Der Model-Flüsterer

Supermodels

Peter Lindbergh – das ist doch der, der die Supermodels Linda Evangelista, Naomi Campbell und Cindy Crawford in Schwarzweiß auf Bildern verewigt hat, in den 80ern! Das ist auch das, was ich wusste. Und dass er viel in Schwarzweiß fotografierte, was mir sympathisch ist. Aber ob diese großformatigen Bilder in Schwarzweiß eine Ausstellung ausfüllen können? Ich hab’s ausprobiert an einem Sonntag bei bestem Wetter. Wenig Leute unterwegs, beste Bedingungen.
Am Eingang gleich ein Automat, bei dem man sich Bilder machen lassen kann. Naja, erstmal halblang, erst in die Ausstellung und sehen, wie sie so ist. Im ersten Raum gleich die großformatigen Bilder der Supermodels der 80er Jahre. Fröhliche, ungeschminkte Gesichter in unprätentiösen Posen und Settings. Danach kommt gleich ein Raum mit vielen zusammengetragenen Dingen wie Originalfotografien, Magazincovern, Filmen, Storyboards, Requisiten, Polaroids und Kontaktabzügen.

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Thierry-Maxime Loriot – ein ehemaliges Male-Model – heißt der Herr, der all das gesammelt hat. Er war vor gut zwei Jahren auch schon verantwortlich für die Ausstellung über Jean Paul Gaultier. Wenn man im ersten Moment vielleicht denkt, es sei ein Riesenhaufen an ungeordneten Dingen, die da auf einen hereinprasseln, dann stimmt das im zweiten Moment nicht. Loriot hat sich Gedanken gemacht, wie er die Ausstellung aufbaut.

Er gliederte sie in verschiedene Themenbereiche: Schwarzweiß-Supermodels, Couturies, Tanz, Zeitgeist, das Unbekannte, Silver Screeen.

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Ein kleines Highlight ist der Darkroom, wo die Bilder zum Trocknen hängen, wie früher.
Lindbergh sagt: „Das Aussehen ist nur oberflächlich. Es geht darum, wer du bist.“.

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Er schaffte es irgendwie von Anfang anmit seinen Models eine Beziehung aufzubauen, sodass diese großes Vertrauen in ihn hatten. Sie wurden in vertrauensvollen Posen und Gelegenheiten fotografiert, wo diese sich wohl fühlten. Das sieht man, das spürt man, das hört man in den Videoschnipseln.
Lindbergh ist kein Fan von Fotoshop. Er will lieber jemanden natürlich ablichten. Das klingt und ist liebenswürdig – gerade in dieser Branche.
Zeitgenossen, seien es Fotografen, Künstler oder Models, alle sagen das selbe: Der Lindbergh, der schafft es, dass alle ihn mögen. Vielleicht ist er einfach ein begnadeter Fotograf, ein Frauenversteher und Model-Flüsterer.

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Nehmt euch auch Zeit für die Filme und Filmchen, die angeboten werden: Szenen mit Models, die er abgedreht hat, der Umgang mit ihnen, das ist sehr, sehr sympathisch. Das Ganze dann 20 Jahre später nachzustellen: die vertrauliche Konstellation beim Dreh, die familiäre Plattform, das ist schön zu sehen, ebenso der Film mittendrin, der immerhin ca. 50 Minuten umfasst. Man muss ihn nicht sehen, oder man hat manchmal einfach nicht die Zeit. Man sollte ihn aber sehen, denn Lindbergh und seine Zeitzeugen zu beobachten und zu hören, wie er früher war, wie er wurde, was er ist, das ist ganz und gar sympathisch.
Ein armes Duisburger Arbeiterkind, von dem sich die Eltern wünschten, dass er Fliesenleger wird: Das ist schön zuzusehen, wie er Starfotograf wurde. Und eine Erklärung für seine vielen Bücher auf den verschiedenen Tischen seiner verschiedenen Wohnungen in mehreren Kontinenten gibt es auch: In seiner Kindheit gab es keine Bücher. Nun aber mehr als er bräuchte. Ein Luxusproblem auf hohem Niveau.

Ein Bild im Automaten danach zu machen für einen selbst als Erinnerung oder auch für die Facebookseite der Kunsthalle, das macht wohl annähernd jeder. Macht Spaß. Hinterlässt Spuren. In Schwarzweiß.

Peter Lindbergh – From Fashion to Reality
Kunsthalle München, bis 27. August 2017
Theatinerstr. 8
80333 München
Täglich geöffnet von 10 – 20 Uhr
(Montags 50 % Ermäßigung auf alle Eintrittspreise)

www.kunsthalle-muc.de/ausstellungen/details/peterlindbergh

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