltiger Rundumschlag durch die Bandgeschichte, und man weiß gar nicht, worüber man sich am lautesten freuen soll. Die Songs der neueren Alben sind um einiges härter und druckvoller („Rise up“ oder „More than meets the eye“), mit den älteren Sachen („Electric crown“ mit sensationellem Alex-Skolnick-Solo, „Into the pit“ oder „Low“) ist man zum Fan der Band geworden. Alles dabei also, ein Hit jagt den nächsten, Abwechslung ist garantiert, und Chuck sieht man eh immer gern beim Singen und Luftgitarrespielen am mobilen, halblangen Mikroständer zu. Doch man merkt, Testament wollen nicht nur knüppeln und grooven, sondern auch zeigen, was sie können, weshalb alle Bandmitglieder Zeit für ausführliche und wirklich meisterhafte Soli bekommen. Eric Peterson darf vor „Eyes of wrath“ mit seiner Gitarre brillieren – und steht da dem großen Könner Alex Skolnick in Nichts nach -, Gene Hoglan trommelt sein Drumkit vor „First strike is deadly“ in Grund und Boden, und das Bass-Solo von Steve DiGiorgio vor „Urotsukidôji“ ist etwas ganz Besonderes.
Danach darf dann aber auch wieder ordentlich gethrasht werden, als Abschlusshighlights dürfen noch mal alle in „Souls of black“ und „The new order“ schwelgen; als Zugabe gibt es außerdem „Practice what you preach“, was mich ganz besonders freut, damit habe ich Testament damals kennen und lieben gelernt. „Over the wall“ beschließt diesen sehr, sehr langen, aber wie im Flug vergangenen Abend, den wir alle gemeinsam im absoluten Thrash-Himmel verbracht haben.

Drei absolut hochkarätige Bands, die gemeinsam seit über dreißig Jahren prägend für die Szene sind und die nach dieser langen Zeit immer noch so frisch und lebendig auf der Bühne stehen und pure Leidenschaft ausstrahlen für das, was sie fast schon ihr ganzes Leben lang tun und leben: Metal. Hell yeah!

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Setlist Testament:
1. Intro
2. Brotherhood of the snake
3. Rise up
4. The pale king
5. More than meets the eye
6. Centuries of suffering
7. Electric crown
8. Into the pit
9. Low
10. Stronghold
11. Throne of thorns
12. Eyes of wrath
13. First strike is deadly
14. Urotsukidôji
15. Souls of black
16. The new order

17. Practice what you preach
18. Over the wall

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