Drei Männer im Verfallszustand

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Der kleine, feine Milla-Club in der Holzstraße bietet zusätzlich zu seinen Konzerten und Partys jeden dritten Dienstag im Monat eine Krimilesung mit Live-Musik an. Gastgeber sind die Münchner Krimiautoren Friedrich Ani und Max Bronski, Musik gibt’s von der Max Bronski Band (Landy Landinger, Andi Königsmann, Peter Köhler, Max Bronski).

Wie kommt das, ein Musikclub und Krimilesungen? Dies hat eine gewisse Historie: Anfang der Achtzigerjahre, als es den Club noch nicht gab, sondern nur das gemauerte, aufgelassene Bachbett des Westermühlbachs unter dem Gebäude, wurde dort eine Leiche gefunden, festlich gekleidet, lächelnd. Valenka C. war ihr Name. Auch wenn dieser Fund spektakulär war und über wilde Feten mutmaßen ließ, so wurde er doch nie aufgeklärt. Es gab immer wieder Gerüchte über wilde und laute Partys, die man eben sehr gut in dem schalldichten Bachbett feiern konnte. Damals ist ja sogar Freddie Mercury dort um die Häuser gezogen, als er kurzzeitig in der Hans-Sachs-Straße gewohnt hat. Und an diese Tradition der schwarzen Feten im Bachbett wollen die Herren Autoren nebst Band wieder anknüpfen: mit Rockmusik und jeweils wechselnden, spannenden Gastautoren.
Im Januar war dies Franz Dobler, Träger des Deutschen Krimipreises 2015. Dobler, Jahrgang 1959, ist Schriftsteller, Journalist, DJ und großer Kenner von Country-Musik, er befasst sich mit Popkultur, Subkultur und Politik.
Als Einstimmung spielt die Max Bronski Band sehr passend und auch sehr toll „I’m waiting for my Man“. Dann kommt der Mann auf die Bühne, er hat sich fein gemacht mit Anzug und Krawatte für das legere Publikum, das gemütlich auf den Stühlen am Bier oder Wein nippt.

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Ani und Bronski stellen ihn kurz vor, dann wird er allein gelassen an dem Tisch mit der Lampe, die er keinesfalls anfassen darf, „weil die heiß wird“. Leider ist sie sehr ungünstig relativ vor seinem Gesicht platziert, zumindest aus meiner Perspektive.
Dobler liest sehr lebendig und anschaulich aus Ein Bulle im Zug , seinem Roman über den Kriminalhauptkommissar Fallner, der bei einem Einsatz einen jungen Kriminellen erschossen hat, jetzt dienstunfähig ist und als Therapie mit der Bahncard100 so lange Zug fährt, wie er Lust hat. Die spannend und humorvoll vorgelesenen Stellen machen große Lust auf das Buch.
Zwischendrin spielt die Band geniale Versionen von Klassikern von Jimi Hendrix oder Iggy Pop, u.a. „Real wild Child“. Das passt alles zusammen.

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Im Anschluss an die Lesung gesellen sich die Gastgeber Ani und Bronski noch mit an den Tisch, und „die drei Männer im Verfallszustand“ (O-Ton Ani) plaudern ein wenig über das Buch, über ihre Lieblingskrimis und über den Weg Doblers bis zu diesem Krimi, bei dem er einen Umweg über eine Johnny Cash Biografie machte, die laut Ani kein Zufall sein kann. Und das heißt doch eigentlich, dass der Dobler eine coole Socke ist, oder?

Ach ja, und so ganz nebenbei wurde auch aufgeklärt, wer dieser ominöse Max Bronski eigentlich ist: Es existiert kein Bild von ihm, sein echter Name ist ein Geheimnis, es gab sogar Gerüchte, dass es Michael Fitz sei. Friedrich Ani hat ihn ganz kurz vorgestellt, den sehr sympathischen und introvertiert wirkenden Mann alias Max Bronski.

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Alles in allem keine Spur von „Männern im Verfallszustand“ an diesem Abend: Drei sehr coole Jungs sind das! Ich freue mich auf weitere Events im Milla.

http://www.milla-club.de/
http://www.milla-club.de/ani-bronski-rockncrime-salon-5/
http://www.maxbronski.de/
http://www.franzdobler.de/
http://www.klett-cotta.de/buch/Literaris…le_im_Zug/48932

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