Kaiserlich-königliches Familiengewurstel am Starnberger See

201910_Museum-00-bMit dem Auto nicht mal eine dreiviertel Stunde entfernt von München liegt der Starnberger See. An seinen Ufern findet sich blaublütige Geschichte aus dem 19. Jahrhundert: Possenhofen, Sommeridylle für die junge Elisabeth Amalie Eugenie Herzogin in Bayern und spätere Kaiserin von Österreich und Ungarn (*1837, †1898) – Berg, Votivkapelle für König Ludwig II. von Bayern (*1845, †1886) – Roseninsel, nach Möglichkeit Treffpunkt der beiden. Im herbstlichen Sonnenschein mit dem bunten Laub-Farbenspiel ist die Umgebung eine Sehenswürdigkeit, genauso wie das im alten Bahnhofsgebäude von Possenhofen bzw. Pöcking installierte Kaiserin Elisabeth Museum, das ich am letzten geöffneten Wochenende im Oktober besichtigen konnte.

Von Starnberg kommend folgt man der Fahrstraße entlang des Starnberger Sees Richtung Tutzing bis Possenhofen, vorbei an schönen Ausblicken auf das durch die Bäume glitzernde Gewässer. Nach einer Engstelle biegt man rechts zum ausgeschilderten Bahnhof bzw. Museum ab, es geht einen Hügel hinauf, und links auf der Kuppe sieht man sie schon: Elisabeth, Kaiserin von Österreich und Ungarn, in ihrer aufrechten Haltung, lebensgroß und in Bronze gegossen (sie steht da, als würde sie auf ihre Kutsche warten). Rechts am Rondell vorbei geht es zu einem kleinen Parkplatz, der auch von Museumsbesuchern genutzt werden kann.

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Das restaurierte, terracottafarbene Bahnhofsgebäude wird seit dem 1. Mai 2009 als Museum für die hochherrschaftliche, einstmals einheimische Dame genutzt.
Der Bahnhof war ein Ort, an dem vormals kaiserliche und königliche Herrschaften ihren Privatzügen entstiegen und an dem sie in einem schön ausgestalteten Wartesalon in Empfang genommen wurden (dies gibt teilweise die Ausgestaltung des zweiten Raums der Ausstellung wieder).

201910_Museum-05Nach dem Kassenbereich (auf der rechten Seite des Gebäudes) betritt man durch eine Tür in der Mitte des Hauses den ersten Teil der Ausstellung. Hier geht es in dem kleinen Raum mit den wandseitigen Glasvitrinen um die bayerische Herzogsfamilie bzw., wie die Kaiserin einmal sagte, das „Familiengewurstel“, in das Elisabeth hineingeboren wurde. Es sind Porträts und ihr Familienstammbaum zu sehen, genauso wie ein Auszug aus dem Menübuch des Hotels Strauch (Feldafing), in dem sich Elisabeth zum Zeitpunkt des Todes von König Ludwig II. von Bayern aufhielt. Hier hatte sie ihre eigenen Zimmer für sich und ihre Entourage, wenn sie in Possenhofen weilte. Das heutige Golfhotel Kaiserin Elisabeth bewahrt das Andenken an die Kaiserin immer noch (Bericht Merkur.de).
Hinaus geht es durch die gleiche Tür wie beim Hereinkommen, man sieht die Rückenansicht von Sisi, wie sie immer noch dort steht und wartet.

201910_Museum-12Im linken Gebäudetrakt befindet sich der nächste Ausstellungsraum. Hier geht es um das Leben und den gewaltsamen Tod von Kaiserin Elisabeth, dargestellt wird dies durch Bilder, persönliche Gegenstände, Schriftstücke, Statuetten, Medaillen und Erinnerungsstücke.
Auch die Kinder von Kaiser Franz Joseph I. von Österreich (*1830, †1916) und Elisabeth finden Erwähnung in der Ausstellung: Sofie (*1855, mit zwei Jahren verstorben), Gisela Louise Marie Erzherzogin von Österreich (*1856, verheiratet mit Leopold Prinz von Bayern), Kronprinz Rudolf Franz Karl Joseph von Österreich und Ungarn (*1858, skandalträchtiger Selbstmord 1889) und vor allem Marie Valerie Mathilde Amalie Erzherzogin von Österreich (*1868, Lieblingstochter von Sisi und, wie man immer wieder lesen kann, das „ungarisches Kind“ genannt).
Sehr interessant finde ich die Abbildung der Totenmaske der verstorbenen Kaiserin. Sisi hat sich nach dem Tod des Kronprinzen nicht mehr ablichten lassen, diese Fotografie zeigt uns eine gealterte Kaiserin, die in meinen Augen immer noch Würde und Schönheit ausstrahlt, trotz oder wegen ihrem Hang zur Askese.

Bevor ich das Museum verlasse, gehe ich noch einmal zurück zum Kassenraum, eigentlich um mir ein Erinnerungsstück zu kaufen. Doch dann sehe ich auf der linken Seite noch eine kleine, fast zu übersehende Ausstellung zu König Ludwig II. von Bayern. Sisi und Ludwig wieder vereint, wenn auch in einigem Abstand.
Aber danach gilt es mein ersehntes Kleinod zu erstehen, das mir schon zu Anfang in die Augen gefallen ist: Eine Nachbildung eines der Haarsterne von Sisi als Anhänger – ein langgehegter Herzenswunsch, der endlich in Erfüllung geht.

Ein beschaulicher Ort am Starnberger See mit einer wirklich gelungenen Ausstellung zum Leben von Kaiserin Elisabeth von Österreich. Es wird in den Erklärungen zu den Ausstellungsstücken immer wieder darauf hingewiesen, dass es sich nicht um Originale handelt (mit einzelnen Ausnahmen), allerdings ist dies für mich zweitrangig. Nach Schloss Schönbrunn und der Hofburg in Wien und dem Achilleion in Korfu habe ich wieder ein paar neue Eindrücke zu einer schönen Frau voller (schnelllebiger) Begeisterungsfähigkeit, Melancholie und Schönheit sammeln können.
Das Museum öffnet seine Türen über die Winterzeit nur für Gruppen mit Führung, für den normalen Besucher ist es erst wieder ab dem 1. Mai 2020 (bis 18. Oktober 2020) zugänglich. Eine Anfahrt mit der Bahn (S6, Richtung Tutzing, Haltestelle Possenhofen) ist auch möglich – vielleicht sollte Sisi nicht länger warten und sich damit chauffieren lassen, ihr Lieblingshotel liegt nur eine Station entfernt.

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Kaiserin Elisabeth Museum Possenhofen e.V.
Schlossberg 2, 82343 Pöcking
https://www.kaiserin-elisabeth-museum-ev.de/de/index.php

Weitere Links zur Info:

Kaiserin Elisabeth von Österreich und Ungarn
https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_von_%C3%96sterreich-Ungarn

Kaiser Franz Joseph I. von Österreich und Ungarn
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Joseph_I.

Ludwig II. von Bayern
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_II._(Bayern)#Entm%C3%BCndigung

Votivkapelle Gedächtniskapelle Ludwig II.
https://www.gemeinde-berg.de/Ludwig-II-Koenig-von-Bayern.o127.html?suche=

Roseninsel (erst wieder zugänglich ab 01.05. bis 15.10.2020)
http://www.roseninsel.bayern/

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