Wir kochen entweder Kaffee oder vor Wut

coverÜber die Band mit dem ungewöhnlichen Namen haben wir im Webzine bereits als Vorband von Kælan Mikla berichtet (Link zum Bericht). Das Brüder-Duo Thomas und Timo Kleinert beschränkt sich bewusst auf Gitarre und Schlagzeug und spielt damit wunderbaren schnellen Rumpel-Punk. Nach dem ersten Demo 2012 folgten 2013 und 2015 zwei weitere selbstbetitelte Alben. Erst ein Jahr, dann zwei Jahre, und nun sind drei Jahre ins Land gezogen bis zum neuen Album Kackschlacht 2018. Hat sich was verändert? Augenscheinlich zunächst einmal das Cover. Schwarz statt weiß, und es winkt einem keine prominente Persönlichkeit aus dem öffentlichen Leben zu.
Gleich zu Beginn explodiert die Langrille, denn mit „Geburtskanal“ geht es mächtig ab. Fettes Tempo, schöne Melodie und eine catchy Hookline zum Mitsingen: Kackschlacht sind endlich wieder da. Keine Sorge, das Rumpelschagzeug ist immer noch präsent, und wie gewohnt gibt es keinen Bass. Das folgende „Alprazolam“ richtet sich wütend an Wutbürger und bietet ihnen eine Lösung an. In „Die Axt“ spielt Thomas immer wieder die gleiche Tonfolge, die das Intro eines Heavy Metal Songs sein könnte. Einfach, aber prägnant und wirkungsvoll. Erst kurz vor Schluss bricht die Gitarre noch einmal aus. Bei „Heiner“ singt er sich die Lunge aus dem Leib und stellt dann am Ende der Aufnahme fest: „Ich krieg‘ kaum noch Luft!“ Heutzutage sind viele Menschen in die Gesellschaft „Integriert“ und angepasst, und darüber sind Kackschlacht angepisst. Das tropft aus jeder Zeile des Songs, obwohl er im Mid-Tempo angesiedelt ist. Aber statt „Stillstand“ gibt es anschließend wieder Vollgas, und mit Mitgröhlzeile eignet sich das Lied bestens zum Pogo, ebenso wie das folgende „Inhaltslos“, bei dem sich Kackschlacht von der humorvollen und selbstironischen Seite zeigen.
Mit den nun folgenden Songs beweisen sie etwas Experimentierfreude, denn „Das Projekt“ ist mit mehreren Spuren aufgenommen worden. „Das Lange Lied“ trägt diesen Namen zu Recht, denn mit 05:41 erreicht es wahre Punkrock-Überlänge. In der Regel sind Kackschlacht-Songs knapp über eine Minute lang und oft sogar darunter, der längste Song bis dato bringt es nur auf immerhin 02:38. Trotzdem wird es nicht langweilig, weil es songtechnisch sehr ausgereift ist und der Text einen nachdenklich macht. Anschließend gibt es bei „Hallo Männer“ aber wieder fachgerecht voll auf die Zwölf, denn das haben selbige und die folgenden „Landkreis“-Punker nicht anders verdient. Zum Abschluss gibt es „Die Beerdigung“. Hier wird thematisiert, wie die Punk-Szene sich selbst überlebt hat, entgegen dem „No Future“-Schlachtruf der Anfangstage. Natürlich ist das ohne Namen nur Spekulation, aber gefühlsmäßig richtet sich der Song auch an alteingesessene Bands wie Slime oder Dritte Wahl, die zuletzt sehr umstrittene Alben veröffentlicht haben.
Weil die Jungs schnell genug gespielt haben, gibt es beim Bandcamp-Download noch zwei Bonus-Tracks als Zugabe. Das sind Coverversionen zu „Ein Meter Platz“ von Cocktailbar Stammheim und zu „Mensch Meier“ von Muff Potter, die jeweils verkackschlachtet wurden, also im bandeigenen Stil gelungen dargeboten.

Fazit: Fett! Kackschlacht liebt oder hasst man, dabei erscheinen sie mir musikalisch präziser, einfach spieltechnisch besser als früher. Man kann Kackschlacht 2018 sehr gut einfach durchrauschen lassen und die gute Stimmung dabei mitnehmen. Das wäre aber schade und würde Kackschlacht nicht gerecht werden, denn es ist durchaus sinnvoll, sich auch mit den Texten auseinandersetzen. Diese kommen ohne platte Parolen aus und nehmen wie gewohnt die Gesellschaft kritisch ins Ziel, aber Kackschlacht nehmen auch sich selbst und die eigene Punk-Szene nicht aus und werfen dabei Fragen auf, über die es nachzudenken lohnt. Man spürt, dass Thomas und Timo älter und reifer geworden sind, dennoch bleibt die trockene Ironie, die ihnen bislang inne gewesen ist, nicht auf der Strecke. „Wir kochen entweder Kaffee oder vor Wut.“ heißt es etwa zum Abschluss der Textbeilage. Ich nehme mir einen, und den Rhythmus beibehaltend freue ich mich auf Kackschlacht 2022.

Anspieltips: Geburtskanal, Das Lange Lied

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Kackschlacht: Kackschlacht 2018
Self-released, VÖ: 11.05.2018
LP 12,00 € erhältlich über Twisted Chords
MP3 Download ab 0,00 € erhältlich über Bandcamp. Bitte die Band angemessen honorieren, damit das Punker-Dosenbier nicht ausgeht.
Homepage: https://www.facebook.com/Kackschlacht/

Tracklist:
01 Geburtskanal
02 Alprazolam
03 Die Axt
04 Heiner
05 Integriert
06 Stillstand
07 Inhaltslos
08 Das Projekt
09 Das Lange Lied
10 Hallo Männer
11 Landkreis
12 Die Beerdigung
Bonus:
13 Ein Meter Platz (Cocktailbar Stammheim Cover)
14 Mensch Meier (Muff Potter Cover)

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1 Kommentar

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  1. […] für Kackschlacht, einer Zwei-Mann-Punk-Band, die nur aus Gitarre und Schlagzeug besteht (Link zur Review), wurde mir seitens eines Redaktionsmitglieds empfohlen, doch mal in Mantar reinzuhören. Diese […]

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