Beat, beat … heartbeat!

Bevor es zum Heartbeat mit Diary of Dreams kam, war etwas Aufregung angesagt: Es galt sich zu sputen, da der frühe Konzertbeginn um 19.30 Uhr mich etwas überrascht hat. Die Schlange vor dem Einlass um 19 Uhr war lang, aber auch diese Hürde wurde genommen, und letztendlich fingen Slave Republic dann auch erst wie üblich um 20 Uhr an. Genug Zeit also, sich in der jetzt schon mehr als kuschelig gefüllten Halle einen Platz mit halbwegs guter Sicht zu suchen und diverse Freunde und Bekannte zu begrüßen.

DSC_4232Bei der Konzertankündigung war mir der Supportact Slave Republic noch unbekannt, aber man lernt ja gerne Neues kennen: Die Band wurde 2007 gegründet, stammt laut Aussage des Sängers Alec Fu aus Berlin und lässt uns heute Abend New Wave und Synthiepop hören. Mittlerweile haben sie drei Alben herausgebracht, u.a. mit Unterstützung von Daniel Myer, zuletzt Songs for Sinner (September 2017). Gleich der Opener heizt uns mit ordentlichen Beats ein. Hier schon, wie auch bei einigen der folgenden Songs, kann man Covenant-Anleihen vernehmen. Alec tanzt über die Bühne, Alex Alice betätigt die Programming-Regler und den Bass. Das Licht wird großzügig und farbig über die Bühne verteilt, das Publikum ist noch zurückhaltend, bis auf einige, die die Jungs vielleicht schon länger kennen. Mit „Something inside“ wird der Electrobeat mit Pop-Einfluss fortgesetzt. „Electric“ vom Debütalbum Electric one sowie das deutschsprachige „Primaerreiz“ von Quest for love zeigen die etwas experimentellere Seite der Band. Leider geht die Stimme des Sängers immer wieder im übermächtigen Beatgewummer unter, bei „Welcome (to the Slave Republic)“ klingt es zum Glück wieder ausgeglichener. Den Abschluss bildet nach 40 Minuten „The driver“ vom neuen Album. Insgesamt war der Auftritt von Slave Republic ganz in Ordnung: zwei Musiker, Electric-Bums und eine Stimme, die sich noch besser gegen die Instrumente durchsetzen muss. Meine Begeisterung ist noch nicht entfacht, vereinzelt wird dagegen bei der Verabschiedung der Band zugejubelt.

 

DSC_4392Für den Hauptact wird die Bühne routiniert von den Roadies vorbereitet. Kurz nach 21 Uhr beginnt die Show von Diary of Dreams. Ich habe mich sehr darauf gefreut, das zuletzt erschienene Album hell in Eden hat mich nach längerer DiaryofDreams-Abstinenz dazu gebracht, hier zu sein. Eigentlich kennt man Adrian Hates und seine Mannen aus den Vorjahren schon, aber heute gibt es eine für viele Fans überraschende und bedauerliche Änderung: Gaun:A ist bei der „hell in Eden“-Tour nicht dabei, „er malt“ und widmet sich anderen kreativen Projekten, aber die Tür zurück zur Band steht laut dem *DoD*-Frontmann immer für ihn offen.
Doch es scheint auch ohne ihn sehr gut zu gehen, denn der erste Song des Abends, „Made in shame“, heizt die Halle im Backstage gehörig auf. Die Musiker geben von der ersten Minute an alles und zeigen eine Spielfreude, die sich auch in dem folgenden gewaltigen, eindringlichen „Epicon“ widerspiegelt. Das Publikum unterstützt die Band immer wieder mit einem mächtigen Live-Chor, hier schallt „tell me“ gemeinsam durch den Raum, alles tanzt und ist begeistert. Und diese Stimmung hält über das ganze Konzert an! Adrian dirigiert seine Gäste durch den Abend, das wirkt bis ins letzte Eck. Jeder Titel wird mitgesungen und mitgefeiert. Der „Charma sleeper“ lässt es anfangs etwas ruhiger angehen, die dunklen Schatten auf der Bühne verflüchtigen sich, und es wird wieder lautstark. Mit „hiding Rivers“ aus dem aktuellen Album hell in Eden hypnotisiert der Band-Mastermind die Menge mit seiner Persönlichkeit und unterstreicht die Worte und Melodien mit ausdrucksstarken Fingerbewegungen. Die gespielten Titel aus den Alben One of 18 Angels (2000), (iF) (2009), Ego:X (2011), Elegies in Darkness (2014), Grau im Licht (2015) sind eine Mischung aus Melancholie und Darkwave, gespeist aus Träumen und düsteren Geschichten, das typische DiaryofDreams-Rezept, und einem absolut tanzbaren Grundbeat, dem sich das anwesende Publikum, das nahezu ausnahmslos aus beinharten Fans zu bestehen scheint, nicht verweigern kann und will. Die Menge gehorcht ihrem beeindruckenden, volltönenden Meister, der Gitarrist und Schlagzeuger bieten ein schweißtreibendes, perfektes Spiel, der rasende Derwisch von Keyboarder ist unermüdlich mit seinem tragbaren Instrument auf der Bühne unterwegs; alle vermitteln unglaubliche Freude, Spaß am Moment und geben ihr Bestes. Bei „Listen and scream“ stehen alle verfügbaren Musiker vorne am Bühnenrand auf kleinen Podesten, sind von Rauchsäulen umhüllt und feuern musikalische Salven ab, ein sehr schönes Bild! „Malum“ und „Giftraum“ werden abgefeiert und abgetanzt, als gäbe es kein Morgen, „hell in Eden“ beruhigt die Menge etwas, aber wirklich nur etwas. Den Refrain übernimmt bei „AmoK“ ausschließlich das Publikum, und bei „decipher me“ kriecht Adrian Hates fast ins Mikro rein, um dann in unserem Ohr anzukommen. Und dann gibt es einen großen Schritt zurück in die Vergangenheit der Band: Nach einer kurzen Pause ertönt „Traumtänzer“ – welch eine Freude, welch ein Jubel, der hier losbricht, auch für mich ein besonderer Moment, vielen Dank! Adrian meint, manche Lieder brauchen eine kleine Auszeit, damit sie danach wieder richtig wirken können, und das klappt bei diesem Song hervorragend. Man hofft irgendwie, dass die Zeit still steht, aber auch heute Abend ist dies nicht der Fall. Danach soll Schluss sein – aber die Band will einfach nur hören, dass wir mehr wollen, und sie kriegen es zu hören, es wird geklatscht und gerufen, bis wir mehr Diary of Dreams bekommen. Es folgen noch „Grau im Licht“ und „The curse“, als letztes Zuckerl wird der Klassiker „Butterfly: Dance!* geboten.

Was soll ich noch mehr erzählen? Es war ein großartiger Abend mit einem charismatischen Frontmann, der die Menge begeistert und von Anfang an zum Tanzen gebracht hat. Der Sound war manchmal etwas unausgeglichen, das hat der Stimmung aber nichts anhaben können. Ich habe in einem Konzert noch nicht oft so volltönend mitsingende Männer gehört, die weiblichen Vocals sind oftmals untergegangen (vor allem beim gefühlvollen „Traumtänzer“). Die vermehrt musikalischen elektronischen Elemente, die anrührenden, traurigen, melancholischen Texte, die wir ja schon länger kennen, energetische Musiker auf der Bühne, das alles macht den heutigen Eindruck perfekt. Ich bin happy über den „Traumtänzer“ und einfach darüber, dabei gewesen zu sein! Ein sichtlich begeisterter und gerührter Adrian Hates hat zum Abschluss des Konzerts versprochen: „Lieben Dank, München, wir kommen wieder!“ – na, das will ich / wollen wir doch hoffen!

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Setlist Diary of Dreams:
1. Made in shame
2. Epicon
3. Kindrom
4. The wedding
5. Charma sleeper
6. Hiding rivers
7. Echo in me
8. Listen and scream
9. Malum
10. Giftraum
11. Hell in Eden
12. AmoK
13. decipher me
14. Traumtänzer
15. Endless nights
16. The luxury of insanity
17. Undevidable
18. Grau im Licht
19. The curse
20. Butterfly: Dance!

 

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