So kommet und feiert mit uns

Ein heißer Tag Ende Juli, das Free&Easy-Festival im Backstage ist gerade mal zwei Tage alt, und schon wartet ein beeindruckendes Metal-Package auf viele feierwütige Zuschauer. Mit Dew-Scented, Milking the Goatmachine und Powerwolf treten drei deutsche Bands auf, die exzellente Vertreter ihrer jeweiligen Spielrichtung sind und Garanten für einen intensiven Metal-Abend.

dew-scented-freeeasyUrsprünglich hätten vier Bands spielen sollen, doch dann gehen Dew-Scented doch als Erste auf die Bühne, offensichtlich hat sich da in der Planung etwas geändert. Die Band war im März mit Testament auf Tour und hat mir da schon sehr gut gefallen. Jetzt sind sie mit der neuen Platte Insurgent im Gepäck zurück und bestätigen meinen guten ersten Eindruck voll und ganz. Thrash voll auf die Zwölf, kompromisslos und schnell, so muss das sein. Die Songauswahl konzentriert sich hauptsächlich auf ältere Stücke von dem 2003er-Album Impact (z.B. „Acts of Rage“, „Cities of the Dead“) und neuere vom 2012er-Album Icarus (z.B. „Sworn to obey“, „Thrown to the Lions“ oder „Storm within“). Ein brandneuer Song vom neuen Album Insurgent – das eine Zusammenstellung von neuen Stücken, Liveaufnahmen und anderen Raritäten darstellt und mit dem die Band ihr 20-jähriges Bestehen feiert – kommt auch zu Ehren und wird gewohnt humorvoll von Sänger Leif Jensen angekündigt: „Das ist jetzt was Neues, wenn’s in die Hose geht, nich anmerken lassen, einfach weiterbangen, ok?“ Das lässt sich machen, und in die Hose geht zum Glück auch nichts.
Nach einer Dreiviertelstunde ist das etwa zur Hälfte gut und darüber hinaus locker gefüllte Werk ausreichend aufgewärmt. Danke, Dew-Scented, das war fein, beim nächsten Mal gern wieder dabei! 

milking-the-goatmachineNach kurzer Umbaupause geht es dann weiter mit Milking the Goatmachine. Grindcore-Fans muss man die Band nicht mehr vorstellen, und allen anderen Metal-Interessierten eigentlich auch nicht. Die Ziegenmänner Goatleeb Udder (Gesang und Schlagzeug), Goatfreed Udder (Gitarre und Bass) sowie deren Live-Verstärkung Steve Shedaway (Bass) und Lazarus Hoove (Gitarre) zünden ein wahres Grindcore-Feuerwerk und holzen sich durch eine solche Unmenge von Songs, dass einzelne Liedtitel unwichtig werden. Das Bandkonzept mit Ziegenmasken vorm Gesicht, ziegenhaften Pseudonymen und ziegenartigen Songtiteln wird jedenfalls konsequent durchgezogen. Da alle drei Saitenmänner sich rein auf ihre Instrumente konzentrieren können, agieren sie entsprechend agil-wahnsinnig und rennen ohne Unterlass über die Bühne. Da bekommt man dann im Fotograben auch beinahe mal einen Gitarrenhals ins Gesicht – und wenn man ganz schnell ist, kann man den Urheber dabei sogar noch fotografieren. Vielleicht steht dann aber auch schon wieder ein anderes Bandmitglied an der Stelle, man weiß es nicht. Die Ziegenmänner haben viele Fans angezogen, die Plastikmasken der Band finden sich auch häufig im Publikum wieder, es gibt trotz der Hitze immer wieder Moshpits, und die Stimmung ist großartig. Bei dem Geschredder kann man auch kaum die Füße und den Nacken stillhalten, Grindcore-Connaisseure kommen hier voll auf ihre Kosten.

powerwolfPowerwolf bieten dazu dann eigentlich das komplette Kontrastprogramm, aber viele Fans sind wohl tatsächlich wegen allen drei Bands des heutigen Abends gekommen, das Werk leert sich nicht, im Gegenteil, es ist immer voller geworden. Powerwolf sind allerdings wirklich eindeutig die ersehnten Headliner beim Publikum, viele Zuschauer sind im bandtypischen Make-up und teilweise sogar ähnlichen Kostümen gekommen, schon in der Umbaupause werden die ersten lautstarken Rufe nach der Band um den rumänischen Sänger Attila Dorn laut. Der ist dann auch eindeutiger Mittelpunkt und Liebling der Show, seine witzige, aber trotzdem nicht aufdringliche Art, durch den Auftritt zu führen, gefällt auch mir sehr gut. Ein Zitat fasst den Abend perfekt zusammen: „Ich bin heute so schelmisch aufgelegt.“ Ja, ist er, das können wir alle bestätigen. „Sanctified with Dynamite“ macht als Opener gleich mal keine Gefangenen, wie Dynamit jagen die Powerwölfe Riffs und Melodien in die Menge, Keyboarder/Organist Falk Maria Schlegel kommt immer wieder hinter seinem Instrument hervor und feuert die jubelnden Fans vom Bühnenrand aus an. Ich gestehe ja, von der Band vorher bis auf kurze Liedausschnitte gar nichts gekannt zu haben, mein Geschmack sind diese Mitsinghymnen auch nicht. Eigentlich. Doch auch ich muss vom ersten Takt an mitwippen und breit grinsend die ungeheure Spielfreude der Band bestaunen, ebenso wie die fast schon fanatischen Reaktionen der Fans. Man muss den klerikalen Touch der Band (Liedtitel, Bühnenshow …) und den etwas arg eingängigen Power Metal nicht grundsätzlich toll finden, aber die fünf Herren machen ihre Sache verdammt gut, und es ist ein großer Spaß, dem Auftritt zu folgen. Ein Hit übertrifft den anderen, und auch die Songs aus dem brandneuen Album Preachers of the Night sind schon bestens bekannt. „Amen and Attack“ wird nahezu vollständig mitgesungen, und auch „Coleus sanctus“ oder später „Kreuzfeuer“ werden lautstark beklatscht. Die Ohrwürmer „We drink your Blood“ oder dann in der Zugabe „Raise your Fist, Evangelist“ dürfen natürlich auch nicht fehlen, und sogar ich ertappe mich bei einem gesummten „We drink your Blood“ auf dem Heimweg nach dem Konzert.
Was mir wirklich gut an Powerwolf gefällt, ist die Stimme von Sänger Attila Dorn. Sehr voluminös, in einer angenehm tiefen Lage und hörbar ausgebildet. Dazu hat er noch eine sehr sympathische Ausstrahlung, hinter der sich die anderen Bandmitglieder aber auch nicht zu verstecken brauchen. Die Gebrüder Greywolf an den Gitarren laufen unermüdlich auf der Bühne hin und her, posen (im Wind der extra am Bühnenrand aufgestellten Bodenventilatoren) wie die Götter und machen ordentlich Stimmung; so muss Metal sein.

Setlist:
Sanctified with Dynamite
Prayer in the Dark
Amen and Attack
We drink your Blood
Resurrection by Erection
In the Name of God (Deus vult)
Werewolves of Armenia
Coleus sanctus
Catholic in the Morning … Satanist at night
All we need is Blood
Kreuzfeuer
Saturday Satan
Lupus DEI

Raise your Fist, Evangelist
Dead Boys don’t cry

Gesamtfazit: Wieder mal ein wirklich klasse Metal-Abend im Backstage, diesmal im Rahmen des Free&Easy. Alle Bands bedanken sich herzlich bei den Veranstaltern für die Einladung und die tolle Organisation des Festivals und freuen sich sehr, in München spielen zu können. Das zahlreich anwesende Publikum dankt es mit durchweg hervorragender Stimmung und lautem Beifall für alle drei Bands. Musikalisch fühle ich mich bei Dew-Scented und Milking the Goatmachine etwas mehr zu Hause, doch Powerwolf können mich mit ihrer Show und der großen Spielfreude mitreißen und überzeugen.

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