Ein Trio, das Laune macht

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Ich hatte das sehr schöne Erstlingswerk Kellerkind von Nicole Neubauer gelesen und freute mich auf die Lesung im Einstein. Laut Programm sollte nicht nur Frau Neubauer (in Ingolstadt geboren, sie arbeitete in einer Wirtschaftskanzlei und ist nun freiberuflich tätig als Autorin, Lektorin und Rechtsanwältin in München) selbst lesen, sondern auch der renommierte Schauspieler Alexander Held (sehr viele gute Filme, u.a. Tannbach und auch einige Tatort-Folgen) und Thorsten Otto von „Bayern 3“ („Mensch Otto“) moderieren. Otto und Held kannte und mochte ich, Neubauer wollte ich kennenlernen.

Das urige Gewölbe im Einstein ist schon ziemlich gefüllt, als ich ankomme. Doch ich finde noch einen schönen Platz in angenehmer Umgebung. Etwas nach 19.30 Uhr treten alle drei zusammen in den Saal und werden von einer hübschen jungen Dame vom Verlag kurz vorgestellt und aufs Podium gebeten.

Thorsten Otto fragt Nicole Neubauer, wie sie das macht mit dem Schreiben, wie sie sich zum Beispiel Oliver, den 14-jährigen Jungen aus dem Keller – einen Hauptverdächtigen – vorstellt.
Neubauer: mit rötlichen Wimpern und Locken. Die Figuren entstehen in ihrem Kopf. Sie kommen zuerst, sind plötzlich da, dann kommt erst die Geschichte. Sie schreibt nichts Bekanntes, womöglich selbst Erlebtes, alles ist erfunden.
Alexander Held wird gefragt, ob er sich in die Figur des Kriminalhauptkommissars Waechter einfühlen kann: Ja, das kann er. Er müsse sich zwar noch in die Messie-Thematik einarbeiten (Waechter, stellt sich im Buch heraus, ist Messie), aber das sei kein Problem. – Gelächter im Publikum.
Und schon hat man auf der Bühne vor Publikum sozusagen einen potentiellen „Waechter-Darsteller“ gefunden, für den Fall, dass das Buch verfilmt werden sollte, was alle drei (und ich) sehr toll fänden.
Frau Neubauer liest als Erstes eine Passage vom Anfang des Romans, die Stelle, als das Kellerkind Oliver verletzt und mit Blut an den Händen gefunden und befragt wird. Ihre Stimme ist mädchenhaft hell, man merkt leicht ihren Ingolstädter Dialekt, das ist sehr liebenswert.
Held liest dann die Kommissars-Rollen, vor allen Dingen die Stellen mit Waechter. Er ist ein wahrer Vorlese-Künstler. Er schlüpft tatsächlich in die verschiedenen Rollen Waechter und Hannes, und wenn man die Augen zumachte, würde man verschiedene Personen vor sich sehen. Es ist ein Genuss ihm zuzuhören.
Thorsten Otto befragt zwischendurch Frau Neubauer, wie sie an die Recherchearbeit ging: Sie wurde von einem Polizisten von der Mordkommission beraten. Sie erzählt, dass sie zwei Jahre für das Buch gebraucht hat, dass sie durch die „Mörderischen Schwestern“ im Mentoring-Programm gelandet ist und so zum Schreiben dieses Romans kam. Als sie ihrem Mann dann am Ende gestand, dass sie alles andere hinschmeißen würde – immerhin war sie Anwältin – war erstmal „das große Schlucken“ seinerseits angesagt.
Held wurde gefragt, ob er eigentlich auch schreibt: Ja. Postkarten. – Erneut Gelächter aus dem Publikum.

kk3Dieses bekommt noch ein paar Szenen von beiden vorgelesen, und gegen 21 Uhr ist das Ganze zu Ende, es gibt frenetischen Applaus und ein bisschen Gejohle, fast so, als wäre man auf einem kleinen intimen Konzert gewesen. Es hat großen Spaß gemacht, und mein einziges Problem ist nun, dass ich das Buch auf meinem eReader gelesen habe. Ich brauche mich nun also nicht in die lange Schlange der Autogrammjäger einzureihen.
Na, ganz toll!

Nicole Neubauer: Kellerkind
Blanvalet Taschenbuch Verlag (Januar 2015)
416 Seiten, 9,99 Euro
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Ergänzende Infos zu
Mörderische Schwestern
Nicole Neubauer bei Mörderische Schwestern
und deren Mentoringprogramm

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