Auch nach 25 Jahren: Folk’s not dead

Anfang 1990 wurden im fränkischen Erlangen die Weichen gestellt für eine einzigartige Erfolgsgeschichte im deutschen Folk-Rock, als rund um Ralf „Albi“ Albers das Projekt Fiddler‘s Green entstand. Und heute, 25 Jahre später und erfolgreicher als je zuvor, wurde es Zeit für eine Riesen-Geburtstagsfete. Schon im Vorfeld sorgte der Münchner Tour-Termin für eine Überraschung, als mitgeteilt wurde, dass keine Geringeren als die Mittelalter-Folker Schandmaul als Support gewonnen werden konnten. Beide Bands verbindet seit vielen Jahren eine enge Freundschaft, und schon oft traten Fiddler‘s Green im Vorprogramm oder auf Festivals von Schandmaul auf. Letztes Jahr, als Geigerin Anna Kränzlein sich in einer längeren Baby-Pause um ihre Kinder kümmerte, sprang Fiddler Tobi Heindl für sie ein und tourte mit den Münchnern. Also revanchierte sich heute einfach mal die komplette Band als Einheizer. Und so verwunderte es auch nicht, als ein Tag vor dem Konzert das Event als „ausverkauft“ gemeldet wurde.

Einlass ins Werk war um 19 Uhr, es füllte sich langsam, und pünktlich eine Stunde später betrat Fiddlers Frontmann Albi die Bühne, um die sechs Musiker von Schandmaul anzukündigen. In der Zwischenzeit war die Halle brechend voll geworden, und das Publikum, in großer Erwartung auf einen heißen Abend, tobte bereits, bevor auch nur ein einziger Ton gespielt wurde. In der Wartezeit hatten wir noch diskutiert, wie lange der Support-Auftritt wohl gehen würde, ein Blick auf die Setlist verriet, dass zehn Songs geplant waren. Nicht so viele wie gehofft, aber auch verständlich.

Sah man die Jungs von Schandmaul in letzter Zeit meistens in ledernen Trachtenhosen, so hatte sich heute auch Anna ein wunderschönes rot-schwarzes Dirndl angezogen. Für mich war es ihr erster Auftritt nach der Geburt ihres zweiten Kindes und ich freute mich, „meine“ Schandmäuler wieder komplett zu sehen. Musikalisch waren hauptsächlich schnelle, tanzbare Songs ausgewählt worden wie der „Hofnarr“, „Teufel“ oder „Walpurgisnacht“. Eine sehr schöne Überraschung war „Leb!“, ein Lied, das mir immer sehr nahe geht, da ich den Text so wunderschön finde. Als letzten Song gab es mit „Anblick“ noch die obligatorische Ballade, bevor sich die Münchner nach 40 Minuten verabschiedeten und die Bühne für eine kurze Umbaupause frei gaben.

Um 21 Uhr war es dann soweit und Fiddler‘s Green starteten mit „Take me back“ ihre Geburtstags-Show. Der erste Höhepunkt war das wunderschöne Geigen-Solo von Tobi, heute unterstützt von Anna. Diesen in Loops aufgenommenen Kanon frei nach Johann Pachelbel liebe ich schon, seit ich ihn vor Jahren das erste Mal hörte. Gänsehaut pur, sage ich nur! Einen weiteren Höhepunkt bot im direkten Anschluss das Eselreiten zu „Donkey Riding“. Hier werden wie immer Paare aus Esel und Reiter gebildet, um dann dazu im Mosh zu tanzen. Sehr witzig anzusehen und für die Teilnehmer eine schweißtreibende Aktion. Während Backliner Andre und die anderen Helfer die Bühne für das Akustik-Set umbauten und mit Barhockern ausstatteten, kamen die Musiker ebenfalls in den „Hexenkessel“ des Werks, um gemeinsam mit den Eselspaaren zu spielen und zu tanzen.

Es folgte über drei Songs ein Akustik-Set in Erinnerung an zwei großartige Touren „Acoustic Pub Crawl“ in den Jahren 2012 und 2014. Auch wenn es dabei ein wenig ruhiger wurde, so wurde es doch umso emotionaler: Als „Dirty old Town“ gespielt wurde, bekam ich die totale Gänsehaut. Danach war wieder Schluss mit Ausruhen und es folgte, was bei keinem Fiddlers Konzert fehlen darf: die so genannte „Wall of Folk“ in Anlehnung an die etwas härtere Death-Variante zu „Rocky Road to Dublin“. One, two, three, four, five … Weil dabei kein T-Shirt trocken blieb, wurden alle Besucher, Männer UND Frauen, aufgefordert diese doch besser gleich auszuziehen und um den eigenen Kopf zu wirbeln. Ein sehr witziger Anblick, wenn mehrere 100 verschwitzte, tanzende Körper ihre überwiegend schwarzen Shirts über sich kreisen lassen. In der letzten halbe Stunde der 30 Songs umfassenden Setlist, wurde noch wie zu Silvester ein Knaller-Song nach dem anderen abgeschossen: „Shut up and dance“, „Folk’s not dead“, „Yindi“, „Paddy Murphy“ um nur einige zu nennen. Ein ruhiges Albi-Solo bekamen wir mit „All these Feelings“ auch noch zu hören, bis es dann mit dem gleichnamigen Titelsong der aktuellen CD „25 Blarney Roses“ zum endgültigen Ende kam. Hierfür wurden 25 Mädels auf die Bühne gebeten, die alle mit einer künstlichen roten Rose beschenkt wurden und sichtlich viel Spaß dabei hatten.

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Doch dann war es leider Zeit für den Abschied, zumindest für heute. Nachdem ich aber keine Band kenne, die so viel auf Tour ist, und der Festival-Sommer ja auch schon bald startet, ist es nur eine kurze Frage der Zeit, wann ich die tollste Folk-Band Deutschlands wieder live erleben darf.

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Die beiden Setlisten:

 

Danke an Peter für die tollen Fotos.

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