See you in Hell

Das alljährliche Free & Easy-Festival im Backstage ist immer eine feine Sache, auch wenn musikalisch eher die Gitarren dominieren. Ein bisschen was für die schwarze Elektroseele gibt es aber zum Glück doch immer, und an diesem Donnerstag freuen wir uns – vor allem die gerade erst vom Amphi-Festival Zurückgekehrten und noch unter leichtem Festivalblues Leidenden – auf eine schöne Elektromischung bestehend aus Tying Tiffany, Imaginary War und Suicide Commando. Letztere mussten ihren geplanten Auftritt vor einem Jahr wegen einer schweren Knieverletzung von Bandchef Johan van Roy leider absagen – umso größer ist die Freude, dass das Konzert dieses Jahr nachgeholt wird.

tying-tiffanyEtwas leer ist das Backstage Werk allerdings noch, als ich um kurz vor halb acht eintreffe, was sich auch noch nicht wesentlich geändert hat, als die Italiener Tying Tiffany (Tying Tiffany am Mikro und Lorenzo Montanà am Keyboard) um kurz vor acht auf die Bühne gehen. Sehr schade, denn die Formation, die bereits fünf Alben veröffentlicht und mit vielen namhaften Bands gespielt hat, hätte etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Ein wenig voller wird es mit der Zeit noch, aber da ist noch ordentlich Luft zwischen den Zuschauerreihen.
Tying Tiffany spielen eine mal energische, mal liebliche Mischung aus Synthie und etwas rockigeren Rhythmen. Songs wie „One Second“, „Miracle“, die Elektroperle „Border Line“ oder „Show me what you got“ bieten einen schönen Querschnitt durch ihr bisheriges Schaffen. Der Auftritt ist gut aufgebaut, von etwas eingängigeren, melodiöseren Songs steigert sich in die Intensität zu wilden, fast schon elektropunkigen Tracks, bei denen das Stillstehen schwerfällt.
Ein sehr schönes Konzert von den Italienern, und ich hoffe, Tying Tiffany nicht zum letzten Mal gesehen zu haben.

imaginary-warAls zweite Band des Abends spielen die Ulmer Synthiepopper Imaginary War, die bereits letztes Jahr mit Northern Lite Gäste auf dem Free & Easy waren und da einen recht guten Eindruck hinterlassen hatten. Eingängiger Synthiepop mit guten Melodien – das verspricht eine gute Ergänzung zu Tying Tiffany und den brachialeren Suicide Commando zu werden.
Leider entwickelt sich der Auftritt nach einem geglückten Anfang mit „The Way we feel“ und „Hotel Bizarre“ zu einer etwas zähen Angelegenheit, die weitere Songauswahl ist nicht ganz geglückt, oft zu langsam und wenig mitreißend. Einige Fans tanzen vor der Bühne, ansonsten leert sich der Innenraum leider im Lauf des Auftritts. Schade, da wäre mehr drin gewesen, die Band ist an sich gut und hätte mit etwas lebendigeren Songs sicher eine ganz andere Stimmung verbreiten können.

suicide-commandoAls es dann Zeit für Suicide Commando wird, füllt sich das Backstage Werk schlagartig, und alles wartet ungeduldig auf Johan van Roy und seine Mitstreiter. Ich gestehe, ich habe Suicide Commando noch nie live gesehen, auch wenn die Musik mich schon lange begleitet. Umso schöner, dass dieser Auftritt klappt, auch wenn Johan van Roy immer noch mit Knieschiene auf die Bühne kommt, die Verletzung vom letzten Jahr scheint noch nicht ausgeheilt zu sein. Anmerken lässt der Belgier sich allerdings nichts, kaum eine Sekunde steht er still. Wir Fotografen rennen ihm im Graben hinterher, und diese Energie überträgt sich auch vom Eröffnungssong „Bind, torture, kill“ an aufs Publikum. „Hate me“, „God is in the Rain“ oder „Cause of Death: Suicide“ erlauben keine Verschnaufpause. Schlag auf Schlag geht es weiter, die Hits wie „Attention Whore“, „Dein Herz, meine Gier“, „Die Motherfucker die“ oder „See you in Hell“ fehlen natürlich auch nicht („Hellraiser“ allerdings schon, was ein wenig schade ist), und als Zugabe gibt es noch „Conspiracy with the Devil“ auf die Ohren. Danach sind die meisten, einschließlich der Band, ausgepowert und glücklich, und für diejenigen, die erst warmgetanzt sind, legt DJ Schwedler auf der Aftershowparty in der Werkstatt auf.

Fazit: Ein insgesamt schöner schwarz-elektronischer Abend!

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