Der Reiz des Düsteren

 

Schwarz sollte es heute Abend werden, pechschwarz, und doch sehr abwechslungsreich. Drei Nationalitäten werden auf der Bühne stehen, drei verschiedene Musikstile, drei Meister ihres jeweiligen Faches. Leider ist es ein Montagabend, und das Publikum tröpfelt eher spärlich in die Backstage Halle, was sich im Laufe des Abends auch nicht so viel bessern wird. Vielleicht liegt’s auch am derzeitigen exzellenten Konzertangebot für Metal-Fans, man könnte ja wirklich jeden Tag irgendwo hingehen und die Rübe schütteln. 

saturnusVon der mageren Kulisse lassen sich die Dänen Saturnus aber nicht abhalten, ihren mit wunderschönen, traurigen Melodien durchzogenen Doom zu zelebrieren, von Sänger Thomas A. G. Jensen mit abgrundtiefer Stimme vorgetragen. „Litany of Rain“ vom aktuellen Album Saturn in Ascension eröffnet den Auftritt, und so erhaben und alles niederwalzend soll es weitergehen. Der Fokus liegt eindeutig auf dem neueren Material, „Wind torn“ (mein Highlight) und „A Father’s Providence“ wechseln sich mit älteren Songs ab, abgerundet wird dieser wunderbare Auftritt von „Christ Goodbye“ vom 1996er Album Paradise belongs to you. Die Band kann also auf langjährige Erfahrung zurückblicken, und das merkt man ihr auch an. Saturnus seien allen Doom-Fans und die es noch werden wollen wärmstens ans Herz gelegt, auch My-Dying-Bride-Anhänger oder Hörer von langsamem atmosphärischem Black Metal dürfen hier gern ein, zwei Ohren riskieren.

dordeduhWeiter geht es mit der Band, auf die ich mich schon lange gefreut habe, Dordeduh aus Rumänien. Den meisten dürften die Herren nicht unbekannt sein, haben sie doch damals noch bei Negură Bunget schon diverse bahnbrechende Avantgarde-Black-Metal-Werke veröffentlicht, die tief spirituell waren und die Natur und den Geist der rumänischen Weiten atmeten (nicht zu vergessen die beeindruckenden traditionellen Instrumente, die immer schon eine große Rolle gespielt haben). 2009 verließen Hupogrammos und Sol Faur nach internen Querelen Negură Bunget und gründeten Dordeduh. Stilistisch unterscheiden sie sich nicht so sehr von der Vorgängerband, ich finde ihre Musik aber dennoch intensiver, abwechslungsreicher, eine gelungene Fortführung und Weiterentwicklung des großen Negură-Bunget-Albums Om. Auch hier dürfen die Holzinstrumente und die meterlangen alphornartigen Blasrohre nicht fehlen, auf dem ersten Album Dar de duh findet sich gar ein astreiner Akustiksong, mit dem Dordeduh ihren Auftritt auch äußerst stimmungsvoll beginnen. „Dojană“ verzaubert und entführt die Zuhörer in die Weiten der rumänischen Berge, doch danach wird es düster und knüppelhart. Dordeduh entfachen wahre Lärmgewitter mit Songs wie „Flăcărarii“, „Cumpăt“ oder „Jind de tronuri“. Das Publikum reagiert verhalten oder andächtig, das ist schwer zu sagen, mir hat der Auftritt der Rumänen (wieder mal) ausgezeichnet gefallen. Keine leichte Musik, man muss sich definitiv darauf einlassen, man muss erbarmungslose Lärmeruptionen mögen, die aber jederzeit wieder in zarte Passagen umschlagen können.
Mein Highlight des Abends, definitiv.

vision-bleakSehr viel mehr Bewegung im Publikum (mittlerweile sind etwa hundert Leute anwesend) entsteht dann beim Headliner The Vision Bleak. Die Herren Schwadorf und Konstanz sind auch schon viele Jahre in der Szene unterwegs (ich sage nur Empyrium), dementsprechend souverän und voll auf die Zwölf geht es auch los. Zu The Vision Bleak muss man nicht mehr viel sagen, die Band ist seit Jahren ein fester Bestandteil der (Gothic-)Metal-Szene und macht live mit ihrer rockigen, aber auch knüppelnden Mischung keine Gefangenen. Songtechnisch konzentriert man sich auf das brandneue Album Witching Hour sowie das Debüt aus dem Jahr 2003, The Deathship has a new Captain, doch auch die Alben dazwischen werden mit einigen Songs berücksichtigt.
Witching Hour ist erst einige Tage auf dem Markt, doch auch diese Songs werden lautstark bejubelt, allen voran das eingängige „Wood Hag“, zu dem es ein sehr sehenswertes offizielles Video auf YouTube gibt. Jetzt weiß man auch, wozu das Holzgestell mit Kessel gut sein soll, das mitten auf der Bühne steht. Während des Songs entsteigt ihm dichter Nebel und verschluckt die Musiker nach und nach.

[embedplusvideo height=“300″ width=“400″ editlink=“http://bit.ly/GGuscs“ standard=“http://www.youtube.com/v/HDmmMbHWr0I?fs=1″ vars=“ytid=HDmmMbHWr0I&width=400&height=300&start=&stop=&rs=w&hd=0&autoplay=0&react=1&chapters=&notes=“ id=“ep8141″ /]

Die ganz große Stimmung im Publikum kommt naturgemäß dann eher bei den Klassikern wie „Kutulu!“, „Wolf Moon“ oder dann in der Zugabe „The Deathship Symphony“ und „The lone Night Rider“ auf, was diesen engagierten und mitreißenden Auftritt sehr gut abrundet. Doch auch insgesamt hat nicht eine Sekunde Langeweile bei den Zuschauern geherrscht.

Setlist Vision Bleak:
Intro
Hexenmeister
Carpathia
The black Pharaoh
Night of the living dead
Cannibal Witch
Descend into Maelstrom
The Wood Hag
Kutulu!
Wolf Moon
The grand Devilry
The Blocksberg Rite

The Deathship Symphony
The lone Night Rider

Fazit: Eine gute Mischung düsterer Bands, die alle ihren ganz eigenen Stil pflegen und einen auf ihre Weise in ihren Kosmos mitreißen. Saturnus haben mich zum Träumen gebracht, Dordeduh begeistert und The Vision Bleak gut unterhalten. Allein die magere Zuschauerschar war enttäuschend, dieser Abend hätte mehr Publikum verdient.

  (mit Tendenz zu fünf)

(10859)

2 Kommentare
  1. alex
    alex sagte:

    Danke, schön geschrieben. So empfand ich es auch. Eines sehr ausgewogene Mischung vorzüglicher Bands, die keine Sekunde des Abends langweilig werden ließen. Ein richtig guter Konzertabend mit leider viel zu wenig Besuchern…

  2. torshammare
    torshammare sagte:

    Danke fürs Feedback! Freut mich, wenn nicht nur ich den Abend so empfunden habe wie beschrieben.
    Was die magere Besucheranzahl angeht – bei Negura Bunget und Co. letzte Woche muß es noch erbärmlicher gewesen sein … Sehr schade, das alles.

Kommentare sind deaktiviert.