Ein Album, das brennt

KillShelter-DamagePete Burns ist ein Multiinstrumentalist, Remixer und Produzent aus Edinburgh, der mit seinem Projekt Kill Shelter vielversprechende jüngere Underground-Acts auf dem Album Damage vereint hat. Nicht verwechseln sollte man ihn mit dem bereits leider verstorbenen gleichnamigen Pete Burns, der vor allem als Sänger der New Wave Band Dead Or Alive bekannt geworden ist. Auf jedem Song mit einem Gast zu arbeiten ist sicherlich aufwendig, aber auch ein sehr interessanter Ansatz, der ein abwechslungsreiches Album verspricht. Alle Tracks thematisieren körperliche oder seelische Schmerzen, die wir uns selbst oder anderen zufügen. Der Albumtitel Damage ist also gut gewählt. Manic Depression Records haben das bereits letztes Jahr herausgebrachte Album Damage nun endlich auch in Vinyl veröffentlicht.
Beim Opener „As trees do fall ft. Bragolin“ fließt spürbar der elektronische Post Punk der Niederländer in den Track ein. Der Gesang verbreitet die Melodie, wobei die Synthie-Untermalung teilweise latente Züge von Depeche Mode aufweisen. „Black String ft. Nate Jespersen“ vermittelt tiefe Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, was vor allem am Gesang des Kanadiers (bei ultraviolence aktiv) liegt. Untermalt wird der Track wieder durch ausgefeilte Synthesizer-Klänge. Auf „In decay ft. Antipole and Delphine Coma“ sind mit den Norwegern Antipole und Delphine Coma aus den USA gleich zwei Bands beteiligt. Der Drumcomputer und die Songatmosphäre katapultieren den Hörer direkt in die 1980er Jahrend und wecken zusammen mit dem düsteren Gesang Erinnerungen an The Sisters Of Mercy. Gleichzeitig zeugt der einfühlsame Einsatz elektronischer Elemente davon, dass dies hier eine moderne Form von Gothic Rock ist. Ein wenig schimmert die „Smalltown boy“-Melodie von Bronski Beat auf „Kiss me goodbye ft. Hante“ durch, dennoch wird auf typische Weise der Cold Wave der Franzosen Hante zelebriert. Die Melancholie tropft aus jeder Textzeile. Bei „Get down ft. The Shyness Of Strangers“ fasziniert mich vor allem das Bassspiel, mit dessen Hilfe die Kanadier den Hörer in tiefen Gothic-Abgründe entführen.
Die Polen undertheskin haben mich ohnehin schon mit ihrem Sound begeistert, nicht zuletzt auch beim letztjährigen WGT, und auch „No regrets ft. undertheskin“ enttäuscht mich daher nicht. Schnörkelloser modern gespielter Gothic Rock, bei dem mir vor allem der tolle Gesang gefällt. Bei „Bodies ft. Buzz Kull“ erinnert mich die Gitarrenmelodie an The Mission, und der Gesang ist im Vergleich zu eben noch tiefer angelegt und scheint einer Gruft zu entsteigen. Zwischenparts werden zudem geflüstert und sorgen für eine mystische Atmosphäre, der sonnigen australischen Herkunft von Buzz Kull zum Trotz. „Hollow ft. Pedro Code“ setzt vor allem auf Atmosphäre, die vom Gesang des Portugiesen (bei Iamtheshadow aktiv) getragen wird, unterstützt durch ein fragiles Gitarrenspiel und behutsamen Synthesizer-Einsatz. „Sever ft. New Haunts“ ist ein düsterer Wave-Song, der viel Raum für die Synthies lässt, die sich mit den traurig klingenden Gesangspassagen der Briten abwechseln. Zum Abschluss ist „The happening ft. Killjoy“ den musikalischen Grundzutaten nach ähnlich angelegt unterscheidet sich aber deutlich in der Umsetzung. Synthies und Gesang der Amerikaner agieren gleichberechtigt parallel und unterstützen sich gegenseitig.

Fazit: Trotz der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Gast-Acts hat Pete Burns mit Damage ein homogenes Album geschaffen, das richtiggehend brennt (dem plumpen Wortspiel zum Trotz). Denn ausgehend vom Gothic-Spirit der glorreichem 1980er Jahre schafft Burns mühelos den Spagat in die Neuzeit, indem eben aktuelle Künstler miteinbezogen werden. Damage ist eins der Top-Alben des letzten Jahres und ganz nebenbei ein Beweis für einen höchst lebendigen Gothic-Underground. Es lohnt sich daher auch, den beteiligten Künstlern generell Aufmerksamkeit zu schenken.

Anspieltipps: Einfach alles, mein persönlicher Favorit ist „In decay ft. Antipole and Delphine Coma“ (zu dem es von Burning World Records auch eine schöne Vinyl-Single gibt) http://schwarzesbayern.info/vinyl-single-kill-shelter-in-decay-bodies/

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Kill Shelter: Damage
Unknown Pleasures Records, Vö. 26.11.2018
LP 16,00 € nun erhältlich über Manic Depression Records
MP3 Download 7,00 € erhältlich über Bandcamp
Homepage: https://www.facebook.com/killshelterofficial
https://killshelter.bandcamp.com/
http://manicdepressionrecords.com

Tracklist:
01 As trees do fall ft. Bragolin
02 Black String ft. Nate Jespersen
03 In decay ft. Antipole and Delphine Coma
04 Kiss me goodbye ft. Hante
05 Get down ft. The Shyness Of Strangers
06 No regrets ft. undertheskin
07 Bodies ft. Buzz Kull
08 Hollow ft. Pedro Code
09 Sever ft. New Haunts
10 The happening ft. Killjoy

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