Vienna Zombies calling

P1050810Bloodsucking Zombies From Outer Space, ein Bandname, den niemand so schnell vergisst. Gleichzeitig ist der Name auch Programm, denn die Wiener BZFOS bieten eine feine Kombination aus B-Movies, Horrorpunk und Psychobilly, die sie selbst einfach Horrorbilly nennen. Fünfzehn Jahre hat die Combo mittlerweile auf dem Gehilfen-Buckel, in denen sie mit ihren fulminanten Shows eine stetig wachsende Fangemeinde um sich scharen konnten. Was liegt also näher, als das Jubiläum auf einer Tour mit den Fans zu feiern? Dem wachsenden Erfolg und damit auch Zeitdruck fiel leider der Bassist Dr. Schreck zum Opfer, der sich aus familiären Gründen zurückziehen mußte. Zum Glück hat Sänger Dead Gein rechtzeitig zur Tour Dejan Decay als neuen Untoten ausgegraben.

Obwohl Montag ein denkbar ungünstiger Wochentag ist, ist der Club zwanzig vor acht schon halb voll. Bis auf drei oder vier bekannte Gesichter vermisse ich die hiesige Psychobilly-Szene quasi vollständig, dabei haben die BZFOS eigentlich schon eine gewisse Reputation in der Psychobilly-Gemeinde. Dafür ist eine bunte Mischung von Girls und Ghouls aller Couleur anwesend im Club, in dem es zappenduster ist. Das rote Licht der Bar und der Merchandise-Stand sind die einzigen Lichtquellen, sodass die großen Zombiegesichter im Bühnenhintergrund kaum zu erkennen sind. Mit halbstündiger Verspätung geht es gut gefüllt endlich los.
Mit reichlich Nebel und von Alarmsirenen begleitet eröffnen die Bloodsucking Zombies From Outer Space die Show, und das Alarmgeheul warnt uns direkt vor der „Attack from planet Transsylvania“. Die Überlebenden dieses Frontalangriffs müssen anschließend auch noch den „Cannibal Holocaust“ überstehen. Wie Dead Gein aka Richy gleichzeitig singt und Stehdrums spielt ist immer wieder beeindruckend. Dejan am Bass fügt sich prima neben dem Girarristen Mr. Evilize aka Jim ein, und Reverend Bloodbath wechselt zwischen Gitarre und Keyboard. Beim schnellen „I wanna hear you scream“ kommt das erste Mal richtig Bewegung in die Menge, und zum Dank wird das Publikum kurz begrüßt. Nach „Moonlight Sonata“ gibt es ein kleines Problem mit dem Kontrabass, das jedoch schnell behoben ist. Mit entsprechend mehr Druck geht es zu „Shock rock romance“ vor der Bühne richtig ab, und spätestens bei dem Falco-Cover „Vienna calling“, das bei den Wienern natürlich nicht fehlen darf, tanzt jeder mit. Auch die Band ist sichtbar erfreut, und Richy entfährt es spontan: „Geil, dass soviele am Montag gekommen sind! Vielen Dank!“
P1050739Das Licht verdunkelt sich, und es wird Horrorfilmmusik eingespielt. Im dichten grünen Nebel tritt eine in einer schwarzen Robe voller okkulter Symbole verhüllte Gestalt auf die Bühne, die ein Banner von Baphomet vor sich herträgt. Das ist die stimmungsvolle Einleitung zu „Blood on Satan’s claw“. Das folgende „Teenage uni creature“ geht live in „Blitzkrieg Bop“ von den Ramones über und strotzt nur so vor Energie. „Mögt ihr Horrorfilme?“ – „Jaaa!“ – „Mögt ihr Vampirfilme?“ – „Jaaa!“ Klar, dass nun „Mr. Barlow“ gespielt wird, das von der Stephen-King-Verfilmung Brennen muss Salem von Tobe Hooper inspiriert ist. Der Refrain wird dabei zum Mitsingen unter zwei Publikumshälften aufgeteilt. Plötzlich erscheint Mr. Barlow aus dem Film leibhaftig auf der Bühne, über zwei Meter groß und im Aussehen im übrigen Nosferatu aus dem gleichnamigen Stummfilm von Friedrich Wilhelm Murnau nicht unähnlich. Nun wird Dead Gein von „Dr. Freudstein“ und seiner verstörend liebreizenden Assistentin in eine Zwangsjacke gesteckt, wobei er bei diesem Song auch schauspielerisches Talent offenbart. Es ist schade, dass bei „Most beautiful corpse“ uns diese Leiche nicht auf der Bühne beehrt, aber bei „Giant spider“ sind die meisten wahrscheinlich froh, dass diese ausbleibt.
P1050912„Jetzt kommt eine Geschichte, die ich jedes Mal erzähle. Aber sie ist wahr, deswegen erzähle ich sie gerne.“ Inspiriert wurde „Kopf deiner Mutter“ von einem Jungen, der in den 90ern eben jenen abgeschnitten hat. Mitten im Song steht plötzlich der mit einem Schweinekopf maskierte Psychopath auf der Bühne und trägt den blutigen Kopf seiner Mutter am ausgestreckten Arm. Ich springe gerade noch rechtzeitig beiseite, bevor ihr das Blut in einem Schwall aus dem Mund spritzt. Die Leute sind scheinbar tatsächlich etwas geschockt, denn sie reagieren nun etwas verhalten bei „RebP1050954ell yell“, dem Klassiker von Billy Idol, was auch ein ernergisches „Come on!“ zur Folge hat. Als hätte er nur auf das Stichwort gewartet, springt Jason Voorhees mitsamt Eishockeymaske und blutiger Machete auf die Bühne und sorgt für lautes Johlen der Fans. Natürlich wird auch ein Mädchen von ihm gemeuchelt. Nach der Ansage: „Das nächste Lied ist jetzt fünfzehn Jahre alt“ erfreut „Camp Crystal Lake“ das Publikum. Anschließend verschwindet Dead Gein kurz im Backstage und kehrt schick in Frack und Zylinder zurück. Mit im Gepäck hat er den Sarg von „A schöne Leich“ und präsentiert diese Ballade äußerst gefühlvoll. Mit „Horrormovie Fan“ endet schließlich das offizielle Set.
Aber nicht für lange, denn es werden energisch Zugaben eingefordert, und so lassen sich die Bloodsucking Zombies From Outer Space nicht lange bitten. Doch zunächst nebelt eine Gestalt mit Gasmake und in Schutzanzug die Bühne völlig blickdicht ein. Zu Alarmsirenen wechseln sich zuckendes Stroboskop mit grünem Licht ab, und all diese Effekte zusammen beschwören das Bild einer Atomkatastrophe, wozu die Band „Radio active“ spielt. Auch ein Montag ist ein „Nice day for an exorcism“, dabei springen noch einmal Jason Voorhees und die besessene kleine Regan aus dem Film Der Exorzist über die Bühne. Jason schleudert große Luftballons ins Publikum, um sie danach mit einer mit Stacheldraht umwickelten Keule zu zerplatzen, sodass das darin enthaltene Konfetti auf das begeisterte Publikum herabregnet. AnschließeP1060105 - Kopiend tanzen nicht nur alle den „Monster mutant boogie“, die Titelzeile wird auch lauthals mitgesungen. Wieder verabschiedet sich die Band halbherzig vom Publikum, und wieder kommt sie für die finale Zugabe zurück. Die Hymne „Poison“ von Alice Cooper gefällt mir in der Psychobilly-Version deutlich besser als im Original, die Bandmitglieder werden dazu vorgestellt und gefeiert, und zum Abschluss einer mitreißenden Show regnet es Goldkonfetti, während Dejan die letzten Takte den Kontrabass über dem Kopf spielt. Das Licht geht an, die Musik setzt ein, und die Leute drängen sich verdientermaßen um den Merchandise-Stand. Richy kommt nach ein paar P1060219Minuten noch einmal heraus, um langsam aufzuräumen, doch dann sieht er den immer noch gut gefüllten Club. Er stutzt, hält inne und stellt dann grinsend die alles entscheidende Frage: „Leute, habt ihr noch Bock?“ Wer hätte das nicht – also schnappt er sich eine Akustikgitarre und setzt sich vorne entspannt auf seine Bassdrum. Auch die übrigen Bandmitglieder kehren zurück, und zusammen intonieren sie den „Mörder Blues“. Dejan klettert dabei sogar auf seinen Bass, und der gesamte Club singt mit, ob er nun des wienerischen Dialektes mächtig ist oder nicht. Ein toller und gefühlvoller Abschluss eines perfekten Abends!

Fazit: Dem nicht dabeigewesenen Leser mag das alles sehr billig erscheinen, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Showeffekte waren wirklich gut gemacht und wohlüberlegt inszeniert und integriert. Das hat mächtig Spaß gemacht. Die Zombies verstehen es eine Show zu rocken, und das wortwörtlich. Aber es waren gerade die ruhigen Balladenmomente, bei denen sich das ganze musikalische Können offenbart hat, und die mir deswegen besonders gut gefallen haben. Den Austrian Amadeus Music Award haben sie nicht umsonst gewonnen. Auf die nächsten fünfzehn Jahre!

Setlist:
Attack from planet Transsylvania
Cannibal Holocaust
I wanna hear you scream
Moonlight Sonata
Shock rock romance
Vienna calling (Falco)
Blood on Satan’s claw
Teenage uni creature
Blitzkrieg Bop (Ramones)
Mr. Barlow
Dr. Freudstein
Most beautiful corpse
Giant spider
Kopf deiner Mutter
Rebell yell (Billy Idol)
Camp Crystal Lake
A schöne Leich
Horrormovie Fan

Radio active
Nice day for an exorcism
Monster mutant boogie

Poison (Alice Cooper)

Mörder Blues

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