Der Name Heilung ist mit großartigen Liveerlebnissen verbunden. Die dänisch-deutsch-norwegische Band kombiniert uralte Texte mit Gesang, Field Recordings, düsteren Ambient-Soundscapes und schamanischen Rhythmen und erschafft so eine Trance-induzierende Mischung, die an die Anfänge der Zivilisation erinnert. Und das bringen sie auch eindrucksstark auf die Bühne.

Heilung wurde 2014 von dem deutschen Sänger Kai Uwe Faust und dem dänischen Multiinstrumentalisten und Studiotechniker Christopher Juul gegründet. Kurze Zeit später stieß die norwegische Sängerin Maria Franz zu dem Projekt. Sie nannten ihren Stil Amplified History und veröffentlichten 2015 ihr Debütalbum Ofnir. Der große Durchbruch gelang ihnen 2017 beim Castlefest im niederländischen Lisse, wo sie mit einer einzigartigen rituellen Performance vor 10.000 Zuschauern die Bühne mit Gastmusikern füllten, die alle mit alten Fellen, Knochen und Geweihen bekleidet waren. Der Auftritt wurde gefilmt und online verfügbar gemacht. Im Herbst 2017 unterschrieb das Trio bei Season of Mist und veröffentlichte die Aufnahme als ihr zweites Album Lifa. Das Label veröffentlichte 2018 Ofnir neu und brachte im darauffolgenden Jahr Heilungs zweites Studioalbum, Futha, heraus.

So manche Gespräche über die Band haben mich neugierig gemacht. Daraufhin habe ich mir zuerst das aktuelle Album Drif angehört und einige Videos angesehen. Das ist schon magisch, was da auf der Bühne abgeht. Von Futha bin ich nach dem Anhören weniger begeistert, es ist mir etwas zu brachial bzw. kämpferisch. Drif entführt die Zuhörerschaft wieder in längst vergangene Zeit. Jedes Album-Konzept besteht aus der gegenseitigen Verbindung zwischen Menschen, Kulturen und der Natur, soviel kann man trotz meist unverständlicher Texte nachvollziehen. Die Musik ist eindrucksvoll und kann gleichzeitig entspannend sein. Drif bietet trotz der atmosphärischen Dichte die Möglichkeit, sich nach einem hektischen Tag zu erden. „Keltentrauer“ ist aufgrund des deutschen rezitierten Textes und der musikalischen Umrahmung sehr spannend. Der Track basiert auf einem Gedicht und schildert den fiktionalen Kampf zwischen einem keltischen Heer und römischen Legionen der Eisenzeit. Man könnte aufgrund der perfekten Aufnahme meinen, man steht direkt unter ihnen und erlebt alles hautnah.

Die einstige Underground-Band füllt inzwischen die Hallen dieser Welt und internationale Zeitungen, wie zum Beispiel im September 2022 die New York Times. Beeindruckend ist immer wieder, dass Texte und Musik auf archäologischen Fundstücken und historischen Überlieferungen basieren. Da steckt viel Suche und Arbeit dahinter. Wie man nachlesen kann, konzentrieren sich Heilung mit Drif nicht mehr ausschließlich auf alte, nordische Gesellschaften, sondern auch auf antike Zivilisationen außerhalb Europas.
Amplified History / Nordic Ritual Folk unterstreicht seine Wirkung beim aktuellen Album wieder durch den rhythmischen, mehrstimmigen Sprech- und Kehlkopfgesang, die Lyrenklänge, die eindrücklichen Percussionparts, die Kriegerchöre und natürlich die Stimmgewaltigkeit, sei es lieblich oder rustikal. Solch ein musikalisches bzw. theatralisches Erlebnis ist einzigartig. Das muss man mögen, aber einen Versuch ist es allemal wert.

Heilung: Drif
Season of Mist, Vö. 19.08.2022
Dauer: 59:15

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