Von der einen zur anderen Bühne und schnell wieder zurück …

Wie, schon fast Mittag? Wo ist denn der Tag hin? Vielleicht hängt noch der Schlaf in den Augen, Festivalnächte sind doch immer kurz. Und auch am Mediaval wird bis tief in die Nacht gefeiert, wenn doch etwas ruhiger und – dank Lagerfeuer – weit angenehmer als vielleicht bei anderen Festivals.
_DSC2296Da kann es schon passieren, dass man die ersten Bands des Tages glatt verpasst. Elf Uhr ist auch eine denkbar undankbare Zeit, zu der die ersten Teilnehmer des diesjährigen Nachwuchswettbewerbs, des Mediaval-Awards, antreten dürfen. Drei Newcomer-Bands treten in der Kategorie „Mittelalter-Rock“ um den heiß ersehnten Goldenen Zwerg an: Incantatem, Storm Seeker und Fuchsteufelswild. Der Vorjahressieger in der Kategorie „Spielleute“ hat es ein bisschen besser erwischt: Skaluna eröffnet Festivaltag zwei eine halbe Stunde später auf der Burgbühne. Spätestens jetzt sollten dann doch alle wach sein!

Auch der Nachmittag bietet auf allen Bühnen Interessantes. Faey liefert mit Sandra Elflein, einer _DSC2462weiteren ehemaligen Faun-Sängerin, poppigen Folk-Rock, kann aber mit vor sich hin plätschernden 0-8-15 Melodien und wenig herausragendem Gesang nur mäßig überzeugen. Musikalisch etwas härter wird es dann mit Grai. Die russische Folk-Metal-Band mit einer energiegeladenen Frontfrau regt einen überraschend großen Teil des Publikums zum Headbangen an – die Besucher des Festival Mediaval sind vielfältig, sowohl was ihren musikalischen Geschmack angeht als auch ihren Kleidungsstil. Das zeigte sich im Vorfeld schon bei den doch gespaltenen Ansichten über Heimataerde, dem vorangegangenen Nachmittagsact. Die Band wirkte auf die einen als Publikumsmagnet, die andere Hälfte war eher abgeschreckt und suchte Zerstreuung im Marktgeschehen oder am zauberhaften Mokkastand, der mit vielen, wundervoll drapierten Sitzgelegenheiten eine schmackhafte Erholungspause bot.

_DSC2631Am frühen Abend kommen wir dem „Balkan Special“ musikalisch ein wenig näher. Dikanda, eine siebenköpfige Band aus Polen, sorgt mit abwechslungsreichen Instrumenten und einer charismatischen Sängerin für ausgelassene Tanzstimmung. Mit ihrer ausdrucksvollen Stimme, begleitet von Trompete, Geige, Akkordeon und Zimbeln, lässt uns Frontfrau Ania in sanften Balladen von anderen Ländern träumen und macht es uns in schwungvollen Tänzen schwer, die Beine still zu halten. Dikanda ist ein Septett aus begabten Musikern, deren Freude am Musizieren eindeutig ansteckend ist! In aufgeheizter Stimmung geht es also schon wieder hinauf zur Schlossbühne, wo die Stammgäste Omnia ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum mit den Besuchern feiern möchten. Die Fangemeinde ist mehr als bereit dazu! Bereits innerhalb der ersten zehn Minuten nach Öffnen des Merchandise-Standes hat sich eine lange Schlange gebildet: Sehnsüchtig warten die Fans auf das neue Album Prayer. Bereits mit ihrem Intro heizen die Pagan_DSC2715 Folker die Stimmung noch weiter an. Während des mehr als einstündigen Konzerts spielen Omnia einige Stücke der neuen Platte, vor allem aber viele alte und holen dazu auch alte Bekannte wie Kelvin Kalvus mit auf die Bühne. Die Musiker sind routiniert und lieben es sichtlich, Teil des Festivals zu sein. Das Konzert jedoch stimmt mich nachdenklich. Die Musiker von Omnia predigen Liebe und Freiheit für unsere Mutter Erde, ihre Musik drückt Spiritualität und Lebendigkeit aus. Die Fans imitieren Tätowierungen ihrer Idole, fühlen sich mit Band und Musik verbunden. Die Botschaft hinter Omnia scheint jedoch irgendwo auf dem Weg verloren zu gehen; das Konzert wird durch das filmende Smartphone verfolgt, das Publikum hüpft in Polyesterkleidung ohne jegliches Taktgefühl wild durch die Gegend. Ein bitterer Beigeschmack bleibt zurück …

Aber genug des Philosophierens. Die Nächte an diesem wunderbaren, spätsommerlichen Wochenende sind schon nicht mehr ganz warm, aber über das Festivalgelände verteilte Lagerfeuer schaffen Abhilfe. Von fern dringen die äußerst abwechslungsreichen aber nicht immer melodischen Klänge von R.U.T.A. an mein Ohr, kurz nachdem in der Kategorie „Mittelalter-Rock“ der diesjährige Goldene Zwerg an die Mitglieder von Fuchsteufelswild übergeben wurde. Die Entscheidung, was nun am Abend den Magen am besten füllen könnte, fällt schwer; man weiß gar nicht, welche der vielen dargebotenen Leckereien zuerst verspeist werden sollten. So lassen wir uns vom Abend in die Nacht hineintreiben, während Qntal auf der Schlossbühne ihr 25-jähriges Bandjubiläum feiern. Viele Gastmusiker, darunter auch Dandarvaanchig Enkhjargal von Violons Barbares geben sich ein Stelldichein auf der Bühne und sorgen für eine abwechslungsreiche Show bis tief in die Nacht.

Fotos von Tanja Knüppel 

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