The Woman with the beautiful Voice

Ein hochkarätiges Bandpaket, was das Backstage hier mal wieder geschnürt hat, ein echter Leckerbissen für die Fans gepflegten Retrorocks. Auch wenn die Spiders aus Schweden leider für die Tour absagen mussten, konnte man mit den Landsleuten Honeymoon Disease eine vielversprechende Newcomer-Band gewinnen. Zusammen mit den isländischen Jungspunden von The Vintage Caravan, die mir auf der Tour mit Audrey Horne und Grand Magus schon ausnehmend gut gefallen haben, und den hochgelobten und heißersehnten Schweden von Avatarium verspricht das ein äußerst vergnüglicher Abend zu werden.

DSC_0339Das dachten sich einige Münchner an diesem Mittwoch, der Backstage Club ist schon rappelvoll, als ich um kurz nach acht eintreffe, und leider sind da auch Honeymoon Disease schon beinahe am Ende ihres Sets angekommen, das sich laut Setliste aus Titeln ihres Debütalbums The Transcendence zusammensetzt und selbst bei den verbleibenden zwei Songs, die ich noch miterlebe, höllisch einheizt. Classic Rock, rotzig und schnell nach vorne gespielt, mit von oben bis unten tätowierten Damen an Gesang und Gitarre und einer sehr engagierten Bühnenshow voller perfekt einstudierter und absolut passender Posen – das ist äußerst vielversprechend, und Honeymoon Disease seien hiermit allen Fans des Genres oder einfach guter Rockmusik empfohlen.

DSC_0419Nach erfreulich kurzer Umbaupause entern dann auch schon die drei Isländer von The Vintage Caravan die Bühne, die nun doch endlich ein wenig älter aussehen. Bewahrt und sogar verstärkt haben sie ihre überwältigende Spielfreude, die einem vom ersten Ton an mitreißt. Klingen tun sie wie die ganz Alten, machen von der ersten Sekunde an mächtig Dampf, und die ersten Reihen flippen richtig schön aus. „Babylon“, „Carousel“, „Innerverse“ oder „Last Dawn of Light“ sind aber auch groovende Kracher, bei denen selbst die mitwippen, die der Band sonst nicht so viel abgewinnen können. Bassist Alexander Örn steht kaum einen Moment still, Gitarrist Óskar Logi schreit sich die Seele aus dem Leib, während er gleichzeitig Wahnwitziges auf seinem Instrument leistet, und Drummer Stefán Ari ist hinter den wirbelnden Drumsticks kaum zu sehen. Vintage Caravan rocken, und ich freue mich schon auf den nächsten Auftritt der drei Isländer.

Danach wird es erst einmal ein wenig ruhiger im Club, eine Verschnauf- und Getränkepause schadet auch gar nichts, außerdem kann sich die Vorfreude auf Avatarium dann so richtig schön steigern. Die Schweden sind eine Art Supergroup des Doom-Retrosounds, mit Candlemass-Ikone Leif Edling als Komponist und graue Eminenz im Hintergrund und fünf erfahrenen und charismatischen Musikern auf der Bühne: Anders Iwers (Bass) und Lars Sköld (Drums), beide schon mit Tiamat erfolgreich, Carl Westholm von Krux (Keyboards), Marcus Jidell von Evergrey (Gitarre) und als absolut großartige Neuentdeckung Marcus’ Frau Jennie-Ann Smith, die aus dem Bluesbereich kommt und über eine der schönsten (Rock-)Stimmen verfügt, die ich kenne. Gegründet wurden Avatarium 2012 von Lars Edling, der auch das erste, selbstbetitelte Album weitestgehend allein konzipierte und das dementsprechend sehr doomlastig ausgefallen ist. Das vor kurzem erschienene zweite Album The Girl with the Raven Mask klingt ein wenig vielfältiger, Jennie-Anns Stimme kommt noch besser heraus, und insgesamt gehört die Scheibe für mich zu den Platten des Jahres.

DSC_0564Um etwa zehn Uhr ist es dann auch endlich soweit, die Band betritt die winzige Bühne, Jennie-Ann ist in einen schwarzen Mantel mit weißen Flatterbändern an den Ärmeln gekleidet und leitet den ersten Song „Ghostlight“ atmosphärisch mit zwei Rasseln und großen Gesten ein. Der phänomenale Ohrwurm „Girl with the Raven Mask“ heizt den Anwesenden dann gleich mal gut ein, die sich beim darauf folgenden „Bird of Prey“ im Doom-Himmel fühlen dürften. „All I want“ von der gleichnamigen EP ist wieder etwas rockiger und ein genauso fieser Ohrwurm.
Mit „Pearls and Coffins“, „Master Thief“ und „Run Killer run“ folgt kurz darauf ein Dreierblock aus Songs vom neuen Album, bei dem die Stimmung endgültig hochkocht. Viele Anwesende sind mit dem Songmaterial bestens vertraut und gehen so enthusiastisch mit, dass die Band immer gerührter wird und sich ständig für die Unterstützung bedankt. Viel Bewegungsspielraum gibt es nicht auf der Bühne, doch gerade Jennie-Ann und Marcus nutzen den Raum perfekt aus und sind unbestritten der optische Mittelpunkt der Show.
Das wunderschöne „Deep Well“ bildet dann den Übergang zum Übersong der Song der Band, „Moonhorse“, einem knapp zehnminütigen Doom-Brecher, den man nach einmal Hören nie wieder vergisst. Als Zugabe gibt es noch „Avatarium“ vom Debütalbum, und wer danach noch stehen kann, ist selbst schuld.

Ein fantastischer Abend, Honeymoon Disease sind sehr viel versprechend, The Vintage Caravan werden immer noch besser, und Avatarium haben mich umgehauen wie selten eine Band, die ich erst vor kurzem kennengelernt hatte. Wenn mich mein Instinkt nicht täuscht, wird man sie zum letzten Mal in so intimem Rahmen wie dem Backstage Club gesehen haben. Wer nicht dabei war, hat was verpasst.
Besonders schön auch Jennie-Anns Worte zwischendurch angesichts der jüngsten Terroranschläge: „We are here to share love, good music and hope.“ Dazu muss man nichts mehr sagen!

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Setlist Avatarium:

1. Ghostlight
2. Girl with the Raven Mask
3. Bird of Prey
4. The January Sea
5. All I want
6. Pearls and Coffins
7. Master Thief
8. Run Killer run
9. Moonhorse
10. Avatarium

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  1. […] hat. Von gepflegten Retrorock hat sich torshammare am 25.11. im Backstage Club begeistern lassen: Avatarium, The Vintage Caravan und Honeymoon Disease standen auf dem Programm. Hier gab es etwas zu sehen, was so vielleicht nicht wiederholbar sein […]

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