Räumliches Zittern

 

Das international bekannte Avantgarde-Elektroduo Mouse On Mars bespielt in München den Kunstbau von April bis September mit einer Sound-Installation. Hierzu ist der Kunstbau in ein riesiges Raumklanginstrument verwandelt worden. Wer die Rampe zum Kunstbau runtergeht, sieht zuerst einmal: gar nichts. Nicht einmal, ob da noch eine kleine Stufe in den großen Raum geht oder nicht. Alles ist dunkel, nichts an den Wänden, Lautsprecher sind aufgestellt, Scheinwerfer, einzelne Boxen und kleine Sitzhocker.

„Hören bedeutet nicht nur, dass man seine Ohren benutzt“, sagt Jan St. Werner in Interviews. Zusammen mit Andi Thoma bildet er seit 1993 das Elektropop-Duo Mouse On Mars. Seit ihrem Debütalbum Vulvaland von 1994 erforschen sie die Welt der Klänge und interessieren sich vor allem für künstliche und maschinelle Klänge. Als „Kraut Dub“ oder „Post Techno“ hat man sie anfangs abgetan, und tatsächlich sehen sie sich in der Umgebung von Krautrock, Techno oder Ambient. Für den Kunstbau haben sie einen sich drehenden, auf einem Scheinwerfer basierenden Hornlautsprecher installiert, mehrere Lautsprecher-Objekte, von der Decke hängende Perkussionsroboter, kombiniert mit dezenten Lichtinstallationen am Boden.

 

Hier wird nichts vorgekaut, hier muss das Publikum durch, sich selbst Gedanken machen. Es soll zu einem aktiven Hören herausgefordert werden. Zwei Stunden würde das Programm dauern, bis es wieder von vorne beginnt. Da der Eintritt frei ist, wäre wünschenswert, dass man mehrmals reingeht und aus verschiedenen Perspektiven verschiedene Musikfetzen aufnimmt. Das Ganze soll keine endgültige Komposition sein, sondern durch Perspektivwechsel kommt immer etwas anderes dabei heraus.

Mir persönlich hat es gefallen, in dem dunklen Raum zu sitzen und die Musik, die Bässe, die Geräusche, das manchmal aufkeimende Licht, die Leute, die eintreten, zu beobachten. Tatsächlich wirkt das Raum-Klang-Gefüge aus jeder Perspektive ein wenig anders. Ganz vage hat es mich an das großartige Event vor zehn Jahren erinnert, als Kraftwerk das Zentrum des Kunstbaus war.

Normalerweise sagt man, der Ton macht die Musik. Hier gilt: Der Raum macht die Musik.

Für alle, die sich von der abrupten Dunkelheit im Kunstbau nicht abschrecken lassen, die sich auch mal Musik erleben trauen, die abseits vom Gewohnten ist.

Witzig ist auch noch der „Katalog“ zur Ausstellung. Das ist nämlich eine Schallplatte. Es gibt trotzdem ein Booklet mit Texten, und man kann sich die Musik aus der Installation anhören.

Ein umfangreiches Rahmenprogramm (Konzerte und dergleichen) rundet die Ausstellung ab.

Mouse on Mars, Spatial Jitter
Kunstbau/Lenbachhaus
U-Bahn-Zwischengeschoss Königsplatz
9. April 2022 – 18. September 2022
Freier Eintritt
Öffnungszeiten: 10-20 Uhr
Montag geschlossen

 

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