Von der nordischen blonden Fee

Die 33-jährige Dänin Agnes Obel, die seit 2006 in Berlin lebt, wurde hier in Deutschland erstmals einem größeren Kreis bekannt, als ihr Lied „Just So“ 2009 in einem Werbespot der Deutschen Telekom verwendet wurde. Ich habe sie erst vor ein paar Monaten durch die Radiosendung eines Freundes kennengelernt, habe mich aber gleich in ihre Musik verliebt.
Ich war erfreut, dass sie in der Philharmonie auftritt. Diese wird ja immer kritisiert: sie ist entweder zu groß oder zu klein, und der Sound ist generell schlecht. Eigentlich sollte man sie abreißen.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich habe hier schon viele schöne Konzerte erlebt, und ich sitze, höre und sehe hier immer gut. Darum freue ich mich auf diesen Freitagabend, als Ausklang einer anstrengenden Woche. Der Saal ist etwa zur Hälfte gefüllt – fast nur die teuersten Plätze sind belegt. Ich bin hier also unter wahren Fans.

Aber als Vorgruppe gibt es jetzt erst einmal die dreiköpfige Band French for Rabbits aus Neuseeland, die laut ihrer Facebook-Seite „Dream Pop“ spielt. Mittelpunkt ist die filigrane Sängerin Brooke, die darüber hinaus noch ein Multitalent an den Musikinstrumenten zu sein scheint. Die Musik ist gut anhörbar und French for Rabbits eine nette Dreingabe. Witzige Anekdote am Rand: Einer der beiden männlichen Bandkollegen ist ein leidenschaftlicher Surfer, erfährt man nebenbei, der bitte danach am Merchandise-Stand ein Surfbrett geliehen bekommen möchte, weil er unsere Welle ausprobieren will. Wofür München nicht alles bekannt ist!

Danach wird marginal umgebaut, die Beleuchtung wird neu ausgerichtet, Instrumente kommen hinzu sowie diverse Wasserflaschen. Nach insgesamt 15 Minuten erlischt das Licht wieder, und vier fast nur in schwarz gekleidete Feen treten auf die Bühne. Jede geht zielstrebig an ihr Musikinstrument und an die Mikrofone. Die Bühne ist ja eigentlich zu groß, aber mit Gaze-Stoffbahnen im Hintergrund, die verschieden angeleuchtet werden und teils ein Muster auf dem Boden ergeben, ist das ein bezaubernder Rahmen für die Damen und deren Musik. Stimmgewaltig legt Agnes los. Wunderschöne, eigentlich ruhige Songs bekommt man zu hören, die auf CD fast schon ein wenig von den Melodien und der Instrumentierung an Eric Satie erinnern. Als die Band beginnt, ist es allerdings wirklich wuchtig, wie ein groß instrumentiertes klassisches Konzert mit einer grandiosen Lead-Stimme, und die anderen Damen unterstützen auf den Ton perfekt am Mikrofon, obwohl sie allesamt auch noch ihre Instrumente spielen. Mit traumwandlerischer Sicherheit wechseln sie diese durch, mal geht eine von der Melodica zum Flügel, die andere legt ohne großes Aufsehen den Bass nieder und greift zur Violine, ebenso Agnes, die ein Tasteninstrument-Wunder zu sein scheint. Sie spielt Spinett ebenso sicher wie den großen Flügel. Und die Stimme dazu! Als Pause zwischen den Liedern dient der Instrumentenwechsel, der teilweise zu einer Art Inszenierung wird.
Bei den wunderschönen Stücken der beiden Alben Philharmonics und Aventine kann man sich wohlig zurücklehnen und genießen. Aber Augen zumachen ist nicht drin, denn die minimalistischen Lichteffekte zusammen mit der angenehmen und unaufgeregten Performance der Frauen gehören einfach zu den Klanglandschaften, die sich vor uns auftun.
Als Zugabe spielt Agnes noch Stücke, die nicht von ihr sind. Sehr sympathisch, finde ich, da sie sich nicht zum Mittelpunkt macht mit ihrer Musik, obwohl sie tatsächlich am Schluss alleine auf der Bühne ist.
Beim Applaus strahlen die Ladys, es gibt Standing Ovations, und ergriffen und glücklich geht man heim.

Agnes Obel also auf „den Werbespot mit der Telekom“ zu reduzieren wäre völlig ungerecht. Sie ist eine großartige, charismatische Sängerin, die vom Stil her ein bisschen wegen des Klaviers und dieser kleinen feinen Melodien an Debussy oder Eric Satie erinnert sowie an andere nordische Künstler wie Jan Garbarek und Sigur Rós. Die Stimme lässt am ehesten vielleicht noch an Kate Bush, Tori Amos oder Florence Welch denken.
Die drei Musikerinnen auf der Bühne, ihre Begleitband auf Tour, hat Agnes vorzüglich ausgewählt: Anne Müller (Cello, Gitarre, Melodica, Backing Vocals), Mika Posen (Violine, Backing Vocals), Charlotte Danhier (Cello, Backing Vocals) und Sophie Bayot (Violine, Viola, Backing Vocals) haben einen großen Anteil an diesem verzaubernden Abend.

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(1975)